Nach dem Sieg auf Bezirksebene hofft Prinzbach im Landesentscheid darauf, für seine Mitbewerber die Latte bei „Unser Dorf hat Zukunft“ hoch gelegt zu haben.
„Wir sind zeitlich und inhaltlich perfekt angekommen“, wird sich Ortsvorsteher Klaus Beck am Montagmittag oben auf dem Romanhof freuen – am Ende des Prinzbachtals und am Ende der exakt zweieinhalb Stunden, die der Ort Zeit hatte, sich mit der Bewertungskommission durch das Dorf zu bewegen, sich als Dorf der Zukunft vorzustellen.
Doch zurück zum Anfang, und damit zum Warten vor dem Gasthaus „Kreuz“. Denn hier will man die Landeskommission empfangen. Diese fährt von Stuttgart aus mit dem Bus an und hat aufgrund von Autobahnstaus beim Pforzheimer Nadelöhr einige Minuten Verspätung. Im vergangenen Jahr konnte Prinzbach den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ auf Bezirksebene für sich entscheiden, war dort die letzte der von der Jury besuchten Gemeinden.
Beim jetzigen Landesentscheid startet die – nun anders zusammengesetzte – Kommission mit Prinzbach. Im Laufe der Woche wird sie bei weiteren fünf Teilnehmern aufschlagen, in den Landkreisen Main-Tauber, Sigmaringen, Tuttlingen und Waldshut. Im Vorgriff auf den Landesentscheid wurde in Baden-Württemberg bereits eine Bronzemedaille vergeben, und nun gilt es, im Rahmen des Landeswettbewerbs die Gewinner von Silber und Gold zu bestimmen. Und: Eine dieser sechs Gemeinden darf nächstes Jahr am Bundeswettbewerb teilnehmen.
„… ordentlich Arbeit“
Während des Wartens vor dem Gasthaus Kreuz stimmt Ortsvorsteher Klaus Beck die hier versammelten Akteure ein. „Wir wollen zeigen, dass unser Dorf Zukunft hat“, beginnt er, „und dabei wollen wir eine Benchmark vorlegen, die die anderen Gemeinden dann erst mal übertreffen müssen.“ Er freue sich riesig auf diesen Tag, meint er und wünscht allen viel Spaß – nicht zu Unrecht, wie sich später herausstellen wird. „Es war auch ordentlich Arbeit“, fügt er hinzu, „aber aus dem Probedurchgang am Freitagabend sind wir mit einem ganz guten Gefühl raus.“
Denen, die verbal zu agieren haben, gibt er zur Beruhigung mit auf den Weg: „Wenn man mal einen Gedanken gerade nicht mehr parat hat, dann einfach eine kurze Pause machen – zwei Sekunden oder so kommen einem selbst viel länger vor als den Zuhörern – das ist einfach eine kurze Wirkungspause, und danach geht‘s wieder weiter, das ist überhaupt nicht schädlich.“ Mit einem herzhaften „Wir sind authentisch – wir sind, wie wir sind, und ich freu´ mich“ sorgt er für entspanntes Schmunzeln in der Runde.
Pamela Beschnidt, die sich der Kommission gegenüber als Stellvertreterin „des Energiebündels, das fast nicht zu bremsen ist“ vorstellen wird, ergänzt: „Wir wollen zeigen: Was macht unser Dorf aus? Was ist unser Alleinstellungsmerkmal? Wir sind 450 Einwohner, und wir kriegen das auf die
Kette“, beschwor sie den Zusammenhalt und den Energie-Flow sobald es heiße: „wir machen was.“ Am Anfang seien es meist die gleichen, die mitmachten, doch einige weitere ließen sich daraufhin infizieren und steigerten sich hinein, „und genau das macht schlussendlich die Dynamik aus, die dann das Ganze zum Erfolg bringt.“
Bewertungsgebiete
Kurz darauf ist es so weit: Die Kommission entsteigt einem großen signalgelben Gefährt – vierzehn Damen und Herren inklusive Kommissionsleiter sowie einer Fotografin zur Fachdokumentation. Zweier- oder Dreierteams beurteilen je einen der vier Fachwertungsbereiche. Erstens: Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen zur Verbesserung der Infrastruktur/ Zusammenspiel lokaler Akteure. Zweitens: soziales Engagement, kulturelle, sportliche und generationenübergreifende Aktivitäten, Bewahrung von Tradition und Brauchtum. Drittens: Baukultur, Siedlungsentwicklung und Flächenverbrauch. Viertens: Gartenkultur, Grüngestaltung, das Dorf in der Landschaft, Anpassung an den Klimawandel.
Ein weiteres Duo nimmt die sogenannte Querschnittsbewertung vor, im Hinblick auf bürgerliches Engagement und Bewahrung des dörflichen Charakters, inklusive Gesamteindruck und Präsentation.
Nach einer kurzen launigen Vorstellung der Jury-Mitglieder sind die Wettbewerbsakteure an der Reihe. Unter ihnen Biberachs Bürgermeister Jonas Breig. Als „Externe“ mit von der Partie ist Stadtplanerin Kerstin Stern, die Biberach mit seinem Ortsteil Prinzbach seit vielen Jahren begleitet und die – wie alle anderen auch – der Kommission jederzeit für Fragen zur Verfügung steht.
Dem Runde ebenfalls angeschlossen haben sich zwei für den Wettbewerb als Berater zuständige Mitarbeiter des Landratsamtes: zum einen Hansjörg Haas von der Beratungsstelle für Obst- und Landbau, zum anderen Evelyn Bruch. Die stellvertretende Leiterin des Dezernats „Ländlicher Raum“ kam zudem in Vertretung des terminlich verhinderten Landrats Thorsten Erny.
