Eines der leistungsstärksten Pumpspeicherkraftwerke Europas war das Ziel der Auszubildenden der Firma AAM (ehemals Metaldyne GmbH) am vergangenen Freitag. Das an der Schweizer Grenze liegende Kraftwerk in Wehr bot interessante Einblicke in die immer wichtiger werdende Pumpspeichertechnologie.


Zunächst stand Wissen auf dem Programm: Nach einer freundlichen Begrüßung erzählten zwei Mitarbeiter der Schluchsee AG aus der Geschichte des Kraftwerks und erklärten dessen Funktionsweise. Das Pumpspeicherkraftwerk in Wehr produziert jährlich 1,16 Milliarden Kilowattstunden Strom. Damit können 280.000 Haushalte versorgt werden.
Nach der Präsentation fuhren die Auszubildenden 1,4 Kilometer mit einem Reisebus durch einen Tunnel in den Berg hinein. Dort begann für sie und ihre Ausbilder Paul Decker (Ausbildungsleiter Metall), Simon Kornmayer (Ausbilder Metall) und Jasmin Schwanbeck (Ausbilderin der Industriekaufleute) eine Führung mit sehr interessanten Einblicken.
Erste Stätte: die Maschinenkaverne. Sie bietet mit einer Länge von 219 Metern Platz für vier Turbinen. Die Turbinen werden vom künstlich angelegten Hornbergbecken mit Wasser versorgt. Das Wasser fällt in einen 625 Meter langen Druckschacht, mit fünf Meter Durchmesser, nach unten und trifft mit 63 Bar Druck auf die Turbinen, die damit angetrieben werden und Strom produzieren. Ist zu wenig Strom im Netz, springen die Turbinen innerhalb von 100 Sekunden an. Bei Stromüberschuss wird das Wasser zurück in das Oberbecken gepumpt.
Weiter ging es durch den Sicherheitsraum, welcher im Notfall Schutz für alle Mitarbeiter bietet. Ausgestattet mit einem »Grubentelefon« und genügend Trinkwasser kann im Falle eines Unglücks von hier Hilfe gerufen und auf die eintreffenden Helfer gewartet werden. Dazu kam es während 41 Betriebsjahren glücklicherweise noch nie. Der Ernstfall wird jedoch jedes Jahr geprobt.
Der von zwei Seiten begehbare Raum führte die Besucher weiter in einen Nebenschacht in dem vier Kugelhähne für die jeweils vier Turbinen standen. Hier wird der Druck und die Menge an Wasser reguliert und gesteuert. Der Druckschacht durch den das Wasser aus dem Stausee nach unten fällt war dort offen zu sehen. Mit ohrenbetäubendem Lärm bekamen die Auszubildenden mit, wie einer der Hähne geöffnet wurde. Mit diesem beeindruckenden Moment endete die interessante Führung durch das Pumpspeicherkraftwerk in Wehr.
Nach der Verabschiedung fuhren die Auszubildenden weiter nach Herbolzheim und ließen den Ausflug mit einem guten Essen und einer Partie Bowling ausklingen.
Informationen
Die Pumpspeichertechnologie befindet sich momentan im Wandel. Während sich vor wenigen Jahren ein klarer Tag-Nacht-Zyklus im Stromverbrauch abzeichnete, ist heute rund um die Uhr abrufbarer Strom zur Spannungserhaltung wichtig. Die Kraftwerke der Schluchseewerke nutzen nicht mehr den nächtlichen »überschüssigen« Strom um das Wasser zurück in das Oberbecken zu pumpen, sondern günstigen Strom, wenn dieser an der Strombörse in Leipzig verfügbar ist. Dieser Wandel hin zu wirtschaftlicher Effizienz ändert jedoch nichts an der Wichtigkeit der Pumpspeicherkraftwerke. Bei Netzzusammenbrüchen spielen diese eine wichtige Rolle beim Wiederherstellen der Stromversorgung. Auch für Firmen wie AAM – mit einem jährlichen Stromverbrauch von rund 500.000 Kilowattstunden – sind Werke dieser Art von hoher Wichtigkeit. Wenn eine oder mehrere Pressen eingeschaltet werden ist für einen kurzen Zeitraum mehr Strom von Nöten als normal. Ein Kraftwerk, wie in Wehr, kann die entstandene Lücke im Netz innerhalb von 100 Sekunden wieder schließen. Auch für den Atomausstieg bis 2022 wird die Pumpspeichertechnologie eine wichtige Rolle spielen.