Die Gesellschaft braucht Ehrenamtliche

Besuch der Grünen Bundestagskandidatin Ann-Margret Amui-Vedel im Zeichen des Ehrenamtes.

Am Tag 32 ihrer Tour durch den Wahlkreis Offenburg machte die Grüne Bundestagskandidatin Ann-Margret Amui-Vedel Station in Zell am Harmersbach.

Ihr zentrales Thema: wie kann die Wertschätzung für ehrenamtlich Tätige verbessert werden? Dazu führte sie Gespräche in der Sozialstation, im Rundofen und mit Bürgermeister Pfundstein. Abgerundet wurde der Besuch mit einem Ortsspaziergang.

Einzige Kandidatin, die die Sozialstation besucht

Der 1. Vorsitzende des Vereins Sozialstation St. Raphael e.V., Bürgermeister a. D. Herbert Vollmer bedankte sich bei Ann-Margret Amui-Vedel für den Besuch mit den Worten: „Sie sind die bisher einzige Kandidatin aus dem Wahlkreis, die uns besucht“.

Frau Amui-Vedel wollte bei ihrer Ortenau-Tour die Vielfalt des Wahlkreises kennenlernen; dazu gehörten selbstverständlich auch die Pflegeeinrichtungen, die auf Ehrenamtler angewiesen sind. Als Feuerwehrfrau selbst ehrenamtlich engagiert, sei es ihr ein Anliegen, diese bei ihren Tätigkeiten nicht alleine zu lassen. Immer mehr Bereiche des gesellschaftlichen Lebens könnten nur dank dieses Einsatzes aufrechterhalten werden. Durch die Verbreiterung der Aufgaben würde die Personaldecke in den traditionellen Organisationen immer dünner. Daher müsse zuerst die Wertschätzung von Ehrenamtlern erhöht werden. Zusätzliche Vergünstigungen wie eine Ehrenamtskarte, die in Baden-Württemberg in einigen Pilotregionen bereits erprobt und im grünen Wahlprogramm vorgeschlagen wird, oder Rentenpunkte könnten ergänzend hinzukommen.

Geschäftsführer Michael Schlosser sprach den Personalmangel in der Pflege an. Es fehlen ca. 100.000 Pflegekräfte. Diese Lücke müsse man schließen, indem man sowohl Fachkräfte aus dem Ausland anwirbt als auch sog. „Stille Reserven“ in Deutschland anzapft. Im St. Gallus-Heim hätten 70% der Mitarbeiter einen Migrationshintergrund. Man dürfe jedoch auch nicht die Länder, die Fachkräfte selbst dringend bräuchten, ausbluten lassen. Weiterhin seien bürokratische Hindernisse mit Arbeitsgenehmigungen und ähnlichem zu beseitigen.

Ann-Margret Amui-Vedel stimmte dem zu. Im Inland beziffere man die Zahl von Müttern, die gern mehr arbeiten würden, auf ca 800.000. Dazu kämen Ältere zwischen 60 und 64 Jahren, die nicht mehr eingestellt werden sowie Menschen mit Einschränkungen. Wir müssten in Deutschland dieser „Stillen Reserve“ die Möglichkeit geben, sich am Arbeitsleben zu beteiligen. Schlosser und Amui-Vedel waren sich einig, dass dies vor allem Fort- und Weiterbildung, insbesondere beim digitalen Arbeiten, erfordere.

Ehrenamt in der Kultur- und Jugendarbeit: häufig übersehen

Anschließend traf Amui-Vedel im Rundofen auf Vertreter von Vereinen, die sich im kulturellen Bereich engagieren. Auch diese beklagten die Ausdünnung der Aktiven. Amui-Vedel unterstrich, dass die kulturelle Attraktivität gerade von kleineren und mittelgroßen Kommunen vom Engagement der Ehrenamtler abhängt. Es gebe eine Verbindung von grüner Stadtentwicklung und hoher Aufenthaltsqualität mit attraktiven kulturellen Angeboten. Dabei werde das Ehrenamt in Kultureinrichtungen häufig nicht genug wertgeschätzt. Unter den Gesprächsteilnehmern gab es große Übereinstimmung in dem Wunsch, Ehrenamtler auch von seiten der Verwaltungen stärker zu unterstützen, z.B. durch Einrichtung von sog. „Vereinskümmerern“, die auf der Ebene der Kreise oder Verwaltungsgemeinschaften eingerichtet werden könnten. Die Arbeit in den Vereinen werde immer komplizierter, was Interessierte abschrecke.

Bürgermeister sieht Gemeinden in der Zwickmühle zwischen Anspruchsdenken und Finanzierungslücken

Im abschließenden Gespräch mit Bürgermeister Günter Pfundstein wurde das Thema „Ehrenamt“ fortgesetzt. Amui-Vedel sah in den Ehrenamtlern die „Macher“ in einer Gemeinde, diejenigen, die anpacken und eine Gemeinde nach vorn bringen. Sie regte an über einen „Ehrenamtstag“ nachzudenken, bei dem sich die Vereine vorstellen könnten. Bürgermeister Pfundstein stimmte dem Lob für die Ehrenamtler voll und ganz zu: in Zell gebe es fast 100 Vereine, die wesentlich für ein gutes soziales Miteinander seien und von ihrem Einsatz lebten.

Was die aktuellen Probleme der Kommune angeht, schilderte er anhand des konkreten Beispiels der „Trinkwassereinzugsgebiete-Verordnung“ die zunehmend als Bremsklotz wirkende Bürokratie. Hinzu kämen neue städtische Aufgaben wie z.B. die Wärmeplanung. Dies sei Ausfluss eines gestiegenen Anspruchsdenkens, das vor allem seit den Corona-Zeiten davon ausgehe, dass der Staat alles irgendwie erstatten werde. Gleichzeitig nähmen die finanziellen Spielräume der Stadt rapide ab, was vor allem an den gestiegenen Personalkosten und den sinkenden Steuereinnahmen liege.

Pfundstein wies auf der anderen Seite auf erfolgreiche Projekte der letzten Jahre hin, wie die Rathaussanierung oder die Hauptstraße in Unterharmersbach. Als nächstes stehe die Weiternutzung des Keramikareals an. Hier habe man viele Ideen, die im Rahmen der Bürgerbeteiligung entstanden seien und jetzt ausgelotet würden. Dauerthema in Zell sei die Erarbeitung und Umsetzung eines tragfähigen Verkehrskonzepts, wozu schon Vorarbeiten geleistet worden seien.

Mit einem Ortsspaziergang durch die Turm- und Grabenstraße über den Kanzleiplatz hinweg beschloss Amui-Vedel ihren Besuch in Zell.

Letzte Station vor der Wahl: Oberharmersbach

Am Donnerstag, 20. Februar wird sie zum letzten Mal vor der Wahl ins Harmersbachtal kommen. Von 16.00 Uhr bis 17.00 Uhr steht sie am Rathaus Oberharmersbach für Gespräche zur Verfügung.