Einen historischen Augenblick gab es am Montagabend in der öffentlichen Gemeinderatssitzung: Nach mehrjähriger Projektarbeit unter der Federführung von Rechnungsamtsleiter Nicolas Isenmann konnte die Gemeinde Nordrach ihre Eröffnungsbilanz vorstellen. Die Bilanzsumme beläuft sich auf rund 19 Millionen Euro. Größte Vermögenswerte sind das Infrastrukturvermögen, das mit 7,6 Millionen Euro bewertet wurde, sowie der Gemeindewald, der einen Wert von 6,2 Millionen Euro hat.
Die Erstellung der Eröffnungsbilanz ist die Grundlage für die Einführung des neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens. Bis zum Jahr 2020 müssen alle Gemeinden in Baden-Württemberg ihr Rechnungswesen umgestellt haben. Auf der Basis der Eröffnungsbilanz kann die Gemeinde Nordrach nun den ersten Jahresabschluss nach dem NKHR erstellen. Bereits im November 2013 hatte der Gemeinderat beschlossen, das neue Haushaltsrecht einzuführen.
Historischer Augenblick
»Erstmals sehen wir nun, wie groß das Vermögen der Gemeinde ist«, zeigte sich Bürgermeister Carsten Erhardt stolz und sprach von einem historischen Augenblick. Gemeinsam mit Rechnungsamtsleiter Nicolas Isenmann konnte er dem Gemeinderat das knapp 30-seitige Werk im Detail vorstellen. Darin wird auf der Aktivseite das komplette Vermögen der Gemeinde Nordrach dargestellt sowie auf der Passivseite ein Überblick gegeben, wie dieses Vermögen finanziert wurde.
Der Startschuss für die Projektarbeit fiel im März 2016. Die offizielle Umstellung der Haushaltsrechnung erfolgt zum Stichtag 1. Januar 2017. Bemerkenswert bei der Aufstellung der Eröffnungsbilanz ist, dass die Gemeinde Nordrach im Gegensatz zu den meisten anderen Kommunen das gesamte Vermögen selbst erfasst und bewertet hat. Es wurden keine externen Beraterfirmen hinzugezogen bzw. zusätzliches Personal eingestellt. Somit konnte eine hohe Kostenersparnis erzielt werden. Die Mitarbeiter der Gemeinde haben durch ihren enormen Mehraufwand das Projekt umgesetzt. »Insgesamt rund 1.400 Datensätze mussten erfasst werden«, machte Nicolas Isenmann die Dimension der Projektarbeit deutlich. Unterstützt wurde der dabei vor allem von der stellvertretenden Rechnungsamtsleiterin Angelina Sum.
Erfasst und bewertet wurden ca. 30 Gebäude und gebäudeähnliche Anlagen, 198 Grundstücke, 98 bewegliche Vermögensgegenstände, ca. 170 Straßen und Wege, 36 Brücken, 115 Anlagegüter im Bereich Wasserversorgung und ca. 150 Anlagegüter im Bereich Abwasserbeseitigung.
Soweit es möglich war, hat die Gemeinde Nordrach ihre Anlagegüter nach den tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet. Bei den Anlagegütern, bei denen die ursprünglichen Kosten nicht mehr zu ermitteln waren, wurden entsprechende Erfahrungswerte angesetzt. Die Bilanzsumme ist somit ein Mischwert aus Echtkosten und geschätzten Kosten. »Wir sind sicher, dass rund 99 Prozent aller Vermögenswerte erfasst wurden, die der Gemeinde gehören«, stellte Isenmann fest.
18.943.979 Euro Vermögen
Größte Position auf der Aktivseite der Eröffnungsbilanz ist das Infrastrukturvermögen mit einem Wert von 7,66 Millionen Euro. Darin enthalten sind unter anderem Straßen, Wege und Plätze, Brücken, wasserbauliche Anlagen inklusiv Leitungsnetz, Anlagen zur Abwasserbeseitigung sowie der Friedhof. »Straßen hat man, kann man aber nicht zu Geld machen«, kommentierte Isenmann diese Vermögenswerte.
Auf Platz 2 folgen Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, die mit 7,0 Millionen Euro bewertet wurden. Darin enthalten sind Wald und Forst mit einem Wert von 6,2 Millionen Euro. Die Bewertung erfolgte getrennt nach Grund und Boden sowie Aufwuchs. Der Boden wurde mit 0,26 Euro je Quadratmeter bewertet, der Aufwuchs mit 0,77 Euro je Quadratmeter. Leitlinie für diese Werte lieferte die Vereinfachungsregel der Haushaltsverordnung.
Der Wert der Maschinen und technischen Anlagen beläuft sich auf 419.092 Euro. Der Wert der bebauten Grundstücke beträgt 1,9 Millionen Euro. Dazu gehören der Sportplatz, die Schule, Wohnbauten und sonstige Dienstgebäude. Die liquiden Mittel betrugen zum Stichtag 816.687 Euro. Auch Kunstgegenstände im Wert von 161.662 Euro hat die Gemeinde Nordrach. Diese befinden sich hauptsächlich im Puppenmuseum.
Basiskapital von 68,52 Prozent
Mit einem Basiskapital in Höhe von 12,98 Millionen Euro, vergleichbar mit dem Eigenkapital eines Unternehmens, was 68,52 Prozent der Bilanzsumme entspricht, steht die Gemeinde Nordrach sehr gut da. Die Zuschüsse von Land und Bund stehen mit 4,87 Millionen Euro in der Bilanz. Die Verbindlichkeiten betrugen 872.490 Euro (zum Stichtag am 1. Januar 2017).
Die Eröffnungsbilanz muss jetzt noch der Kommunalaufsicht beim Landratsamt Ortenaukreis zur Prüfung vorgelegt werden. Die Zustimmung durch den Nordracher Gemeinderat erfolgte einstimmig. »Eine tolle Arbeit«, lobte Gemeinderat Günter Eble. Er zeigte sich sicher, dass die Gemeinde auch in Zukunft ihre Finanzen gut im Griff haben werde. Auf Nachfrage von Gemeinderat Alexander Zimmerer erklärte Nicolas Isenmann, dass Nordrach nach dem neuen Haushaltsrecht Abschreibungen von rund 280.000 Euro jährlich erwirtschaften müsse. Das Augenmerk liege künftig auf dem Ergebnishaushalt.
Keine neuen Schulden im Jahr 2018
Bürgermeister Erhardt zeigte sich vor allem mit der hohen Basiskapitalquote zufrieden. Er informierte, dass die Gemeinde trotz des Rathausumbaus im Jahr 2018 keine neuen Kredite aufnehmen musste. Die Erstellung der Eröffnungsbilanz habe dazu geführt, dass man die Gemarkung insgesamt noch besser kennengelernt habe. Das Zahlenwerk sei bei zukünftigen Investitionen wie z. B. bei Straßensanierungen eine große Hilfe.