Der Verein »Frauen aktiv e.V. Biberach« wird zum Jahresende aufgelöst. Still von der Bildfläche verschwinden wollen die Frauen jedoch nicht. Sie feierten gestern ein großes Abschiedsfest im Gasthaus »Kreuz« in Biberach.
Es war eine fröhliche Runde, die trotz des eigentlich ja eher traurigen Anlasses zusammengekommen war. Es wurde viel gelacht und die vertraute Gesellschaft genossen. Alle hatten sich schick gemacht und etliche Frauen hatten sich in ihr selbst genähtes Vereins-Dirndl geworfen, das es seit 1989 gibt. Mit den Aktiven alterte auch die Vereinsstruktur, es gelang nicht gut, junge Frauen für die Anliegen zu begeistern. Bis zum 50. Jubiläum weiterzumachen, war kurz im Gespräch, wurde dann aber schnell verworfen. Hildegard Schmider, Gründungsmitglied und heute immer noch im Vorstandsteam, sieht den Abschied pragmatisch: »Jünger werden wir alle nicht.«
Gründung mit Selbstbewusstsein
Seine Wurzeln hat der Verein im Biberacher Hausfrauenbund, der am 1. Februar 1971 gegründet worden war. »Für die Männer war der Stammtisch da, wenn sie mal schwätzen wollten«, erinnert sich Schmider zurück. »Das wollten wir Frauen auch!« Zehn Mitgliederinnen zählte der Bund zu Beginn. Das Mitgliederhoch war später mit 80 Frauen erreicht. Männliche Mitglieder gab es nie. Aber sie halfen, wenn handwerkliche Unterstützung gefragt war. Ob es daran liegt, dass Vereinssprecherin Hildegard Schmider von einem für den Vorstand »sehr pflegeleichten Verein« spricht?
Maria Ette war zehn Jahre lang erste Vorsitzende. Auf sie folgte Anna Hämmerle, die das Amt 15 Jahre lang inne hatte. Der Austritt aus dem Hausfrauenbund erfolgte im März 1996. Die Biberacher Frauen konnten sich nicht mehr in den Zielen und Strukturen des Dachverbands wiederfinden. Sie packten es – wieder einmal – an und gründeten einen neuen Verein. Das, was man dazu wissen musste, eigneten sie sich Stück für Stück an, fragten nach, recherchierten. Im November 2002 benannten sie sich um in »Frauen aktiv«. Mit dem Wandel vom Hausfrauenbund zu »Frauen aktiv« ging auch ein Wandel in der Vereinsstruktur einher. Seit 2007 gab es ein Vorstandsteam, in dem man sich die Aufgaben besser teilen konnte (Lydia Mohnke, Gaby Elbers, Manuela Gutmann und Hildegard Schmider).
Echte Macherinnen
Anpacken und etwas für die Gemeinschaft tun. So könnte man das Motto nennen, unter dem die Frauen viele Jahrzehnte lang aktiv waren. Beim Weihnachtsbasar wurden Handarbeiten, Kuchen und Waffeln verkauft, an der Fasent ging so manche Waffel und »Heiße Liebe« am Stand über die Theke. Für den »Kapellenblick« wurden im Laufe der Jahre hunderte Kuchen für das Sommerfest gebacken, 5.000 Wimpel haben die Frauen für die Straßengirlanden bei der Fasent genäht. Das Kettererhaus hat nach dem jährlichen Putzeinsatz sauber geblitzt. Sage und schreibe 22 Jahre kämpften die engagierten Macherinnen dort gegen Staub und Dreck. Die Gardinen im Gebäude sind übrigens ebenfalls dem Frauenverein zu verdanken. Wer am Kinzigdamm spazieren geht und eine kleine Pause macht, setzt sich vielleicht auf eine Bank, die von den Biberacher Frauen stammt. Die Liste lässt sich noch lange fortsetzen. Schon 1974 spendeten sie 3.000 DM für den Spielzeugkasten im Kindergarten, 1979 das Schachspiel im Park. Die Sozialstation Zell profitierte vom Fleiß ebenso wie die Katholische Kirchengemeinde. Das Kaffeegeschirr in der Festhalle hat Frauen aktiv gespendet. Auch die Renovierung der Konradskapelle wurde finanziell unterstützt und viele weitere Projekte.
Kurzum: Der Hausfrauenbund und später »Frauen aktiv« war immer da, wenn er gebraucht wurde – nicht nur mit Tat-, sondern auch mit Finanzkraft.
Luft ist raus
»Wir waren immer gefragt«, erinnert sich Hildegard Schmider. Doch nun seien die meisten in einem Alter, in dem solche Aktionen nicht mehr gehen. Auch die Ausflüge, die immer ein fester Bestandteil des Vereinsprogramms waren, fallen schwerer und schwerer. Früher gab es jedes Jahr einen Ausflug, jedes Jahr eine schöne Weihnachtsfeier und jeden Monat eine Aktivität. Jetzt ist es schwierig etwas zu finden, an dem alle Freude haben und abends wird auch nicht mehr so lange sitzengeblieben. »Irgendwann ist die Luft raus«, resümiert Schmider. So wie das Wachstum in den Anfangsjahren ein Selbstläufer war, so ist es jetzt der Mitgliederschwund. In den letzten fünf Jahren habe die Mitgliederzahl kontinuierlich abgenommen, berichtet Lydia Mohnke aus dem Vorstandteam. Drei Mitglieder sind mittlerweile über 90 Jahre alt.
Gut erinnern kann man sich in dem Verein noch an die ausgelassenen Fasentfeiern, an die Übernachtung auf der Kornebene, bei der bis vier Uhr in der Früh mit dem Mandolinenorchester aus Gengenbach gesungen wurde oder an die Vorträge zu Themen wie Gesundheit, Mode, Kindererziehung und Recht. In einer Zeit ohne Internet eine gern genutzte Informationsquelle.
Ursachenforschung
»Die Interessen haben sich gewandelt, man will sich nicht mehr fest engagieren«, führt Schmider aus, warum es so schwer ist Nachwuchs zu finden. Ein flexibles Leben ohne feste Strukturen läge hoch im Kurs. Dabei sind die Anliegen der Frauenorganisation von damals auch heute noch aktuell. Sich austauschen, weiterbilden und Ausflüge unternehmen kommt nie aus der Mode. Handarbeiten erlebt gerade einen Boom und neue Wertschätzung, genau wie Kochen und Backen. Gleichberechtigung gibt es zwar auf dem Papier, aber trotzdem bleibt der Löwenanteil der Familien- und Hausarbeit meistens bei den Frauen hängen. Dabei, das sagte die ehemalige Vorsitzende Anna Hämmerle schon 1996: »Hausfrau sein ist keine Eigenschaft, die durch das Standesamt verliehen wird.«
»Wir können uns auch ohne Verein treffen«, sagen Hildegard Schmider und Lydia Mohnke. Der Verein ist bald Geschichte, die darin entstandenen Freundschaften aber nicht.