Im Januar 1689 übergab Graf Cronburg, der damalige Besitzer der Hohengeroldseck, seine Burg ohne Gegenwehr an die Truppen des französischen Königs Ludwig XVI, was die Besatzer jedoch nicht hinderte, die Burg, bevor sie einen Monat später wieder abzogen, zu zerstören. Die entsprechende Kapitulationsurkunde enthielt unter anderem eine Liste des Burginventars, das den Siegern übergeben werden musste. Darin wird neben Gegenständen überwiegend militärischer Art auch eine »Turmuhr mit Glocke« aufgeführt.
Normalerweise verschwinden solche Beutestücke für immer. Im Falle besagter »Turmuhr mit Glocke« verhielt es sich offenbar anders. Für die Einwohner der unterhalb der Ruine liegenden Gemeinde Schönberg ist nämlich noch heute klar, dass, auf welche Weise auch immer, Uhr und Glocke nach der Zerstörung der Burg in das Gasthaus »Zum Löwen« an der Passstraße gelangt sind. Dieser Meinung war auch der Lahrer Schriftsteller und Geroldseckkenner Alfred Siefert (1861 – 1918), der eine Abschrift der Kapitulationsurkunde besaß. Das Original befindet sich heute im Offenburger Stadtarchiv.
Im »Löwen«, so wird erzählt, taten Uhr-und-Glockenschlagwerk von der Burg über Jahrhunderte hinweg ihren Dienst. Auf einem großen, heute nicht mehr im Original erhaltenen Zifferblatt konnte die Zeit abgelesen werden, und die Glocke schlug den Schönbergern nicht nur die Stunde, sondern sie wurde auch bei besonderen Anlässen, wie z. B. Todesfällen, geläutet, Ums Jahr 2000, die Zeiger der Uhr auf dem »Löwen« standen schon lange still und auch die Glocke war verstummt, wechselte das Gasthaus den Besitzer, und das Uhrwerk sollte zum Verkauf angeboten zu werden. Aus Sorge darüber, dass ein historisches Kleinod aus unserer Region für immer verschwinden könnte, versuchte der Historische Verein Biberach auf Vorschlag seines Vorstandsmitglieds Josef Ringwald, die Uhr zu erwerben, was, leider ohne die Glocke, mit Hilfe zahlreicher Sponsoren auch gelang. So ist die Uhr nun seit 2005 Eigentum des Biberacher Vereins.
Das Uhrwerk, konnte zwar bei verschiedenen Anlässen schon für kurze Zeit besichtigt werden. Jetzt jedoch hat es eine dauerhafte Bleibe im Biberacher Kettererhaus-Museum gefunden und ist dort erstmals anlässlich des Ostermarkts am Sonntag, 9. April 20017, ab 11 Uhr zu bestaunen. Montiert auf einem fachmännisch gezimmerten Holzbock, dessen ungewöhnliche Höhe durch die Länge des Pendels bestimmt wurde, wartet sie nun voll gangbar auf möglichst viele interessierte Besucher. Um auch die Funktion ihres Schlagwerks beobachten zu können, wurde sie, ohne dabei ursprüngliche Bauteile zu beeinträchtigen, durch eine Glocke, die etwa die Größe der ursprünglichen besitzt, ergänzt.