Das kommende Wochenende steht unter dem Motto »Wem die Stunde schlägt« ganz im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums der Glockenweihe: Ein Festakt mit dem Vortrag eines hochkarätigen Glockenexperten am Samstag, 15. Oktober, und der Festgottesdienst am Sonntag, 16. Oktober, feiern das Geläut der St. Blasius-Kirche, außerdem wird der Historische Verein an beiden Tagen eine Ausstellung über und mit Biberacher Glocken präsentieren.
Seit einem halben Jahrhundert rufen die zusammen 8824 Kilogramm schweren Glocken im Turm der Pfarrkirche St. Blasius die Gläubigen zum Gottesdienst, verkünden Trauernachrichten oder laden zu Hochzeiten ein: Unten im Glockenstuhl die gewaltige Christus-König-Glocke – die seinerzeit von der Gemeinde gestiftet worden war – mit ihren stolzen 3424 Kilogramm und daneben die nur wenig leichtere Glocke der heiligen Maria mit 2421 Kilogramm. Darüber erklingen die drei kleineren Glocken: Die Glocke des heiligen Josef mit 1382 Kilogramm, die den 14 heiligen Nothelfern geweihte Glocke mit 946 Kilogramm sowie die des seligen Bernhard von Baden mit 650 Kilogramm. Letztere war vor 50 Jahren eine Stiftung der Gesellschafter der Jehle-Brauerei.
Ein durchaus schwergewichtiges Geläut ist es also, das da in der Biberacher Kirche erklingt. Welchen Stellenwert es in der Region hat, wird der Vortrag über »Die Kulturgeschichte der Glocken« enthüllen, welchen der renommierte Glockenexperte Kurt Kramer am Samstagabend im Rietsche-Saal hält. »Er ist die Glocken-Koryphäe schlechthin«, freut sich der Vorsitzende des Historischen Vereins Josef Ringwald schon jetzt auf die Einschätzung des Festredners aus Karlsruhe. Verraten werden darf an dieser Stelle aber schon, dass sich das Großgeläut der St. Blasius-Kirche bei einem von der Glockengießerei Schilling erstellten Ranking im illustren Umfeld von Domen und Kathedralen befindet.
Die in Heidelberg ansässige Glockengießerei Schilling war im Nachkriegsdeutschland die bedeutendste Gießerei der Republik. Hier wurden auch die fünf Biberacher Glocken im Juli 1966 gegossen. Am 18. September des gleichen Jahres war es dann soweit: Dekan Huber aus Wolfach nahm im Rahmen eines Festgottesdienstes die Weihe der fünf Glocken vor, die anschließend mit Seilen an ihren Bestimmungsort hochgezogen wurden. Der Biberacher Pfarrer Karl Biemer hat die Glockenweihe damals übrigens in einem Film festgehalten, der ebenfalls während des Festakts gezeigt wird, der am Samstag, 15. Oktober, um 19 Uhr beginnt. Ein Bläserensemble aus dem Blasorchester Biberach umrahmt den Vortrag, im Anschluss daran wird die vom Historischen Verein konzipierte Ausstellung über die Geschichte des alten Dorfkirchleins und Biberachs Glocken eröffnet.
Denn die Schwergewichte im Turm der 1958/59 erbauten modernen St. Blasius-Kirche sind mitnichten die ersten Glocken, welche den Biberachern die Stunde schlugen. Die Geschichte der Glocken im Dorfkirchlein beginnt schon im 16. Jahrhundert. Die Historie des Kirchleins selbst, das sich über all die Jahrhunderte an jenem Platz befand, an dem heute der »Alte Kirchturm« von der Vergangenheit erzählt, ist aber noch um einiges älter, denn bereits 1424 wurde in einer alten Urkunde über die »Curia Biberach« (also das Pfarrgut Biberach) eine Kirche erwähnt.
1510 schon schlug im armen Dorfkirchlein ein Glöckchen den Biberachern die Stunde
1510 hatte das arme Dorfkirchlein nachgewiesenermaßen bereits eine Glocke, im Jahr 1659 waren es dann schon deren drei. Das Kirchlein selbst war zuvor anno 1618 neu gebaut oder zumindest deutlich erweitert worden, 1874 kam die letzte Erweiterung. Die Glocken jedoch ereilte ein trauriges Schicksal: Im Ersten Weltkrieg wurden sie konfisziert und für die Rüstungsproduktion eingeschmolzen.
Doch ohne Glocken mochten die Biberacher nicht sein, und so wurden 1922 in der Glockengießerei Grüninger in Villingen drei neue Glocken gegossen, die ab diesem Jahr zu den Gottesdiensten in der Dorfkirche riefen. Obwohl auch dieses Geläut dann im Zweiten Weltkrieg ebenfalls beschlagnahmt werden sollte und es darüber sogar eine Urkunde gibt, haben die Glocken die Kriegsjahre unbeschadet überstanden. Als jedoch dann ihre schwergewichtigen Nachfolger den Dienst in der 1960 geweihten St. Blasius-Kirche angetreten hatten, sollten die Glocken von 1922 eingeschmolzen werden. Eine von ihnen konnte jedoch gerettet werden – und wird nun bei der Ausstellung des Historischen Vereins zu sehen sein. Die Glocke mit einem Gewicht von 268 Kilogramm war dem heiligen Josef geweiht und hat über Jahrzehnte ein stiefmütterliches Dasein im Heizungskeller der St. Blasius-Kirche geführt. Nun wurde sie dank Mesnerin Erna Antritter wiederentdeckt.
Noch warm vom Guss wird auch das Rathausglöckchen präsentiert
Ebenfalls ausgestellt und voraussichtlich auch geweiht wird das neue Glöckchen für den Rathausturm, das am heutigen Freitag in der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe gegossen wird. Im Anschluss an den offiziellen Teil des Festakts folgt ein Umtrunk und gemütliches Zusammensein.
Am Sonntag, 16. Oktober, werden die fünf Geburtstagsglocken dann um 10 Uhr zum Festgottesdienst in der St. Blasius-Kirche rufen, der von Pfarrer Bonaventura Gerner zelebriert wird. Die Festpredigt hält Diakon i.R. Josef Pollakowski aus Stuttgart, ein »Zögling« von Pfarrer Biemer. Musikalisch mitgestaltet wird der Festgottesdienst vom Katholischen Kirchenchor Biberach. Im Anschluss ist von 11.30 Uhr bis 18 Uhr die Ausstellung des Historischen Vereins im Rietsche-Saal nochmals geöffnet, es werden dort auch Kaffee, Kuchen und Getränke angeboten.






