Am 7. September feierte Erika Sieber ihren 80. Geburtstag. Die Jubilarin ist vielen alteingesessenen Harmersbachtalern als ehemalige Wirtin des »Schwarzwaldstüble« in Neuhausen bekannt.
Am gestrigen Dienstag überbrachte Bürgermeister Günter Pfundstein dem bestens aufgelegten Geburtstagskind die Grüße der Stadt. Nicht nur am, sondern seit Freitag wurde nämlich gefeiert. Erst der runde Geburtstag, dann die Hochzeit ihrer Tochter Sandra. Beim Sprechen über ihr Leben war Erika Sieber ein kleines bisschen selbst erstaunt: »So schnell gehen 80 Jahre rum.« Ein Fakt, der sich auch in einem mit Informationen vollbepackten Bildband zeigt, den sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. Auch heute lässt sie keine Langeweile aufkommen, ist noch oft auf »Tournee«, wie sie es humorvoll nennt, wenn sie zu einer ihrer zahlreichen Reisen aufbricht. Ziel sind ihre Lieben oder Orte, an denen es sich schön »wellnessen« lässt.
Deutsch-deutsche Geschichte
Erika Sieber, geborene von Jagow, kam am 7. September 1939 in Schleswig-Holstein auf die Welt. Sie war das älteste von vier Geschwistern. Die Familie zog es von dort zunächst nach Dresden, der Heimat des Vaters. Als die Umstände nach dem Krieg im Osten immer unzulänglicher wurden, entschloss sich die Familie 1953 in den Westen zu ziehen. Über das Notaufnahmelager Marienfelde in Berlin erfolgte die Ausreise nach Westdeutschland. Das Rheinland wurde die neue Heimat der Familie, auch wenn sich der Vater zu einer Rückkehr in den Osten entschloss und die Jungen zunächst mitnahm. Sie sind später zurück ins Rheinland gekommen. Bruder Dieter und Schwester Regine leben immer noch dort. Bruder Hagen ist leider früh verstorben.
Erika wählte nach der Schule eine Ausbildung in der Gastronomie – eine Berufswahl, die ihr Leben prägen sollte. Sie sagt von sich: »Ich bin ein Wandervogel.« Eine Neigung, der man in diesem Berufsfeld vortrefflich nachkommen kann. In so gut wie allen Positionen hat sie gearbeitet. Schlussendlich hat sie in der Küche ihr Reich gefunden.
Von der Nordsee bis zu den Alpen
Eine erste Station führte sie ins damals noch so gut wie unbekannte Sylt, wo sie als Hausmädchen in einem Hotel angefangen und sich Stufe für Stufe emporgearbeitet hatte. »Zum Saisonschluss wurde weitergewandert«, erinnert sich die Jubilarin an die alten Zeiten. Sie habe ihr Köfferchen gepackt und sei weitergezogen. Der Kontrast hätte nicht größer sein können, denn von der damals noch beschaulichen Nordsee-Insel verschlug es sie nach Oberammergau, ins Schlosshotel Linderhof. Das paradiesische Schloss von König Ludwig II nur wenige hundert Meter entfernt, war das Hotel Anlaufpunkt für unzählige Busreisende – Großgastronomie vor imposantem Bergpanorama, ganz anders als auf Sylt.
1962 kam sie in den Schwarzwald nach Triberg. Das Hotel überm Wasserfall war dort nicht nur ihr Arbeitgeber. Die Hoteliers nahmen sie herzlich auf und es entwickelte sich ein familiäres Verhältnis. 13 Jahre ist sie dort als Allround-Kraft geblieben. In Triberg hat Erika auch ihren späteren Mann kennengelernt. »Heiraten wollte ich eigentlich nie«, schmunzelt Erika heute. Sie ehelichte Eberhard Sieber, den Zimmermann ihres Herzens, erst mit dem zweiten Kind. 1969 wurde Sohn Carsten, 1971 Tochter Sandra geboren. Carsten lebt heute in Triberg mit Frau und Zwillingskindern und hat eine Versicherungsagentur. Erika, die, die Küche zu ihrem Reich erkoren hatte, hat offensichtlich ihre Leidenschaften an ihre Tochter Sandra weitervererbt. Diese ist „ausgeflogen“ und betreibt in Berlin ein erfolgreiches Catering-Unternehmen.
Gastronomen mit Herz und Seele
1974 wagte sie mit ihrem Mann den Schritt in die Selbstständigkeit. Das »Rössle« in Pfaffenweiler war die erste Station. 1979 dann der Wechsel nach Zell-Neuhausen, wo das »Schwarzwaldstüble« eine neue Wirtsfamilie suchte. »Es war mein Traum – Liebe auf den ersten Blick«, schwärmt Erika Sieber noch heute. Als der Pachtvertrag ausgelaufen war, entschloss sich das Paar 1984 wieder nach Triberg zu gehen. Viele Stammgäste kamen mit. 2003 ging‘s dann wieder ins Tal, denn es zeichnete sich ab, dass keines der Kinder den Betrieb übernehmen würde. Zudem wurde bei Erikas Ehemann Eberhard Muskelschwund diagnostiziert – es war ungewiss, wie es weitergehen würde. 2005 fanden sie eine schöne Wohnung »Am Park«. Dort hat Erika ihren Mann acht Jahre zu Hause gepflegt. Nur in den allerletzten Monaten, bevor er 2013 seiner schweren Krankheit erlag, war er im Pflegeheim.
»Es war harte Arbeit, aber schöne Arbeit«, denkt Erika Sieber an ihr berufliches Leben zurück. Auf sich aufpassen, Kontakte pflegen und der Reiselust nachgeben – nach diesem Motto lebt die Jubilarin ihr Leben heute.
Die »Schwarzwälder Post« schließt sich den Gratulanten an und wünscht Erika Sieber zum 80. Wiegenfest alles Gute.





