Deutscher Mühlentag: Großer Ansturm auf historische Getreidemühle und auf die Bewirtungskünste des „Chor der Klänge“. Schaumahlen jeden zweiten Mittwoch.
„Könnte man das hier in der Mühle gemahlene Mehl zum Backen verwenden?“, möchte eine der Besucherinnen während einer Mühlenführung wissen. Mühlenmeister Andreas Scholl schmunzelt: „Grundsätzlich schon, aber das würde den heutigen Hygienestandards nicht entsprechen. Deswegen verwenden wir für das Schaumahlen auch nur Futtergetreide, also minderwertiges Getreide.“
Lange Jahre waren Andreas Oberle und Paul Boschert die Mühlenmeister der historischen Maile-Gießler-Mühle am Nordracher Ortseingang. Als sich Andreas Oberle aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen musste, kümmerte sich Paul Boschert mit der Unterstützung seiner Frau Helga um die Mühlenführungen sowie um die Betreuung der Mühle. Nun gab auch der inzwischen 87-Jährige das Amt ab – an Andreas Scholl. Für das enorme Engagement seiner Vorgänger bedankte sich die Tourist-Info-Leiterin Barbara Kamm-Essig bei der „Übergabe“ der Mühle mit einem Präsent.
Bald 150 Jahre alt
Diese wurde anno 1881 von Hofbauer Johann Maile erbaut. Bis 1919 sorgte ein hölzernes Wasserrad für den Antrieb, dann wurde es durch ein eisernes Wasserrad ersetzt. Der letzte Mahlgang fand 1948 statt. Hofbauer Karl Gießler überließ das damals eingezäunte Gelände und das alte Mühlengebäude dem Schwarzwaldverein in Pacht. Im Jahre 1999 ging die Mühle in das Eigentum der Gemeinde über.
Die nahm den Deutschen Mühlentag am vergangenen Pfingstmontag wie üblich zum Anlass, die Mühle – eine klassische Getreidemühle – für Besucher zu öffnen, während der Chor der Klänge für die Bewirtung sorgte. Im Inneren des Mühlengebäudes war zu sehen, wie das Korn durch einen Trichter eingefüllt wurde. „Wir haben zwei Mahlsteine, die sind noch original aus dem Jahr 1881“, weiß der Mühlenmeister Andreas Scholl.
Der untere Mahlstein ist starr und bewegt sich nicht, der obere hingegen dreht sich, der sogenannte Läuferstein. Mit einem speziellen Meißel wurden bei ihm Rillen herausgeschlagen – eine hohe Kunst. Und zwar so, dass das Getreide in diese Rinnen hineingeht und durch den starren Stein gemahlen wird. Der Abstand zwischen beiden Steinen muss genau stimmen: Ist er zu eng, wird das Mehl durch die Reibung zu heiß, ist danach wie verbrannt und kann nicht mehr verbacken werden. Ist der Abstand aber zu groß, „habe ich natürlich zu viele Schalenteile drin.“
Kleiekotzer
Durch den unteren, starren Stein geht eine Achse, die den oberen Stein durch Wasserkraft antreibt. Das Mahlgut fällt in eine Kammer, in der es von einem Rührwerk gegen ein Sieb gedrückt bzw. gewirbelt wird. Das feine Mehl fällt nach unten in einen hölzernen Kasten, die gröberen Bestandteile fallen durch eine kleine Öffnung, den Kleiekotzer.
„Die Kleie ist die Schale des Getreidekorns“, erklärt Andreas Scholl. Irgendwann habe man erkannt, dass auch die Kleie, also die Schale, sowie das Schrot – also das gröbere Mehl – sehr gesund sind, betont der gelernte Bäcker, „die Kleie enthält viele Mineralien: Wenn man mit dem Darm Probleme hat, ist es sehr gesund, mehr Vollwertkost und damit auch Vollkorn zu essen.“ Überhaupt neige man heutzutage verstärkt wieder dazu, das gesamte Korn zu verzehren. „Auch ich selbst verwende gerne das ganze Getreide – aber so fein vermahlen wie möglich, denn nur dann entsteht ein schönes Teiggerüst, so dass das daraus gebackene Brot oder Brötchen schön luftig wird.
Bis zu siebenmal wurde früher das bereits Gemahlene nochmals oben in den Trichter gefüllt und erneut vermahlen, um den Ausschuss zu vermindern und möglichst feines Mehl zu erhalten, der endgültige Ausschuss wurde als Tierfutter verwendet. In gewissen zeitlichen Abständen musste der obere Mahlstein entnommen werden, um ihn nachzuschärfen.
Trick 17: Wasser von oben
„Wir haben ein Wasserrad, bei dem das Wasser von oben kommt“, erklärt der Mühlenmeister. „Ganz früher, vor hunderten von Jahren, waren die Wasserräder im Wasserlauf und wurden auf diese Weise angetrieben.“ Ab dem 15./ 16. Jahrhundert aber habe man angefangen, das Wasser von oben auf die Radschaufeln zu füllen, „denn da hat man praktisch die doppelte Kraft und kann entsprechend viel schneller mahlen.“
Unter der Woche dreht sich das Rad der Maile-Gießler-Mühle ganz langsam, dazu wird nur ein Rinnsal auf die Schaufeln geleitet, „das reicht schon aus, um das Rad zu bewegen.“ Für das Schaumahlen jedoch wird eine im Boden befindliche Schleuse aufgedreht, damit nun viel mehr Wasser von der gut 50 Meter entfernten Wasser entnahmestelle hineinkommt. Ebenso gespannt wie fasziniert lauschen die großen und kleinen Zuhörer dem Rauschen.
„Und jetzt wird das Wasser von unten nach oben umgestellt, das heißt es wird hochgepumpt – in die Leitung, durch die das Wasser auf das Mühlrad läuft“, so Andreas Scholl. Nach einer Weile ist zu hören, wie das Wasser plätschernd in die Schaufeln des Wasserrades läuft, dann ein Knarzen, langsam geht die Mühle in Betrieb, fängt der Mahlstein an sich zu drehen. Mechanische Rüttelbewegungen sorgen dafür, dass das Korn dosiert zwischen die Mahlsteine fällt, auch das Rührwerk im Auffangkasten macht sich lautstark bemerkbar – und da ist es: Das berühmte Klappern der Mühle am rauschenden Bach.
In der Regel jeden zweiten Mittwoch um 19 Uhr ist die Maile-Gießler-Mühle zwischen Mitte April und Mitte/ Ende Oktober zum Schaumahlen geöffnet. Auch der nebenan gelegene Heilkräutergarten ist einen Besuch wert!