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Zell-Unterentersbach | 10.05.2019

Bieriges Vergnügen

Bierbrauer Andreas Alst hat sich der Kreativität verschrieben – Auch ausländische Bierstile

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Ein kleiner Schaukasten im ’s Biereckle zeigt: Ohne Malz kein Bier. Malz – das sind kurz gekeimte und wieder getrocknete Getreidekörner, der Enzyme wegen. Foto: Inka Kleinke-Bialy
von Inka Kleinke-Bialy

Zur warmen Jahreszeit gehört für manchen ein im Freien genossenes Bier. Will man etwas Besonderes haben, ist man bei Tanja und Andreas Alst genau richtig. Ihr »s’Biereckle« gibt es seit Mai 2018 in Unterentersbachs Biereckstraße: Eine als »sehr ernstes Hobby« betriebene Braumanufaktur.

Foto: Inka Kleinke-Bialy
Zum größten Teil in Eigenarbeit entstanden ist dieser Keller, in dem Andreas und Tanja Alst vor den Gärtanks stehen.
Foto: Inka Kleinke-Bialy
Foto: Inka Kleinke-Bialy
Ein kleiner Schaukasten im ’s Biereckle zeigt: Ohne Malz kein Bier. Malz – das sind kurz gekeimte und wieder getrocknete Getreidekörner, der Enzyme wegen.
Foto: Inka Kleinke-Bialy

Maracuja und Ananas – danach duftet es, als Andreas Alst einen Gärtank im Keller der Biereckstraße öffnet, um prüfend hineinzuschauen. Exotische Früchte? Jawohl! Allerdings nicht etwa, weil diese dem Bieransatz beigemengt worden wären – das widerspräche dem deutschen Reinheitsgebot.

Nein, es ist die verwendete Hopfensorte, die für das unvergleichliche Odeur sorgt. »Je nachdem, wie man den Hopfen einsetzt, hat man im fertigen Bier dann mehr von dem Aroma oder weniger«, erklärt Andreas Alst. Kreativität steht für den gebürtigen Zeller, der seit 1993 im Haus der Großeltern in Unterentersbach wohnt, an erster Stelle. Sie macht für den 35-Jährigen die Faszination der Braukunst aus.

Diese hat der gelernte Brauer und Mälzer 17 Jahre lang in einem Offenburger Unternehmen beruflich ausgeübt. 2016 dann aber wechselte er zu einem Metallverarbeiter in Biberach und widmete sich nebenher dem Umbau des häuslichen Carports: Der wurde unterkellert, hier befinden sich heute vor allem die Gärtanks. Lautstark brummt die Kühlung vor sich hin. »Die frisst wahnsinnig viel Strom«, stöhnt Alst, deswegen will er baldmöglichst eine Photovoltaik-Anlage installieren.

Allround-Könner

Aus dem Carport selbst wurde ein ebenfalls rundum gefliester Raum, in dem Sud- und Maischpfanne Platz gefunden haben. »Extrem viel selbst gemacht« hat Andreas Alst bei den zwei Jahre währenden Bauarbeiten, andernfalls hätte sich das Vorhaben finanziell nicht stemmen lassen.

Auch das Aushängeschild der kleinen Braumanufaktur – der Ausschankwagen – ist in Eigenleistung entstanden. Weil der nun nebenberufliche Brauer auf den direkten Kundenkontakt setzt, baut er – abgesehen vom Verkauf in der Biereckstraße – auf das Aufmerksamkeit erregende Gefährt. Beispielsweise auf Hochzeiten ist er mit ihm unterwegs, ebenso auf Stadt- oder Straßenfesten.

Das motorisierte italienische Dreirad mit der aufklappbaren Ladefläche kaufte der handwerklich offenbar hoch Begabte als ausrangiertes, rostiges Eismobil dem Fantasialand ab und restaurierte die Piaggio Ape von Grund auf eigenhändig.

