Der 1. Vorsitzende Josef Roth und Hauptmann Marcus Bohnert hatten allen Grund zum Strahlen. Diese Jahresveranstaltung der historischen Bürgerwehr Unterharmersbach in der voll besetzten Schwarzwaldhalle am Vorabend des Dreikönigstages war ein Abend der Spitzenklasse. Schon der Einmarsch der langen Reihe von strammen Bürgerwehrmännern begeisterte. Die flotte Marschmusik der Spielmannszüge von Bad Peterstal und Unterharmersbach riss alle mit und sorgte schon zu Beginn für Riesenbeifall.
Die Bürgerwehr ist hoch angesehen und beliebt, das zeigte sich bei der Begrüßung der vielen Ehrengäste durch den 1. Vorsitzenden Josef Roth: Bürgermeister Günter Pfundstein, Ortsvorsteher Hans-Peter Wagner, Bruder Markus und Bruder Berthold als Vertreter des Kapuzinerklosters, Landeskommandant Hajo Böhm (Villingen), Ehrenkommandant Rudolf Heß (Bretten), Landesobmann der Spielmannszüge, Rudolf Maier (Oberharmersbach), Abordnungen der benachbarten Bürgerwehren, Zell, Oberharmersbach, Gengenbach, Haslach und Wolfach.
Ein richtiger Lustspielkracher
»Cola, Cash und Kaugummi« – Ein richtiger Lustspielkracher mit herrlichem Bühnenspektakel der routinierten Laienspielgruppe »Lampenfieber« begeisterte danach die Gäste. Spielleiter Simon Haas hatte mal wieder voll ins Schwarze getroffen. Dann hieß es Vorhang auf: Auf der Bühne ging es, wie der Titel schon vermuten lässt, ziemlich amerikanisch zu. Das unterstrichen die Darsteller auch damit, dass sie allesamt Kaugummi kauend auftraten. Der Dreiakter bestach aber vor allem durch witzige Dialoge und jede Menge Lokalkolorit. Die nicht ernst gemeinte Rivalität zwischen den Nachbarorten Unterharmersbach und Zell stand im Mittelpunkt des Lustspieles und brachte das Publikum immer zum Lachen und spontanem Klatschen.
Und darum ging es: Die altmodische Dorfkneipe »Zum alten Seewirt« gehörte der Gemeinde Unterharmersbach. Die neue Wirtin Sabine (Anastasia Scheibel) mit ihrem Freund Marco (Andreas Brosamer) und den gemeinsamen Freunden Tommy (Simon Haas) und Karin (Christine Bartenbach) wollten dem angestaubten Anwesen ein neues Image als modernes Bistro verpassen. Das Gelände am See sollte zudem mit Sandstrand, Wasserskianlage und Tauchschule attraktiver werden und Touristen anlocken.
Unterharmersbach muss sauber bleiben
Doch dabei haben sie nicht mit Bürgermeister Anton Knackig gerechnet, der wie ein Dorffürst regierte (hervorragend dargestellt mit einer Superleistung von Alfred Willmann). Zusammen mit seinem etwas trotteligen Stellvertreter Jochen Klemmer (Tobias Schwendemann) war er im Seewirt fast täglich zu Gast, um seine geliebten Weißwürste zu genießen. Seine Devise: Am liebsten alles beim Alten lassen: »Unterharmersbach muss sauber bleiben.«
Als die jungen Leute ihm ihre Visionen und Pläne bei einem Ortstermin vorstellten, unter anderem, dass es künftig statt Weißwürste Spareribs und Chicken-Nuggets gibt, fuhr er gleich aus der Haut. Die jungen Leute waren nämlich aus dem Nachbarort Zell: »Des fehlt noch, dass uns die Zeller sagen, was wir machen sollen.« Seine Entscheidung stand: »Der amerikanische Firlefanz kommt nicht hierher.« Die Wirtin wurde entlassen und der Gemeindearbeiter Peter Schnell (Wolfgang Wälde) übernahm das Lokal als Wirt. Allerdings machte er seinem Namen alles andere als Ehre, lag lieber faul in der Ecke herum, als sich sinnvoll zu beschäftigen. Sobald das Wort »Feierabend« fiel, schreckte er aus dem Schlaf hoch und war hellwach. Ein Running Gag, der sich durch den ganzen Abend zog.
Das Modernisierungsprojekt hatte noch weitere entschiedene Gegnerinnen. Die Vorstandschaft der »Liga zum Erhalt von Anstand und Sitte«, bestehend aus der resoluten Bürgermeistergattin Lieselotte (Elke Breig), der temperamentvollen Frau seines Stellvertreters Klara (Elke Harter), der streng auf Sitte und Moral achtenden Bürgermeisterssekretärin Rosemarie (Manuela Schwarz) und der Gemeinderätin Gisela (Stefanie Vögele), die erfolglos nach einem Mann Ausschau hält. Die Frauen, verulkt als »Schrullenversammlung«, wollten aus der Gastwirtschaft ein Frauen-Begegnungszentrum mit Yoga und Sinnespfad machen.
Rasch ließen sich Ex-Wirtin Sabine und ihre Freunde etwas einfallen. Sie schlüpften in die Rollen des reichen US-Investors Johnny Carter und des Filmsternchens Belinda Cardigan (Christine Bartenbach mit glänzendem Debüt), die die Kneipe und das Gelände als Kulisse für eine 395-teilige Seifenoper-TV-Serie umwandeln wollten.
Unterharmersbach wird als Hombetown »American Superworld«
Sabines Freund Marco mimte einen amerikanischen Filmproduzenten, der das Projekt vorstellte. Die Aussicht auf eine Filmrolle sowie den damit verbundenen Niedergang des ungeliebten Nachbarortes bewegten Knackig rasch dazu, seine Meinung zu ändern: »Da wird mein Bürgermeisterkollege aus dem Nachbarort vor Neid erblassen, ich als Filmstar im Fernsehen auf der ganzen Welt und mein Unterharmersbach wird als Hombetown »American Superworld« größer noch als Disneyworld«. Vor lauter Stolz und Freude trank er Whisky aus dem Schuh und war plötzlich zu allem bereit: »Wir streichen ganz Unterharmersbach neu und die L94 wird Rollbahn für den neuen Hombe-Airport.«
Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Als Tommy (Simon Haas in seiner dritten Rolle nach Freund der Wirtin und Bodyguard von Belinda) als Bordsteinschwalbe auftauchte, den Männern den Kopf verdrehte und sich auch die Anstandsdamen plötzlich in Paradiesvögel verwandelten, geriet die ländliche Idylle endgültig aus den Fugen…
Doch was wäre ein Lustspiel ohne Happy End? Gisela fand endlich ihren Mann, den Gemeindearbeiter Peter Schnell, das Bistro und die Wirtin durften bleiben und auch die Damen von der Anstandsliga waren froh, dass wieder Sitte und Anstand in ihr geliebtes Unterharmersbach eingekehrt sind. Und Bürgermeister Knackig? Auch er ist froh, dass sein Unterharmersbach sauber bleibt und er als Zugeständnis der Wirtin seine Weißwürste weiterhin bekommt.
Langanhaltende Beifallsstürme in der Halle und die Zuschauer in der Halle waren aus dem Häuschen: »So haben wir schon lange nicht mehr gelacht. Toll, wie die Theaterspieler dieses dreistündige Lustspiel wie eine echte Profitruppe in Szene gesetzt haben. Da kann das Fernsehen daheimbleiben.«