Ein Datum zieht sich durch das Leben der Familie Görtz

Am 19. November 1975 heirateten Heinrich und Ljuba Görtz in Sibirien, am 19. November 1993 kamen sie in Deutschland an, am Mittwoch feierten sie in Zell ihre Goldene Hochzeit.

Sie gehen täglich spazieren. Im Garten ziehen sie Obst und Gemüse, im Wald suchen sie Pilze und Kräuter. Heinrich Görtz fährt gerne zum Angeln ins Elsass. Wenn er heimkommt, fragt Ljuba jedes Mal: „Hast du was gefangen?“ Er sagt nein. Sie sagt: „Gottseidank.“ Beide lachen. So läuft das seit vielen Jahren.

„Wir heiraten am Mittwoch“

Kennengelernt haben sie sich als Kinder in Altai, Sibirien. Sie wohnten in derselben Straße, gingen dieselben Wege. Heinrichs Familie gehörte zur Gruppe der Russlanddeutschen, die der Krieg nach Sibirien verschlagen hatte.

Irgendwann verloren sie sich aus den Augen – bis sie sich als junge Erwachsene bei einem Tanz wiedersahen. Ljuba fragte: „Bist du Heinrich? Kannst du mich nach Hause bringen?“ Er brachte sie. Schon wenig später wurde geheiratet. Am 19. November 1975 gaben sie sich im Standesamt in Barnaul am Ob das Ja-Wort. Die Feier war klein – Eltern, Trauzeugen, ein paar Freunde. Mehr brauchte es damals nicht.

Der Westen ruft

Ljuba (Jahrgang 1955) studierte Biologie und Chemie, arbeitete im Forschungsinstitut, später als Lehrerin. Heinrich (Jahrgang 1952) wurde Ingenieur für landwirtschaftliche Technik und leitete ein großes Team. Drei Kinder kamen zur Welt.

Dann der Umbruch. In den frühen 1990er Jahren änderte sich viel. Die Sowjetunion zerfiel, Grenzen öffneten sich. Für Russlanddeutsche bedeutete das die Chance zur Rückkehr. Ljuba wollte erst sehen, wie Deutschland ist. Heinrich erfüllte ihr den Wunsch. Als sie nach Sibirien zurückkamen, stand für beide fest: Wenn eine Einladung kommt, gehen wir.

Zwei Jahre später kam sie. In der Nacht ihrer Abreise zeigte das Thermometer minus 33 Grad. Als sie in Deutschland ankamen, schneite es ebenfalls. Und es war wieder der 19. November – ihr Hochzeitstag.

Ankommen im Schwarzwald

Nach wenigen Tagen in der Aufnahmestelle in Hamm zogen sie nach Zell am Harmersbach. Hier wuchs, was ihnen wichtig war: Familie, Nähe, Alltag. Ein Kind wohnt heute im selben Haus, eins in Biberach, eins in Schuttern. Die Wege sind kurz – jedenfalls verglichen mit Kanada und Russland, wo einige andere Verwandte leben. „Unsere Familie ist überall verstreut“, sagt Ljuba. „Ich will, dass meine Kinder hierbleiben.“ Noch heute telefonieren sie regelmäßig mit der alten Heimat. Ob sie Sibirien und die Menschen vermissen? Ljuba sagt: „Die Seele ist geteilt.“

Arbeit, Sprache, Wurzeln

Ljuba Görtz begann gleich nach ihrem Sprachkurs im Seniorenzentrum St. Gallus zu arbeiten. Am Anfang halfen Gesten und geduldige Kolleginnen. Sie blieb fast drei Jahrzehnte. Später arbeiteten auch ihre beiden Töchter dort. „Familienbetrieb“, sagt sie und lächelt. Heinrich Görtz fand zunächst Arbeit bei Hukla und war später bis zur Rente bei Metallbau Riehle.

Den kompletten Bericht finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.