Ganzheitliche Entwicklung anvisiert
„Für uns – für den Ortenaukreis – ist der Wettbewerb ganz wichtig“, hob Bruch vor dem Hintergrund der langjährigen Erfahrungen mit dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ hervor. Zeigen diese doch, dass die Teilnahme ein besonderes Gemeinschaftserlebnis für den ganzen Ort bedeutet und nachhaltige Entwicklungen in Gang setzen kann – unabhängig von der letztendlich erreichten Platzierung.
Bei „Unser Dorf hat Zukunft“ handelt es sich um eine in den Jahren 2024 bis 2026 zum 28. Mal durchgeführte Landesinitiative, bei der die ganzheitliche Entwicklung der ländlichen Gemeinden im Vordergrund steht. Der derzeit ausgetragene Landesentscheid steht unter der Federführung des Ministeriums für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg.
Nach der Begrüßung lud Peter Neumaier, Inhaber des Gasthofs Kreuz, zu einem Besuch in den 1743 erbauten Weinkeller ein. Während er die Geschichte des Anwesens schilderte, konnte sich die Kommission in dem stimmungsvoll hergerichteten Ambiente an leckeren „Versucherle“ und Getränken laben. Kurz jedoch nur. Denn unauffällig im Hintergrund sorgte der „Urprinzbacher“ Raimund Fritsch dafür, dass der meisterlich ausgearbeitete Zeitplan ohne Hektik eingehalten wurde, teils zu Fuß, teils im von „Opa Erwin“ freudig gelenkten Bus.
Letzterer ermöglichte der Jury unter anderem Einblicke in Prinzbachs Außenbereich, mit wunderschönen Blicken hinunter ins Tal und auf das in Streubebauung entstandene Dorf mit seiner – abgesehen vom Dorfkern – noch heute lockeren Bauweise.
Meisterlicher Zeitplan ohne Hektik
Die Vorstellung größerer Bauvorhaben erfolgte mithilfe großer Stelltafeln auf dem Hof von Rita und Rolf Vitt. In dem hiesigen Bauerngarten mit seinem 200 Jahre alten Gartenboden erfuhr die Bewertungskommission unter anderem einiges über den in der Region typischen Eindachhof, über die Landfrauen, das Obstbrennen.
Weitere Halte- beziehungsweise Einkehrpunkte waren der Badische Hof, in der ehemaligen Schule informierte Sonja Himmelsbach zur Jugendarbeit des Musikvereins, Ludwig Müller stellte die St. Mauritius-Kirche samt deren Chor vor, Pamela Beschnidt die zu Infos führenden QR-Codes
bei Prinzbachs Sehenswürdigkeiten, Martin Obergföll die schottenberockten Prinzbach-Highlanders und die Highland-Games, Frank Becherer die örtliche Feuerwehrabteilung, und vom nebenanliegenden Rathaus ging es zur alten Stadtmauer mit dem Landfrauengarten.
Jede Wegstrecke wurde clever zum anschaulichen Informieren genutzt. Auf den Fußmärschen durchs Dorf hatte Ortsvorsteher Beck stets ein Mikrofon dabei, ein solches kam auch im Bus zum Einsatz. Hier erfuhr die Kommission beispielsweise von Josef Dorner Interessantes zum Prinzbacher Forstbetrieb, von Josef Schöner zu Jagd und Artenvielfalt, von Simon Schmidt zur hiesigen Landwirtschaft und zum DJK-Fußballverein, von Mathilda Schmidt zu dessen Jugendarbeit, von Alexandra Stöhr zum Artenschutz. So konnten die vielen Facetten Prinzbachs und seine wichtigsten Projekte zumindest in den Grundzügen veranschaulicht werden.
Kreative Ideen
Hinzu kamen unterhaltsame Überraschungsmomente wie Schauschmieden, Leierkastenklänge, Drummer-Trio, Alpakas vom Bechererhof, Klaus Becks Posauneneinlage von der Kirchenempore. Selbst ein kurzer Regenschauer konnte die gute Stimmung nicht trüben, für diesen Fall hatte man mit im Bus bereitgehaltenen und rasch verteilten Schirmen vorgesorgt.
Zwischendurch waren immer wieder Reaktionen von Jurymitgliedern zu hören. „Ich bin total beeindruckt“ hieß es da, oder „alles wunderbar erläutert, das muss man wirklich sagen“, oder „das war sehr schön, informativ und auch witzig, ich drücke Ihnen die Daumen.“ In der Vesperhütte des Romanhofs fand die Dorfvorstellung ihren punktgenauen Abschluss – mit einer viertelstündigen Fragerunde seitens der Jury, bei der Ortsvorsteher Klaus Beck noch einmal kräftig gefordert war.
Ergebnis schon nächste Woche?
Das an alle Teilnehmer gerichtete Fazit des Kommissionsleiters Norbert Ferch: „Es ist sehr eindrücklich, wie die kommunale Gemeinschaft bei Ihnen zusammensteht und mit welchem Ehrgeiz und Elan Sie Ihre Konzepte präsentieren. Schon alleine dadurch, dass Sie in den Landeswettbewerb gekommen sind, sind Sie Sieger. Vielen Dank, machen Sie weiter so, auch bei der Fortentwicklung Ihrer Jugend. Sie haben viel, worauf Sie stolz sein können.“ Zudem betonte er, dass die Jury es sich mit ihren Entscheidungen wahrlich nicht leicht mache. Gemäß Planung soll das Ergebnis im Laufe der kommenden Woche vorliegen.











