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Zell am Harmersbach | 9.07.2025

Von schlichter Schönheit

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Nadia Birkenstock wandelte mit der keltischen Harfe auf den Spuren keltischer Musiktradition, wie sie heute noch in Wales, Schottland und Irland gepflegt wird. Foto: Hansjörg Wörner
von Hansjörg Wörner

Die Harfenistin Nadia Birkenstock gastierte bei der „Sommermusik“.

Foto: Hansjörg Wörner
Pfarrgemeinderätin Waltraud Baumann (links) überreichte der Harfenistin die traditionelle weiße Rose.

Es war ein außergewöhnlicher „Ausflug“, auf den Nadia Birkenstock ihr Publikum bei der 3. „Sommermusik“ in der Evangelischen Kirche mitnahm: „A Trip to the Islands“ wandelte auf den Spuren keltischer Musiktradition, wie sie heute noch in Wales, Schottland und Irland gepflegt wird.

Im Zentrum des musikalischen Geschehens stand die keltische Harfe, die der Virtuose Turlough O’Carolan im 18. Jahrhundert populär machte. Da liegt es nahe, dass Nadia Birkenstock das Konzert mit dem furiosen „Fanny Powers“ eröffnete, eine der rund 200 Werke des irischen Nationalkomponisten O’Carolan.

Mit „The Lady of Golerus“ schöpfte die Solistin aus der keltischen Mythologie. Der Sage nach verliebte sich ein Fischer in eine geheimnisvolle Meerjungfrau; doch das Zusammensein war nur von kurzer Dauer. Zurück blieben der Schmerz über den Verlust, die Trauer und die unstillbare Sehnsucht, die in der sanft-melancholischen Melodie ihren Ausdruck findet. Nadia Birkenstock spielte sie technisch brillant und mit Feingefühl.

Kristallin, präzise im Anschlag und ohne effektheischende Schnörkel erklang auch der „Travel Song“, der von den Eindrücken und Erlebnissen einer abenteuerlichen Reise erzählt. Birkenstocks Art zu singen ist von schlichter Schönheit und ihre deklamatorischen Fähigkeiten sind beachtlich. Individualstil verbindet sich dabei mühelos mit der Folk-Tradition. Am Mittwochabend in der Kirche litt der Sound allerdings, da die Gesangsanlage nicht optimal eingestellt war.

„Marnie Swanson of the Grey Coast“ mäanderte zwischen verträumt-meditativen und munter- beschwingten Melodien und Rhythmen, die zum einen die Schönheiten der schottischen Küstenlandschaft widerspiegeln und zum anderen das ständige Auf und Ab im Leben mit all seinem Wünschen und Hoffen beleuchten. Nadia Birkenstock scheint diese Musik intuitiv zu erfassen und beeindruckte in ihrem Spiel mit einem sinnlichen Harfenton.

Inspiration aus der Natur

Ihre eigenen Kompositionen entstünden oft durch Beobachtungen in der Natur, erzählte die Musikerin. So habe sie ein Zaunkönig, der sich an einem an der Haustür befestigten Kranz zu schaffen machte, zu dem Song „The Wren oft the Wreath“ inspiriert. Birkenstocks ideenreiches und versiertes Saitenspiel hob den Jubelton der Melodie eindrucksvoll hervor. Applaus brandete auf.

In den besten Momenten bilden die Interpretin und ihre keltische Harfe eine beseelte Einheit. Es gelte die Harfe zu „erkunden“, sagte Birkenstock und erwähnte, dass ihr aktuelles Instrument von einem renommierten Harfenbauer aus
dem Wendland unter Verwendung von Hölzern der Eberesche und des Ahornbaumes gebaut wurde.

Auch der Humor kam nicht zu kurz

Auch beim Komponieren erkunde sie die Harfe, bediene sich der Klangfacetten und nutze die Ausdrucksmöglichkeiten. Diese Vielfalt zeigte sich in der Kirche bei „Der Weg durchs Moor“, dessen Text von einer befreundeten Liedermacherin stammt sowie dem französisch angehauchten „A la Source“ und dem spanisch beeinflussten „Alameda“.

Die Ballade über das tragische Ende einer Beziehung zwischen einem jungen Mann aus Donegal und seiner großen Liebe – „Mary from Dungloe“ – brachte die Interpretin wieder puristisch im Stil der keltischen Folk-Tradition zu Gehör.

Mit „Hanter Dro à cinq Pattes“ gab Nadia Birkenstock eine Kostprobe ihres Humors. Das rasante Stück im Fünfviertel-Takt beruht auf dem bretonischen Tanz „Hanter Dro“. Bei Festveranstaltungen werden die Titel der Tänze oft ironisiert, wie z. B. „à cinq pattes“, also „mit fünf Beinen“. Fraglich, ob man bei dem expressiven und dynamischen Vortrag der Solistin überhaupt das Tanzbein hätte schwingen können.

Nach einem fulminanten Medley populärer Tanzmelodien wie „Red Haired Boy“ und „Harvest Hornpipe“ endete das Konzert noch einmal mit einem musikalischen Augenzwinkern: „I wish I was in England“ besingt den vermeintlichen Seelenschmerz eines verlassenen Geliebten, der die Angebetete sowohl in England als auch auf dem Kontinent sucht, was für einen waschechten Iren schier unmöglich ist. Birkenstocks Harfenspiel setzte Akzente mit dynamischen Akkorden und herrlichem Glissando. Anhaltender, begeisterter Beifall in der Kirche.

Das fröhliche und heitere „Allegrezza“ als Zugabe rundete die 3. „Sommermusik“ wohltuend ab. Pfarrgemeinderätin Waltraud Baumann überreichte der Harfenistin die traditionelle weiße Rose.

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Schlagworte:
Evangelische Kirche Zell am Harmersbach, Zeller Sommermusiken

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