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Zell-Unterharmersbach | 23.07.2018

THW stellt Behelfsbrücke planmäßig fertig

Am Sonntag wurde das Herzstück der Kurpark-Umfahrung »eingerollt«

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Gleichmäßig muss beim Einrollen gezogen werden, damit kein Unglück passiert. THW-Helfer überwachen deshalb die Arbeiten aufmerksam. Foto: Susanne Vollrath
von Susanne Vollrath

Alles lief nach Plan beim Einrollen der zweiten Behelfsbrücke am Sonntagvormittag. Die Lager waren richtig vorbereitet, die Rollen rollten und auch die Montage im Vorfeld hatte gut geklappt.

Eins, zwo. Eins, zwo. Eins, zwo. Immer und immer wieder wird das Kommando zum Nachlassen der Halteseile gegeben. Die Herausforderung ist es nicht nur die 80 Tonnen schwere Brückenkonstruktion Zentimeter für Zentimeter auf Rollen über den Bach zu ziehen. Es muss auch verhindert werden, dass die Brücke unkontrolliert ins Rollen kommt. Dafür sind an mehreren Punkten dicke Gegenzugseile gespannt, die von Hand Stück für Stück nachgelassen werden. Das Ziehen übernimmt hingegen ein Einsatzfahrzeug mit ordentlich PS unter der Haube. Mit Augenmaß wird überwacht und tatsächlich einmal gestoppt. Die Seile ziehen nicht exakt gleichmäßig. Das muss erst korrigiert werden, bevor es weitergehen kann. Dann endlich kippen die Rolllager. Die Brücke ist am anderen Ufer angekommen. Entspannt sind alle THW-Helfer jedoch erst, als der Brückenbereich, der mit Fahrbahnplatten versehen ist, ebenfalls die vorgesehenen Brückenlager erreicht.

Bereits zuvorhatten die Hilfskräfte einige Podeste unter der Brücke vorbereitet, auf denen später Schwerlastheber positioniert werden. Die Hydraulikstempel drücken bis zu 50 Tonnen nach oben. Mit ihnen wird die Brücke nochmals leicht angehoben, damit die Rolllager entfernt werden können.

ind die Rolllager entfernt, sitzt die Brücke wie berechnet felsenfest auf ihren eigens gegossenen Betonpfeilern.

Vorschubschnabel

In Größe und Länge sei eine Brücke wie diese erstmals seit dem Elbhochwasser 2002 wieder verbaut worden, hatte Bürgermeister Günter Pfundstein vom Regionalstellenleiter des THWs erfahren. Patrick Winterhalter, Brückenbauleiter des Ortsverbands Müllheim, weiß zu ergänzen, dass sogar Brückenteile, die bei ebendiesem Hochwasser eingesetzt worden waren, jetzt in Zell verbaut sind. Eine Brücke in Vorschubmontage zu errichten sei eine hervorragende Übung, ergänzte der THWler. »Sie werden nicht so häufig gebaut, weil es zeitintensiv ist.«

Vorschubmontage – das bedeutet im Vergleich zur Behelfsbrücke an der Wallfahrtskirche jede Menge Mehraufwand. Genauer gesagt: Etwa eineinhalb Tage länger dauert es, eine Brücke wie die für die Kurparkumfahrung per Vorschubmontage zu errichten als im Einhubverfahren.

21 Meter »Vorbauschnabel« müssen in Unterharmers-bach zunächst zusammengeschraubt und dann wieder demontiert werden, wenn die eigentliche Brücke in Endlage sitzt. Das ist beim Brückeneinhub per Lastenkran nicht notwendig. Der Vorbauschnabel hat mehrere Funktionen. Er bildet eine Art Gegengewicht und Ausgleichsmodul, damit das Einrollen auf die Kipprolllager auf dem gegenüberliegenden Ufer reibungslos funktioniert. Außerdem gibt es Momente beim Brückenbau, in denen am hinteren Ende ohne den Vorbauschnabel wesentlich mehr Gewicht liegen würde als an der Spitze – was gar nicht gut für die Statik wäre.

