Die Gemeinde Biberach trauert um eine bekannte und zeitlebens ehrenamtlich engagierte Mitbürgerin. Luise Lietzmann ist am 27. Oktober 2020 im Alter von nahezu 99 Jahren verstorben. Von der Gemeinde Biberach wurde sie für ihr großes Engagement mit dem Ehrenteller ausgezeichnet, vom Ortenaukreis bekam Luise Lietzmann die Auszeichnung »Stille Heldin« verliehen.
Geboren wurde Luise Lietzmann am 17. Dezember 1921 in Biberach, wo sie mit vier Geschwistern aufgewachsen ist. Ihre Eltern betrieben im Legerweg eine kleine Landwirtschaft mit gerade mal dreieinhalb Hektar, in der sie in jungen Jahren fleißig mithalf. Sie lebte in ihrer Jugend bis zur Hochzeit in Biberach im Elternhaus.
Während eines Aufenthalts in Sindelfingen, wo Luise Lietzmann in einem Haushalt arbeitete, lernte sie im Jahr 1940 ihren späteren Mann Willy Lietzmann kennen. Bald riss der Krieg die jungen Leute wieder auseinander. Willy Lietzmann landete in Afrika und kam von dort aus in amerikanische Kriegsgefangenschaft und nach Frankreich. Erst eine Taufe führte ihn 1947 zurück nach Deutschland. Nach sieben Jahre Trennung sahen sie sich wieder. Am 16. Oktober 1948 läuteten für Luise und Willy Lietzmann in Biberach die Hochzeitsglocken. Fast 60 Jahre lange sind sie gemeinsam durchs Leben gegangen. Willy Lietzmann ist im Jahr 2006 im Alter von 89 Jahren verstorben.
Das junge Paar bezog nach ihrer Hochzeit eine Wohnung in der Bahnhofsstraße. Nachdem 1951 ein Töchterchen bei der Geburt verstorben war, erblickten ein Jahr später am 31. März 1953 die Zwillinge Kurt und Hans-Joachim das Licht der Welt. 1954 wurde das Haus in der Straße »Am Sportplatz« gebaut. Nachdem ihre Zwillingsbuben dem Kleinkindalter entwachsen waren, war Luise Lietzmann 25 Jahre lang bei der Firma Knauer in der Verpackung tätig. Bei Knauer engagierte sie sich auch zwei Perioden lang im Betriebsrat und führte daneben die Betriebskantine. So war sie bei allen bekannt.
Um ihre Mitmenschen verdient gemacht
In vielerlei Hinsicht hat sich die Verstorbene um ihre Mitmenschen verdient gemacht. Jahrzehnte führte sie das Altenwerk Biberach, meist im Hintergrund ihres Mannes. Nach dem Tod von Willy Lietzmann im Jahre 2006 führte sie noch selber bis Oktober 2008 das anspruchsvolle Amt der Vorsitzenden.
Gemeinsam mit elf anderen Frauen rief sie 1991 das »Forum 13« ins Leben, das mit dem »Andreasmarkt« einen Adventsbasar veranstaltete, der weit über die Grenzen Biberachs hinaus bekannt und beliebt war und mit dessen Erlösen viel Gutes in der Gemeinde und bei karitativen Einrichtungen bewirkt wurde.
Auch der Schwarzwaldverein hatte Luise Lietzmann zum Ehrenmitglied ernannt. Im Kreis der Wanderfreuden wurden viele schöne Touren und Fahrten unternommen. Der Luisenbrunnen war eine Anregung von ihr.
Von Alt-Bürgermeister Wolfgang Bösinger erhielt sie von der Gemeinde Biberach den Ehrenteller und im Alter von 89 Jahren die Auszeichnung als »Stille Heldin«, die von Landrat Frank Scherer vergeben wurde.
Kraft für ihr Engagement bezog Luise Lietzmann aus ihrem tief verwurzelten Glauben, aber auch aus ihrer Hilfsbereitschaft und dem Einsatz für andere. Im hohen Alter sah sie es als ihre Aufgabe an, Krankenbesuch zu machen. In Biberacher Seniorenheim »Kapellenblick« oder im Zeller Seniorenzentrum »St. Gallus« besuchte sie regelmäßig die Heimbewohner.
Als Lokalberichterstatterin hat Luise Lietzmann über Jahrzehnte die »Schwarzwälder Post« mit ihren Berichten über Biberach bereichert. Sie schrieb über das Vereinsgeschehen, über Gemeinderatssitzungen und viele andere lokale Ereignisse. Für runde Geburtstage hielt sie noch Jahre den Stift in der Hand, als für die anderen Berichte schon lange eine Nachfolgerin zuständig war.
Alles zu Fuß, mit dem Rad und der Bahn erreicht
Bekannt war sie neben allem Engagement auch durch die Tatsache, dass sie mit ihrem Mann und später alleine, immer unterwegs war. Dabei hatten sie kein Auto. Alles wurde zu Fuß, mit dem Rad oder mit der Bahn erreicht. Auf diese Weise waren die Lietzmanns im Dorf nahezu täglich präsent. So konnte man die Biberacherin bis ins hohe Alter strammen Schrittes durchs Dorf oder sogar Richtung Zell eilen sehen. Ihr Rollator, der später das Fahrrad ersetzt hat, schien dabei weniger Stütze als Motor zu sein.
Seit sechs Jahren war infolge einer Herzschwäche das Alleinsein in ihrem Haus am Sportplatz nicht mehr möglich. Sie verbrachte ihren Lebensabend im Pflegeheim in Fußbach, wo sie nochmals auflebte. Hier konnte sie ihrem Hauptinteresse, dem Laufen in der Natur, nochmals voll und ganz nachgehen. Täglich war sie mit ihrem Rollator unterwegs, sei es draußen oder bei Regenwetter auf den Gängen im Hause. Die Reifen zweier Rollatoren wurden abgefahren. Bis in den September 2020 konnte man sie täglich laufen sehen.
Nun ist Luise Lietzmann nach einem langen und erfüllten Leben im Pflegeheim in Fußbach verstorben. Mit den Familien ihrer beiden Söhne trauern fünf Enkelkinder und neun Urenkelkinder um ihre Oma und Uroma. Am kommenden Dienstag wird Luise Lietzmann auf dem Biberacher Friedhof zu Grabe getragen. Allen Angehörigen gilt die herzliche Anteilnahme.