Karl Oehler sammelt. Unter anderem Pflanzen. Derzeit zeigen bei ihm die Pfennigstöcke ihre seltenen Blüten. Auch hunderte von Fuchsien hat er. Und Bäume, von denen er körbeweise Zitronen und Mandarinen erntet.

Quellwasser plätschert im Garten, hier hinten im abgelegenen Nordracher Ortsteil Kolonie. Das Haus, das hier vorher stand, hat Karl Oehler vor vielen Jahren abgerissen – »nur ein Teil der Grundmauern und des Dachstuhls ist damals stehengeblieben« – und eigenhändig neu aufgebaut.

Viel Platz bietet das idyllische Domizil. Und das wird bis auf den letzten Quadratzentimeter genutzt. Beispielsweise für Urlaubsmitbringsel aus aller Herren Länder, in denen der bald 70-Jährige beruflich oder im Urlaub unterwegs war, für Schnitz­arbeiten von Freunden, für Bilder, für Steine, aber auch alte Technik, und vieles mehr.

»Ohne die Unterstützung meiner Frau und meiner drei Söhne ginge das nicht«, betont der Familienvater, der jeden noch so kleinen Winkel als Stell-, Aufbewahrungs- oder Präsentationsfläche nutzt, sei es auf dem Boden oder an der Wand.

Nicht anders verhält es sich im Gewächshaus. Auch das hat der Rastlose, der Vorsitzender des örtlichen Schwarzwaldvereins ist, sich seit vielen Jahren um die historische Backofenschmiede kümmert und nach eigenem Bekunden im Schnitt nicht mehr als vier bis fünf Stunden Schlaf pro Tag benötigt, eigenhändig erstellt. Er hat es dem Haupthaus direkt angebaut. Das Dach besteht aus ausrangierten Scheiben der nebenanliegenden Klausenbachklinik, wo er als gelernter Elektroniker über Jahrzehnte hinweg für die Technik zuständig war.

Es begann in der Bundeswehr

Karl Oehlers derzeitiger Stolz sind seine zur Zeit über und über in filigranem Weiß blühenden Pfennigstöcke – auch Geldbäume genannt, wegen der Form der kleinen, dicken Blätter. Den ersten Ableger nahm er dereinst bei der Bundeswehr mit. »Da war ein riesiger Baum, der war ein Traum, und von da an war ich verliebt in diese Dinger.«

Zu seinerseits einem Baum mit 15 Zentimetern Stammdurchmesser war besagter Ableger gewachsen, als 1994 das große Hochwasser kam. Die Nordrach, die als schmales Bächlein durch das Oehler´sche Grundstück fließt, trat nach einem heftigen Gewitter mit derartiger Wucht über die Ufer, dass sie alles Mögliche mit sich riss. Auch den großen Pfennigstock. Nur ein paar irgendwo hängengebliebene Ableger konnte ihr Heger retten. Und die, inzwischen über 40 Jahre alt, blühten im letzten Jahr das erste Mal – im Unterschied zu heuer jedoch nur vereinzelt.

Auch Crassula ovata genannt, gehört die Pflanzenart zur artenreichen Pflanzengattung aus der Familie der Dickblattgewächse. Die Sukkulente ist zudem bekannt als Elefantenbaum, Speckeiche, Jadestrauch oder Judasbaum.

Mit diesen seinen Pfennigstöcken habe alles angefangen, erzählt der gebürtige Nordracher. Anschließend wurde er von seinem Vater mit einem Fuchsienstrauch beschenkt, »das war auch vor 40 Jahren.« Auch von dem machte er immer wieder Ableger, überdies bekam er immer wieder neue Sorten geschenkt. Derer etwa 50 sind es mittlerweile, bei zwischenzeitlich »an die 200 Fuchsien, es könnten auch 300 sein.« Zumindest teilweise müssen sie im Frühjahr jeweils umgepflanzt werden. 50 große Säcke Blumenerde verarbeitet der Pflanzennarr dann, »damit sie wirklich schön blühen«.

Winterquartier in Klinikräumen

Ob ihrer Zahl und Größe haben sie ihr Winterquartier in einem Nebengebäude der Klinik. Sobald die Nächte jedoch frostfrei sind, schmücken sie den Garten, die Terrasse und säumen vor allem die Straße – in dann langen, prächtig anzuschauenden Reihen. Drei bis vier Meter hohe Exemplare waren früher darunter, doch die sind irgendwann einmal dem Frost zum Opfer gefallen.

Dafür nennt Karl Oehler andere Giganten sein eigen. Vier bis fünf Meter hohe Kakteen beispielsweise, die ihr derzeitiges Quartier im Maschinenhaus der Klinik haben. Ebenso wie Zitronenbäume. Der größte von ihnen ist aus einem von einer Auslandsreise mitgebrachten Ableger einer besonders guten Sorte entstanden und brachte bei der letzten Ernte 400 bis 500 Früchte. Den Winter über »wohnt« das imposante Gewächs in einer Gärtnerei, zu der es per Hublader und Stapler transportiert wird. Ebenso wie ein Mandarinenbaum, der zuletzt zwei- bis dreitausend Früchte trug. »Die Leute, die hier vorbeigekommen sind, haben nur noch den Kopf geschüttelt«, lacht der Mann mit dem tiefgrünen Daumen leise.

Ableger für die zahlreichen Besucher

Und Besuch bekommt er häufig – von Klinikpatienten, unter denen sich sein Tun stets herumspricht. »Und jeder nimmt sich einen kleinen Ableger mit«, schmunzelt Karl Oehler, »auch von der Blumeninsel Mainau war schon jemand da und hat sich alles angeguckt.« Entsprechend groß ist die Zahl der kleinen Zuchttöpfe in seinem Gewächshaus, das seiner Schätzung nach rund 100 verschiedene Pflanzensorten beherbergt. Darunter alleine 50 verschiedene, teils wuchtige Kakteen, aber auch aromatischer Esslorbeer oder majestätisch blühende Strelitzien.

Bis zu zwei Stunden täglich muss Karl Oehler sich auch im Winter um seine Schützlinge kümmern. Das Wissen hat er sich im Laufe der Jahrzehnte angeeignet. Teils durch Lesen von Fachliteratur, vor allem aber durch sein Tun in der Praxis, »irgendwann hat man das im Gefühl«. Dazu gehört auch, die grünenden und blühenden Wesen zu streicheln. »Das glaubt einem niemand«, lacht er sanft, »aber die spüren es, wenn man sie gern hat.« Wie bei Katzen sei das, zwölf der Samtpfoten mit dem ausgeprägten Kratzbürstenpotential sind ihm insgesamt schon zugelaufen.