Nordrachs „Alde Wieber“ sorgten für volle Hütte

Vier Stunden lang wurde geschnattert und gelacht, was das Zeug hielt, dann Party bis weit nach Mitternacht.

Zu siebt und im Gänsemarsch enterten sie am vergangenen Freitagabend das Partyhaus Spitzmüller und ließen mithilfe des voll besetzten Saales ihren martialischen Schlachtruf erklingen: „Aldi…“ „… Wieber“!

Mit bester Laune betörten sie und mit langen Klimperwimpern, noch mehr aber mit biederstem Dorfschick von anno dunnemal. Als Landfrau hält man schließlich etwas auf sich. Lässt sich auch dann nicht von närrischer Hoch-Zeit fernhalten, wenn man vom Alter tief gebeugt und auf eine Krücke angewiesen ist.

Jene „Alte“ aber, die den Marsch anführt, hat den Dreh raus. Sie lässt sich schieben. Rotzfrech auf dem Rollator lümmelnd, die Beine im schicken Jagdkostüm provokant männlich übereinandergeschlagen. Grotesk die weit hervor- und weit auseinanderstehenden Zähne. In jede der Lücken würde ein Zigarillo passen. Doch die Alte begnügt sich mit einem einzigen.

Sieben „junge“ Teufelswieber samt meterlanger Höllengabeln bringen mit ihrem anschließenden Tanz zu dem Schlager „Wir feiern wie noch nie“ auch gleich das Publikum in Bewegung. „Ihr dürft mal ´ne Runde schnattere, bis die nächsten
fertig sind“, ermuntert Moderatorin Verena Vollmer. Das lässt frau sich nicht zweimal sagen. So dass die Moderatorin später brüllen muss, um sich bei dem 80-köpfigen durchgehend weiblichen Publikum wieder Gehör zu verschaffen: „Haltet die Gosch, jetzt bin ich dran!“

Aber eigentlich dran sind sechs bayerisch-fesche Wirtshausseppen – Maßkrüge stemmend geben sie sich dem betörenden Playback-Gesang einer rosa-perückten Wirtshaussängerin hin. Noch eigentlicher betört diese allerdings „Seppinnen“, verbergen sich doch die „Alde Wieber“ hinter der Nummer.

Nach so viel Pepp ist „Runterfahren“ angesagt. Eine Schlafmaskenträgerin macht es sich zwischen Decke und Kissen auf der Bühne gemütlich. Gemeinsam mit Hundedami Bubi hat sie Winterschlaf gehalten, das spart Heizkosten und Friseur, ansonsten denkt sie über das Leben im Nordracher Hintertal sowie im Allgemeinen nach. Bubi macht das alles ungerührt mit. Nein, Bubi ist keine Puppe, Bubi ist echt. Und schnarcht lauter als jeder Sepp.

Dem „Sauladen“ zu Leibe gerückt

Das wiederum ruft vier Raumkosmetikerinnen auf den Plan. Deren Klobürsten dienen nicht nur als Kopfschmuck, sondern auch dazu, das Publikum auf Hochglanz zu bringen, da wird abgestaubt und abgeputzt, selbst die eine oder andere Achsel ist nicht sicher, sofern sich der dazugehörige Arm willig in die Höhe heben lässt. Ansonsten wird die Schnitzelbank geschrubbt, und zwar kräftig. Wobei klar ist: Alle schwere Fäll´ geh´n nach Zell.“

Für viel Gelächter auch sorgt eine enttäuschte Ehefrau, die mit gereimter Verve und doch erfolglos versucht, das Eheleben mit ihrem Friederich zu würzen. Und dann sind die Stehtischwieber an der Reihe. (Noch) züchtig in weißen Hemden und langen Spitzenhosen demonstrieren sie, wie überbordend gründlich und sittsam Frauen zu duschen pflegen. Bevor sie zur Darstellung des durchaus anders gearteten Duschvorgangs bei Männern übergehen, begeben sie sich zur Rückwand der Bühne. Hantieren verdächtig lange an sich herum, sorgsam vom Publikum abgewandt. Dasselbe beschleicht eine Ahnung. Die aber ist nichts im Vergleich zu dem dann voller Elan Präsentierten, definitiv nicht jugendfrei, aufgeklebtes Brusthaar ist da noch das Geringste. Mit der Fassung des Saales ist es vorbei. Er johlt und grölt, dass die umliegenden Berghänge wackeln.

Ein Übriges tragen das haarsträubende Geschehen in der Arztpraxis von Dr. Bringtnix bei sowie die Nordracher Stubenmusik mit der musikalischen Moritatensammlung „Wir verkaufen die Schwiegermutter und versaufen dann ihr Geld.“

Zwischendurch legt die überaus wandlungsfähige Vollbesetzung der „Alde Wieber“ zwei weitere musikalisch-humorige Auftritte hin – auch als kernige Männer, die sich rund um Maite Kelly scharen, kommen sie
bestens rüber. Ebenso wie als Schnatterlärchen, die singend und mit Federstolen behangen dem weiblichen Klimakterium samt einer sich stetig verstärkenden Kraft der Erdanziehung trotzen. Zum Abschluss des vierstündigen Programmteils treten sie mit einem märchenhaft kostümierten Tanz aus 1001-Nacht auf und animieren erfolgreich zum Weiterfeiern.

Die Mitwirkenden:

Aldi Wieber, ein bayerisches Schmankerl aus dem Wirtshaus, Raumkosmetikerinnen vom Hutmacherdobel, Die Schnatterlärchen, Voxxclub + Maite Kelly, Tausendundeine Nacht:

Nicole Ficht, Heidi Kern, Annalena und Maria Schwarz, Katharina Vollmer, Margarete Vollmer, Agnes Walter.

Junge Wieber: Andrea Bächle, Roswitha Feger, Judith Gorski, Martha Hoferer, Martina Leber, Anita Schwarz, Silvia Vetter.

Geschichten vum Hintertal: Gudrun Kern.

Die enttäuschte Ehefrau: Veronika Hörth.

Die Stehtischwieber: Silvia Feger, Christine Rosenberger, Katharina Spitzmüller, Julia Vollmer.

In der Arztpraxis (Narrenzunft): Carmen Falk, Marika Gieringer, Johanna Hübel, Sandra Zefferer, Erika Zimmermann.

Stubenmusik: Luitgard Bieser, Antonia Haas, Susanne Hansmann.
Musik und Ton: Bernd Kern.

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