Zeit bis zum Herbst

Etliche der Helferinnen und Helfer aus den weiter entfernten Ortsverbänden hatten ihr Nachtlager über die beiden Wochenenden in den Räumlichkeiten des THW Ortsverbands in Biberach aufgeschlagen. Sie fühlten sich vom Ortsverband und den Baustellen-Anliegern, allen voran der Bäckerei Ochsenmühle, bestens versorgt und waren froh über die Wetterabkühlung. Die Schufterei am heißen Wochenende zuvor, als begonnen wurde viele Tonnen Stahl mit tausenden Schrauben zu einer Brücke zusammenzufügen, war eine wirklich schweißtreibende Angelegenheit.

Jetzt, da die Brücke richtig sitzt, ist das Regierungspräsidium wieder am Zug. Es gilt die Zufahrten zu erstellen. Das ist für den Herbst geplant. Wenn im November dann die Rössle-Brücke abgebrochen wird, wird die Kurpark-Umfahrung aktiviert, die dank des ehrenamtlichen Einsatzes der Hilfskräfte vom THW die Überquerung des Harmersbachs möglich macht.

Info

Rund 80.000 Mitglieder hat das THW insgesamt bundesweit, davon sind 15.000 Jugendliche. Die Fachgruppe Brückenbau ist darauf spezialisiert, kurzfristig Brücken aus vorgefertigten Teilen bis zu einer Länge von bis zu 50 Metern zu errichten. Da ist eine Menge Know-how gefragt. Bei den Müllheimer Brückenbauern engagieren sich unter anderem zwei Bauingenieure, ein Architekt und drei Maschinenbauer ehrenamtlich.

Angekommen: Nur noch ein paar Zentimeter, dann steht der Vorbauschnabel fest auf den Rolllagern. Der Knick im ersten Delta- Element hat konstruktive Gründe.
Mit Elektro- und Hydraulikschraubern und riesigen Maulschlüsseln wurden an den letzten beiden Wochenenden vom THW rund 5.000 Schrauben verbaut.
Bürgermeister Günter Pfundstein und seine Frau informierten sich über den Stand der Arbeiten bei THW Ehrenlandessprecher Walter Nock (von links nach rechts). Am liebsten wären sie dabei gewesen, wenn die Brücke die letzten Meter über den Harmersbach rollt. ­Leider hat es nicht geklappt, denn die Anwesenheit des Stadtoberhaupts war auch beim »Tag der Heimat« erforderlich.
Gleichmäßig muss beim Einrollen gezogen werden, damit kein Unglück passiert. THW-Helfer überwachen deshalb die Arbeiten aufmerksam.
Gleich rollt das »Hinterteil« der Brücke vom letzten Hilfslager, was die Lastenverteilung komplett verändert.
Ortsvorsteher Hans-Peter Wagner (rechts) verfolgt die Bauarbeiten am Sonntagvormittag vom Balkon des Fürstenberger Hofs. Mit Ehrenlandessprecher Walter Nock war ein fachkundiger »Kommentator« vor Ort, der auf viele technische Details aufmerksam macht.
Als Erster durfte Ortsvorsteher Hans-Peter Wagner die Standfestigkeit der Behelfsbrücke testen. Sein Urteil mit erhobenem Sympathie-Daumen für die THW-Helfer: »Die Brücke hält tadellos, selbst bei einem Schwergewicht wie ich es bin.«
Nach 14 Stunden am Samstag und weiteren 14 Stunden am Sonntag hatten es die 33 Helfer der THW-Ortsverbände Biberach, Breisach und Müllheim geschafft: Die Behelfsbrücke über den Harmersbach für die weitere Umfahrung durch den Kurgarten liegt millimetergenau auf ihrem vorgesehenen Platz. Für die Helfer war es bei großer Hitze, Gewitter und höchster Konzentration eine Riesenleistung und ein Rekord. Erstmals wieder seit 15 Jahren wurde eine Brücke mit dieser Länge und Spannbreite montiert.

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Schlagworte:
Behelfsbrücke beim Kurpark Zell Unterharmersbach, L94 – Sanierung Ortsdurchfahrt Unterharmersbach, THW

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