Im Zeller Kloster sprach Bruder Andreas Murk über gesellschaftliche Spaltung und den Umgang damit aus franziskanischer Perspektive. Eingeladen hatten die Franziskaner-Minoriten. Anlass war sein neues Buch „Franziskanisch all inclusive“.
Bruder Andreas Murk ist Franziskaner-Minorit und lebt im Kloster Schwarzenberg. Als Provinzialminister trägt er Verantwortung für die Brüder seines Ordens in Deutschland. Zudem ist er Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz und Herausgeber der Zeitschriften „Franziskus“ und „Sendbote des hl. Antonius“. In Zell stellte er sein neues Buch vor, das sich mit den gesellschaftlichen Phänomenen Polemik, Spaltung und Polarisierung beschäftigt. Im Mittelpunkt des Vortrags stand die Frage, ob die Gesellschaft auseinanderdriftet. Murk beleuchtete das Thema anhand biblischer Texte und franziskanischer Spiritualität. Dabei versuchte er, Wege zu einem versöhnten Miteinander aufzuzeigen – inspiriert von Franz von Assisi.
Streit im Alltag – vom Kleinen ins Große
Zu Beginn schilderte Murk Alltagssituationen, in denen Streit entsteht – etwa in Familien während der Corona-Pandemie. Die Krise habe zu einer gesellschaftlichen Spaltung geführt, so Murk. Auch in den Medien habe sich die Polarisierung verstärkt. Er stützte seine Beobachtungen auf wissenschaftliche Studien.
Ein Beispiel für politische Polemik sei der US-Präsident Donald Trump. Dieser beanspruche, für das ganze Volk zu sprechen, vertrete jedoch nur einen Teil. Durch wiederholte Spitznamen wie „Sleepy Joe“ für Joe Biden präge sich ein Bild ein, das irgendwann geglaubt werde. Für Deutschland nannte Murk den Bundestag: Die Zahl der Ordnungsrufe – vor allem gegen Abgeordnete der AfD – habe stark zugenommen.
Ein differenzierter Blick
Ist die Gesellschaft gespalten? In den USA gebe es klare Lager – Demokraten und Republikaner. In Deutschland hingegen lasse sich keine so deutliche Trennlinie ziehen. Die Polarisierung verlaufe weniger eindeutig, sagte Murk.
Franziskus als Vorbild für Versöhnung
Was würde Franz von Assisi dazu sagen? Murk beschreibt ihn als Friedensstifter, der Einigkeit fördert. Doch auch der franziskanische Orden sei nicht frei von Konflikten gewesen. In den vergangenen 800 Jahren habe er sich in verschiedene Zweige aufgeteilt – Franziskaner, Kapuziner und Franziskaner-Minoriten. Franziskus selbst brach mit seinem Vater und orientierte sich an Jesus. Für Murk ist das ein Beispiel für die Kraft, sich neu auszurichten. „In schweren Zeiten lenke ich meinen Blick auf etwas Gutes, versöhne mich mit meiner Geschichte.“ Diese Haltung sei Kern der franziskanischen Spiritualität: immer wieder neu anfangen, Geduld und Gelassenheit üben. „Das franziskanische Ideal ist kein Selbstläufer“, betonte Murk – es erfordere Einsatz und tägliche Praxis.
Nach rund einer Stunde endete der Vortrag. Pater Christoph vom Zeller Kloster dankte Bruder Andreas für seine Ausführungen: „Wir erleben ihn als jemanden, der immer eine Lösung hat.“ Die anschließende Diskussionsrunde wurde von den Gästen rege genutzt.