Wie viele Stellplätze pro Wohneinheit in Zukunft bei Neu- und Umbauten ausgewiesen werden sollen, beschäftigte den Gemeinderat in seiner letzten Sitzung. Eine Einigung kam nicht zustande. Der Punkt wurde von der Tagesordnung genommen.
Ein Bauantrag zum Umbau und Erweiterung eines bestehenden Wohnhauses west-lich der Bahnlinie ließ im Gemeinderat den Wunsch reifen, künftig mehr Stellplätze pro Wohneinheit zu verlangen. Im bestehenden Fall sollte ein Haus mit zwei Wohneinheiten zu einem Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten erweitert werden. Um die bereits angespannte Parksituation zu beruhigen, schlug die Verwaltung vor, für den Bereich westlich der Bahnlinie eine Stellplatzsatzung zu erlassen. Dies scheiterte jedoch daran, dass zu viele Gemeinderäte in dem betreffenden Areal wohnen und somit nicht an der Beratung teilnehmen könnten, da sie befangen wären. Lediglich drei Gemeinderäte wären stimmberechtigt – zu wenig für einen gültigen Beschluss.
Vorhandene Gebäude haben Bestandsschutz
Alternativ empfahl die Verwaltung nun über den gesamten Innenbereich Biberachs – ausgenommen der Ortsteil Prinzbach – eine entsprechende Satzung aufzustellen. Es würde sich somit um eine allgemeine Satzung mit allgemeinen Festlegungen handeln, die für alle gilt. Dadurch würde keine Befangenheit einzelner Grundstückseigentümer bestehen. Das Landratsamt machte in einer Stellungnahme jedoch klar, dass eine Satzung keine schnelle Entlastung bei der Parkplatznot bewirken würde. Der Altbestand hätte Bestandsschutz und wäre von der neuen Regelung nicht betroffen. Die neuen Vorgaben würden sich nur auf Neu- oder Umbauten beschränken.
Bürgermeister Jonas Breig stellte die zentrale Frage über welche der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss treffen müsse: „Bedarf es einer Stellplatzordnung – und falls ja – welche Variante solle es werden?“ In den Gemeinden der Raumschaft sind unterschiedliche Handhabungen gebräuchlich. Von einem bis zu zwei Stellplätze reicht die Spannweite. Oft sind die Vorgaben auch an die Wohnfläche gekoppelt. Für z.B. eine 60 qm große Wohnung wird oftmals nur ein Stellplatz verlangt, bei 60 bis 75 qm 1,5 Stellplätze und bei Wohnungen mit mehr als 75 qm sind zwei Stellplätze vorzuhalten. Bei Dezimalstellen wird dabei aufgerundet.
Kerstin Stern vom Ingenieurbüro Kappis erläuterte, dass die Satzung ein Mittel zur langfristigen Planung wäre und nicht unmittelbar wirkt. Da unterschiedliche Bebauungspläne gelten, müsse eine klare Begründung gefunden werden, um den Erlass einer Satzung zu rechtfertigen.
Pro und Contra Satzung
In der anschließenden Diskussionsrunde zeigte sich ein uneinheitliches Stimmungsbild. Georg Fletschinger (FW) bezog klar Stellung gegen eine Satzungsregelung. „Es gibt zwei große Probleme in der letzten Zeit: Baukosten und Bürokratie – und beides wird mit der Stellplatzsatzung nicht weniger“. Auch Hans-Peter Fautz (FW) könnte auf eine Satzung verzichten, da sich durch den Bestandsschutz der Altbebauung erst mal nichts ändern würde. Bei Neubauten hielte er es jedoch durchaus für denkbar, auch mal zwei Stellplätze pro Wohneinheit zu verlangen. „Das Ziel ist eine Verbesserung der Parksituation“ resümierte Sigrid Armbruster (CDU) „Aber was verursachen wir damit? Alle werden in Neubaugebiete investieren und der Altbestand bleibt auf der Strecke“, befürchtete sie. Manuela Schätzle (SPD) plädierte dafür den öffentlichen Nahverkehr zu stärken und das bestehende Car-sharing-Angebot auszubauen um der Parkplatznot zu begegnen, dann bräuchte es keine Satzung. „Die Denkweise muss sich ändern“, stellte sie klar. Klaus Beck (CDU) sieht ein großes Problem darin, wenn Fahrzeuge auf den Gehwegen parken und so die Schwächsten, also Kinder und Senioren mit Rollatoren behinderten. Allerdings sieht er keine Notwendigkeit darin, die Satzung über den kompletten Biberacher Innenbereich zu legen. „So lassen wie es ist“ befand wiederum Gemeinderat Hubert Scharffenberg (SPD) .
Auf der anderen Seite führte Ludwig Schüle (FW) seine Argumente ins Feld und sprach sich damit für eine Stellplatzordnung aus. Ihm liegt die Gleichbehandlung am Herzen und er fordert, dass Nachverdichter die gleichen Auflagen bekommen müssten wie die Bauherren von Neubauten. „Wie sieht Biberach in zehn Jahren aus?“ fragte Anja Lienhard in die Runde. Es ginge darum, sich über die Zukunft Gedanken zu machen und da ist damit zu rechnen, dass verstärkt Mehrfamilienhäuser geplant werden. Mit einer Satzung könne man für alle Investoren die Kriterien klar definieren. Auch Tobis Baur (CDU) unterstütze diese Position: „Eine Satzung wäre ein gutes Signal nach außen“.
Entscheidung vertagt
Frank Becherer (FW) erinnerte daran, dass östlich der Bahnlinie bereits zwei Stellplätze pro Wohneinheit festgeschrieben wären. „Warum die beiden Gebiete unterschiedlich behandeln? Eine Satzung könnte eine einheitliche Regelung definieren“. Es fiele ihm jedoch schwer, ohne ein Verkehrskonzept zu einer Entscheidung zu kommen, weshalb er den Antrag stellte, den Beratungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen. Bei nur einer Gegenstimme wurde dieser Antrag angenommen.