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Nordrach | 24.10.2022

Wenn das Glöckli wider den dunklen Geistern klingelt

Volles Haus im Partyhaus Spitzmüller – Das Publikum im sagenhaften Griff der Bäuerin Zetzel – Noch wenige Plätze frei bei den letzten drei Veranstaltungen im »Moospfaffmonat«

Foto:
Zur Begrüßung vor dem Partyhaus gab es einen tiefdunklen Moospfaffprickler. Foto: Inka Kleinke-Bialy
von Inka Kleinke-Bialy

Nordrach (bia.) »Als Bäuerin Zetzel erzähl’ ich gruslig gern Geschichten von früher«, bereitete Michaela Neuberger auf das vor, was die über 60 Gäste am vergangenen Samstagabend bei der Moospfaffveranstaltung im Partyhaus Spitzmüller erwartete.

Foto: Inka Kleinke-Bialy
Obacht, wenn die Bäuerin Zetzel sich ins Publikum mischt!
Foto: Inka Kleinke-Bialy
Bei der Bäuerin Zetzel muss man auf alles gefasst sein. Hier hat sie sich als »Geisterkatze« an den Nacken eines Gastes herangeschlichen, der noch nicht ahnt, was ihn – und den ganzen Saal – gleich erwartet.

Noch vor der Tür bestens eingestimmt werden die Ankommenden mit je einem Gläs­chen Moospfaffprickler – hergestellt aus dem tiefdunklen Saft Nordracher Kirschen.
Dunkel auch das, »was die Alten einst über den Moospfaff erzählten« – ebenso wie über andere geisterhafte Erscheinungen, die in der Region ihr Unwesen trieben und womöglich noch immer treiben. So dunkel, dass die Zetzel vorsichtshalber ihr »Glöckli« dabei hat. Denn dessen heller Klang, waren sich die Alten früher sicher, halte das Böse von einem fern. Was vor allem nach der abendlichen Bet-Zeit wichtig sei – besonders, wenn man sich im Freien aufhält. Und obwohl »wir drinnen sind«, läutet die Zetzel zwischendurch immer mal wieder das Glöckli, was das Zeug hält. Sicher ist sicher.

Und doch sollte man kaum glauben, dass hier drinnen von dunklen Mächten erzählt wird und es dementsprechend spannend bis gar gruselig zugeht. Eigentlich. Denn immer wieder füllen Lachsalven den Raum: auf jeden Fall stets dann, wenn die Zetzel die Rolle des Berichterstatters und Erklärers hoch interessanter Hintergründe verlässt und einstiges Geschehen szenisch darstellt, mit bäuerisch-derber Inbrunst.

Gekonnt bezieht sie dabei den einen oder anderen Gast mit ein, zum Vergnügen aller. Will heißen: Bei der Zetzel ist man vor keiner Überraschung sicher. Schon gar nicht, wenn sie sich auf dem Gebiet unheimlicher Geschichten und Sagen bewegt.

Die wurden dereinst vor allem in den bäuerlichen Lichtstuben erzählt, »wenn man sich also in gemütlicher Feierabendrunde in der Bauernstube traf«, erklärt die Zetzel, »da kamen die Nachbarn zusammen, mit den größeren Kindern, und die Knechte und die Mägde.«

Die Lichtstuben als Geschichtenbörse

Der »Lichtgang« war noch nach dem ersten Weltkrieg – bis in die 20er-Jahre hinein – die beliebteste und häufigste Form ländlicher Geselligkeit. Während nebenher einfache Arbeiten ausgeübt wurden, indem man beispielsweise Walnüsse aufklopfte oder Bohnenkerne aus den Schoten pellte, sang man miteinander, tauschte Neuigkeiten aus und erzählte sich vor allem: Geschichten.

Die fielen oft genug haarsträubend aus. »Wenn die Leute früher etwas nicht verstanden, haben sie sich ihre eigenen Erklärungen gemacht«, weiß die Zetzel zur Entstehung von Sagen. Diese sollten den Menschen daran erinnern, dass er für sein Tun und Handeln verantwortlich ist und dafür auch einmal Rechenschaft wird ablegen müssen.

Hat jemand etwas Unrechts getan und wird zu Lebzeiten jedoch nicht dafür bestraft, so gibt es eine ausgleichende Gerechtigkeit. Eine, die nach dem Tod erfolgt. Der Bösewicht kommt also nicht ungestraft davon. Die Sagen und alten Geschichten um Verstorbene und die jenseitige Welt vermitteln demnach das Wertebild früherer Zeiten. Sie waren Anweisungen dafür, sich an gesetzliche oder menschliche Regeln zu halten.

Gerechtigkeit nach dem Tode

Wer dies nicht tat und im Leben damit durchkam, den trieb es zur Strafe nach
dem Tode unter Umständen als »Wiedergänger« umher. »Geistere hän die müesse«, kreischt die Zetzel entsetzt. Wie jener Waldgeist namens Moospfaff. Von dem erzählt sie ebenso wie von unzähligen weiteren unheimlichen Gestalten und Begebenheiten.
Da läuft durchaus auch mal ein riesiger Kerl mit dem Kopf unterm Arm in der Gegend umher, oder die Lichter unerlöster Seelen schweben in der Dunkelheit.

Derart vergnüglich jedoch erzählt, dass es keinem der Gäste den Appetit verdirbt. Im Gegenteil. Denn in den von der Zetzel eingelegten Pausen wird in drei Gängen ein besonderes Moospfaff­menü geschlemmt, fünf Stunden vergehen auf diese Weise in Nullkommanix.

Das Abschiednehmen versüßt die Zetzel den Anwesenden mit einem Nordacher Moospfafflikör – wieder ein tiefdunkles Getränk, diesmal gebrannt aus heimischen Beeren. Und für ein Geburtstagskind gibt es ein nachträgliches Geburtstagspräsent.

Noch Plätze frei

Noch zwei Mal kann man Michaela Neuberger in ihrer vergnüglichen Variabilität und hoch unterhaltsamen Einzigartigkeit im Moospfaffmonat erleben: Als die »wilde Elfriede« beim Moospfaff-Kaffeekränzle (durch kurzfristige Absagen sind am 27. Oktober Plätze frei geworden!) und nochmals als Bäuerin Zetzel am 26. Oktober, diesmal mit »sagenhaften
Geschichten« auf einer sehr speziellen Nachmittagswanderung zum Mühlenstüble.

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