Vor 41 Jahren lebte die Kelly-Family fünf Monate im Harmersbachtal in einem einfachen Leibgedinghaus. Ihr legendärer Doppeldeckerbus, der zuvor in den Straßen Londons Fahrgäste beförderte und dann der neunköpfigen Familie als Zuhause und Fahrzeug diente, streikte und blieb bei Freiburg mit Motorenschaden stehen. Die Kelly-Familie war aus Spanien kommend auf dem Weg in die irische Heimat.


Auf Bitten von Willi Reimling stellte die Offenburger Dreifaltigkeitspfarrei der Familie das einsam an der Straße von Unterharmersbach zum Mühlstein gelegene Ferienhaus St. Lioba im Schottenhöfener Tal zur Verfügung. Es wurde fünf Monate lang, unberührt von der Öffentlichkeit, das Zuhause der Familie. Das SWR-Fernsehen zeichnet die Ereignisse des Jahres 1980 nach. Der Beitrag wird am 3. Oktober 2021 im Abendprogramm ausgestrahlt.
Die schönste Zeit
Diese Woche wurde im Harmersbachtal gedreht. Kathy Kelly, vor 41 Jahren 19 Jahre alt, kommt für den Fernsehbeitrag extra aus dem Westerwald nach Unterharmersbach. Treffpunkt ist das Heimatmuseum Fürstenberger Hof, wo der Filmemacher Roman Teufel in der Stube des Hofes einst die Kelly-Family beim Singen und Musizieren aufnahm. Das Video gibt es heute noch. »Oh, wie klopft mein Herz, endlich wieder daheim,« freut sich Kathy Kelly. »Diese Zeit vor 41 Jahren hier bei den Menschen in diesem wunderbaren Tal kann ich nie vergessen. Sie gehört zu einer meiner schönsten Zeiten im Leben.«
Echte Freundinnen
Dann hält sie inne. Sie sieht ihre damalige Freundin Jutta Pfeiffer, fällt ihr um den Hals und sagt: »Wie schön, dass wir heute wieder wie damals zusammen sein dürfen.« Jutta hat viele Bilder und Zeitungsartikel mitgebracht. Gemeinsam schauen sich beide die Veröffentlichungen aus jener Zeit an und viele Erinnerungen werden geweckt: die Kellys mit ihren Schuhwichse gefärbten schwarzen Gesichtern am Zeller Fasendsumzug, beim Schlitten- und Skifahren, beim Wandern in den Wäldern. Oft fuhr Jutta Pfeiffer, wenn sie in ihrer Lehrstelle, einem Oberkircher Restaurant, frei hatte, mit ihrem Mofa über die Berge zu Kathy ins Schottenhöfer Tal. Sie hatte immer ein Geschenk dabei und am schönsten waren für sie die strahlenden Augen ihrer Freundin.
Bettelarm, aber geborgen
Der Regisseur des 90-minütigen Beitrags Thomas Förster fragt Kathy Kelly, wie sie es empfand, im tiefen Schwarzwald zu leben. Sie lacht: »Obwohl wir damals bettelarm waren, war es für mich eine wunderbare Zeit. Wir wurden von den Eltern unterrichtet, sangen jeden Tag miteinander. Unsere Mutter, Tanzlehrerin, brachte uns Ballettschritte bei und wir fühlten uns so geborgen. Alle waren so nett zu uns. Bauern brachten Lebensmittel, frische Eier, Milch, Brot und Wurst, ohne ihre Hilfe wären wir verhungert. Vater Dan half bei den Bauern und Mutter schneiderte, nähte und strickte für uns Kinder warme Anziehsachen.«
Füße im Bach
Weitere Aufnahmen finden bei diesem Ortstermin im Schottenhöfer Tal beim Haus Lioba statt. Kathy staunt: »Ist das Haus nur so groß? Ich hatte es viel größer in Erinnerung. Das Rauschen des Bächleins höre ich bis heute immer wieder in mir, ich habe es nie vergessen. Ich spüre es, vielleicht war es hier die schönste Zeit meines Lebens.« Zum Abschluss steigen die Freundinnen Jutta und Kathy ins Schottenhöfer Bächle, kühlen die Füße und singen miteinander den weltberühmten Kelly-Song »Danny Boy«. Er stand damals in Deutschland und in den Niederlanden in den Hitparaden monatelang auf Platz 1.
Abschiedskonzert in der Schwarzwaldhalle
Als der Frühling 1981 kam, nahte für die Kelly-Familie, für Kathy und Jutta die Zeit des Abschiedes. Der Doppeldecker-Bus war repariert und ein neues Programm mit vielen deutschen Liedern über den Winter einstudiert worden. Am 3. April 1981 gaben die Kellys in der mit 1.400 Besuchern völlig überfüllten Schwarzwaldhalle ihr Abschiedskonzert. Tosender Jubel brach aus, als Vater Dan verkündete, dass seine Frau Barbara Ann schwanger war und Weihnachten 1981 ein echtes Schwarzwaldkind auf die Welt kommen wird.
Es war Angelo, der am 23. Dezember 1981 in Spanien geboren wurde. Ein schwerer Schicksalsschlag für die Familie folgte: Ein knappes Jahr später, am 10. November 1982, starb Mutter Barbara an einem schweren Krebsleiden. Weil sie Angelo im Leib trug, hatte sie sich geweigert, eine lebensrettende Chemotherapie gegen den Krebs vornehmen zu lassen. Kathy übernahm nun die Mutterrolle, so wie es ihre Mutter gewünscht hatte.
Welt-Karriere
Erst in den 1990er Jahren eroberten die Kellys die Welt. So wie es Vater Dan als Visionär in größter Not und mit felsenfester Gewissheit immer prophezeit hatte: Die Lieder der Kelly-Family werden eines Tages rund um die Welt gehen und die Menschen glücklich machen.