Seit Jahrzehnten ist das Osterkonzert des MGV Liederkranz Unterharmersbach eine gut besuchte Veranstaltung. Nun fällt es schon zum zweiten Mal der Corona-Pandemie zum Opfer. Wir haben den verantwortlichen Vorstand Karl-Michael Kunner und Dirigent Thomas Dreher gefragt, wie es ihnen in der augenblicklichen Situation geht.
Bereits zum zweiten Mal musste aufgrund der Pandemie das Osterkonzert abgesagt werden. Wie fühlt sich das an?
Kunner: Ich komme mir vor wie ein Kapitän auf einem Schiff, das mit seiner Mannschaft ablegen möchte, aber es ist kein Wasser im Fluss. Die MS Männerchor liegt auf dem Trockenen!
Dreher: Es ist leider sehr schmerzlich, dass wir auch in diesem Jahr das Osterkonzert nicht abhalten können. Wenn man die Männer des MGV fragt, sind alle doch sehr betroffen. Auch den CanTanten und den Badewannen-Singers, die das Konzert jeweils musikalisch bereichern, merkt man die Riesenenttäuschung an. Es tut mir ehrlich gesagt in der Seele weh, dass wir unser schönes Hobby nicht ausüben dürfen. Ohne Singen fehlt einfach was. Aber allen kulturellen und sportlichen Vereine ergeht es im Moment ja genauso. Man wird ungeduldig, gleichzeitig bleibt nichts anderes, als diese Situation auszuhalten.
Einige Chöre bieten jetzt Singen über das Internet mit besonderen Softwareprogrammen an. Wäre das auch etwas für Sie?
Dreher: Das kann man sicher bei Chormitgliedern tun, die computertechnisch auf dem Laufenden sind und die keine Schwierigkeiten haben, mit Kopfhörer zu singen und sich alleine am PC aufzunehmen. Dies ist im professionellen Bereich durchaus ein gängiges Instrumentarium. Aber für einen Laienchor sind die IT-Anforderungen sehr groß. Stellen Sie mal Chormitglieder zwei Meter auseinander, die daran gewöhnt sind, sich nebeneinander zu hören. Wir haben es auch bei den Badewannen-Singers andiskutiert, doch so einfach ist das nicht. Es blieb bei einem geselligen Abendmeeting vor dem PC. Die sozialen Bezugspunkte fehlen völlig. Und trotz aller Hilfsmittel: Das Beisammensein, das gemeinsame Singen, die persönlichen Kontakte und nicht zu vergessen das Schwätzchen danach in geselliger Runde bei einem Bier oder Gläschen Wein ist durch nichts zu ersetzen.
Kunner: Durch meinen Beruf habe ich wöchentliche Telefonkonferenzen und Skype ist so normal wie eine E-Mail zu schreiben. Da hätte ich abends wenig Muse, mich in der Freizeit zusätzlich mit diesen Medien zu beschäftigen. Ferner muss für die Menge an Daten, die Musik erzeugt, die nötige Rechenpower zur Verfügung stehen.
Sie durchleben nicht nur als Verantwortliche eines Chores sondern auch persönlich diese musikalische Durststrecke. Was machen Sie dagegen?
Kunner: Ich habe vor Weihnachten und am vergangenen Wochenende jeweils einen sehr persönlichen Brief an meine Sängerkameraden verfasst. An Ostern gab es dazu etwas Süßes fürs Gemüt und einen Tee für die Stimme. Bei runden Geburtstagen stehe ich mit Maske und einem Gutschein vor der Tür und fühle mich wie auf verlorenem Posten, wenngleich alle Beteiligten wissen, dass niemand etwas daran ändern kann.
Dreher: Was die Musik anbetrifft, spiele ich viel Klavier, höre Musik und suche immer wieder neue Noten und Chorsätze für den Männerchor und die Badewannen-Singers. Die Pandemie hatte zumindest einen positiven Aspekt: Ich konnte mein Hobby erweitern. Ein Notationsprogramm ist jetzt mein ständiger Begleiter. Damit habe ich die Möglichkeit, musikalische Ideen, eigene Kompositionen und Arrangements umzusetzen.
Wenn das Singen wieder erlaubt wird: Wie gehen Sie das an, die Sänger wieder frisch zu motivieren.
Dreher: Ich hoffe und glaube, dass man die meisten nicht zu motivieren braucht. Und ganz sicher werden wir nicht gleich mit neuen oder gar schwierigen Stücken beginnen und den Chor dadurch überfordern. Da geht es einfach nur darum, bekanntes Liedgut mit Freude und – das ist das Schönste – gemeinsam zu singen. Da bekomme ich jetzt schon feuchte Augen. Vor allem muss man mit Bedacht mit der Stimme umgehen, denn sie ist sehr lange nicht mehr intensiv beansprucht worden. Gezielte Stimmübungen sind dann erst einmal die wichtigsten Pfeiler.
Kunner: Ich gehe nicht davon aus, dass unsere erste Probe genauso ablaufen wird wie die letzte 2019. Die größte Herausforderung ist meiner Ansicht der geforderte Abstand, auch zwischen den Reihen! Man singt dann eher solistisch und das erfordert eine gewisse Routine.
Zum Abschluss eine letzte Frage: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Chores?
Dreher: Ich wünsche mir, dass wir bald wieder gemeinsam Musik machen können. Ich glaube, das gilt für alle Chöre und musikalische Zusammensetzungen. Doch Gesundheit ist das höchste Gut. Deshalb werde ich »geduldig-ungeduldig« warten. Ich freue mich riesig auf den Moment, wenn ich »meine Buben« in musikalischer Runde wiedersehen kann.
Kunner: Ich wünsche mir, dass alle Sängerinnen und Sänger offen sind, neue Wege zu beschreiten. Sei es in der Probengestaltung oder im Vereinsleben. Ferner wünsche ich, dass unser Publikum uns nicht vergisst. Für seine Treue in all den Jahren möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ohne die Pandemie hätten wir in den zurückliegenden Tagen unsere Haussammlung für die Tombola durchgeführt. Aus diesem Grund möchte ich unseren privaten Unterstützern und den heimischen Unternehmen Danke sagen für ihre langjährige Verbundenheit zum Männerchor.