»Die Nase«

»Ich bin ganz stolz auf ihn«, hakt sich Ehefrau Tanja bei ihrem Mann unter. Als gelernte Industriekauffrau ist die 38-Jährige für Büro und Buchhaltung des nebenberuflichen Kleinstunternehmens zuständig. »Und ich bin hier die Nase«, lacht sie. Will heißen: Sie hat ein besonderes Talent dafür, die jeweiligen Aromen im Bier nicht nur »herausriechen«, sondern zudem auch benennen zu können.

Das eingangs erwähnte Maracuja- und Ananasaroma zum Beispiel: Im Bier schmeckt man es nicht oder kaum, man riecht es nur. »Deshalb soll man ein Bier immer aus dem Glas trinken«, so die zweifache Mutter, »damit man die Nase mitbenutzen und der Geschmack sich dadurch besser entfalten kann.«

Ohne den ehemaligen Lebensgefährten seiner Mutter, der Bierbrauer war, hätte Andreas Alst nicht seinen einstigen Ausbildungsweg eingeschlagen, erzählt er. Hinzu kam jedoch, dass die ihm damals von Berufsberatern vorgeschlagenen Berufe wie Bauzeichner oder technischer Zeichner nicht zusagten. Die naturbezogenen Fächer wie Chemie und Biologie hatten ihm schon in der Schule stets mehr Spaß bereitet, »und das hat natürlich zum Berufsbild des Bierbrauers gepasst, wie Faust aufs Auge.«

Zusammengefasst bedeutet das in seinen Worten: »Man muss hier viel messen und natürlich viel mit Lebensmitteln umgehen – Bier selbst ist ja auch ein Lebensmittel – und man muss die hier ablaufenden Vorgänge wie die alkoholische Gärung verstehen und was im Bier passiert«.

Unendliche Kombinationsmöglichkeiten

Hinzu kommt das besagte Kreative, das dem Bierbrauen zu Eigen ist: »Dadurch, dass man gemeinsam mit Wasser insgesamt vier Rohstoffe hat, die man unendlich kombinieren kann.« Was bei den Malzen anfängt. »Es gibt nicht nur ein Malz, aus dem man ein bestimmtes Pils macht«, zeigt der Unterentersbacher auf einen Schaukasten mit unterschiedlichen Körnern als Ausgangsstoff, »sondern zwanzig bis dreißig verschiedene.« Die alleine schon unterscheiden sich im Geschmack und in der Farbe.

Ein weiterer Rohstoff ist Hopfen, den man mittlerweile nicht nur aus Deutschland – beispielsweise vom Bodensee oder aus Bayern – sondern aus der ganzen Welt beziehen kann. So gibt es »sehr, sehr interessante« Hopfensorten aus Neuseeland, Australien und den USA, die im Unterschied zum traditionellen deutschen Hopfen »ein richtig fruchtiges Aroma in sich tragen.«

Banane, Nelke …

Als vierter Rohstoff schließlich existieren dutzende von Hefestämmen, die man verwenden kann. Wobei die Hefe an sich einer der prägends­ten Geschmacksgeber sei, so Andreas Alst, der auch Lehrgänge für Hobbybrauer durchführt. Untergärige Hefe ist eher geschmacksneutral, sie wird für Lagerbiere – Pils und Export – eingesetzt. Bei obergärigen Bieren hingegen will man das Aroma der Hefe betonen. »Ein Hefeweizen zum Beispiel kann nach Banane oder Nelke schmecken«, erläutert Andreas Alst. Gerade Banane sei sehr beliebt, »wenn man die Hefe bei bestimmten Temperaturen gären lässt, entstehen mehr oder weniger ihrer aromagebenden Gärungsprodukte.«

Betrachtet man alle Variablen, so habe man einen Riesenspielraum an verschiedenen Bieren und »Geschmäckern«, unterstreicht der Experte, der auch gerne mit internationalen Braustilen experimentiert: »Unser belgisches Weißbier im letzten Frühjahr – das Wit – das war sofort verkauft.« Denn im Unterschied zum hiesigen Weizen ist es leicht und bläht überdies nicht.

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