„Wir wollen die komplette Geschichte der Zeller Keramik in unterschiedlichen Zeiten darstellen – unabhängig davon, ob es sich um Steingut- oder Porzellanproduktion handelt“. So fasst Albert Braun das Ansinnen des Fördervereins Rundofen zusammen, der vom 14. Oktober an vier Wochen lang eine Themenausstellung unter der Überschrift „Keramik aus Zell – in aller Welt zuhause“ zeigen wird. „Im Prinzip von Anfang an – also von 1794 – bis heute.“
Im Rundofen wird diese Sonderausstellung zu sehen sein, auf drei Ebenen verteilt. Organisiert wird sie von den Freunden des Rundofens gemeinsam mit dem Historischen Zeller Ortsverein sowie der Stadt Zell – um die Ausstellungseröffnung kümmert sich das Stadtmarketing.
Albert Braun ist gelernter Keramiker und bildet mit Fritz Riehle das Expertenduo, das im Rundofenverein für die Ausstellung verantwortlich zeichnet. Fritz Riehle wiederum, Professor der Physik (im Ruhestand), lebt in Braunschweig, stammt aber aus Unterharmersbach und begann vor über 30 Jahren Dekor-Fliesen sowie Motivteller der Zeller Keramik zu sammeln. Sein aus Böhmen ausgewanderter Großvater arbeitete als Porzellanmaler in der Zeller Keramikfabrik, wo auch Albert Braun einst seine Ausbildung abschloss, bevor er zu anderen Betrieben weiterzog.
Bei Duravit in Hornberg blieb er der Keramikbranche treu und der Zeller Keramik emotional verbunden. „Ich habe immer gehofft, dass dieser Rundofen nie zusammenfällt, bis ich in Rente gehe und mich da ein bisschen einbringen kann“, lacht der gebürtige Zeller mit einer reichlichen Portion Ernst.
Bislang Verborgenes
Zwar gibt es im Keller des sanierten Rundofenkomplexes eine Dauerausstellung, „in deren acht Vitrinen ist aber ausschließlich Porzellan zu sehen“, erläutert Albert Braun, „vor dem Hintergrund, dass in diesem dreistöckigen Industrie-Ofen früher eigentlich nur Porzellan gebrannt wurde.“
„Die Zeller haben unwahrscheinliche Sachen produziert, die die meisten gar nicht kennen“, begeistert sich der Ruheständler. Gemeinhin reduziere man die Zeller Keramikfabrik in erster Linie auf „Hahn und Henne“ und weiter auf das Dekor „Favorit“ oder „Alt Straßburg“, sowie auf die neueren Dekore. „Aber das andere ist bisher im Verborgenen geblieben.“
Dies soll nun eine erste Themenausstellung ändern. „Fritz Riehle ist für die Inhalte verantwortlich und meine Arbeit besteht zu einem großen Teil darin, unter dem Dach in der alten Kanzlei die entsprechenden Teile zu suchen und zu finden“, erzählt der Ehrenamtler. Circa 9000 Einzelteile sind hier eingelagert.
Dieser städtische Fundus wurde dereinst fotografiert und handschriftlich archiviert, „das hat der Rundofenverein jetzt in einen Excel-File gebracht, damit das Suchen einfacher ist.“ Der Zeitaufwand in den Regalen mit ihren fünf bis sechs Etagen sei dennoch gegeben, so Albert Braun, „das wird eine Sisyphosarbeit“. Daher ist er froh, dass sich auf der jüngsten Mitgliederversammlung sofort Helfer gemeldet haben, die ihm zur Hand gehen wollen.
Suche in der Alten Kanzlei
Denn: Unter den genannten 9000 Teilen befinden sich überdies einige, die mehrfach eingelagert sind, oder die einen Riss haben oder angeschlagen sind, „da muss man dann schon genau gucken, was man ausstellen kann.“ Drei bis vier Tage veranschlagt der Mann, dessen Herz für Keramik schlägt, für diese in Kürze anstehende Arbeit in der Alten Kanzlei.
Im Fundus gebe es zwar einerseits Massenware, „doch im Laufe der Zeit sind der Stadt Sammlungen mit hoch interessanten und teils seltenen Stücken gespendet worden“, weiß der Keramikfachmann. Er selbst ist ein Fan von insbesondere Bildertellern. Dem Zeitgeschmack gemäß wurden diese ab 1820 produziert, über nur sehr wenige Jahrzehnte hinweg. „Das ist dann schon ein Highlight, wenn man so was findet.“
Die Herstellung von Bildergeschirr war aufwändig, wurde doch auf die Keramik ein Bildmotiv gedruckt, für das zuvor ein Kupferstecher die Druckplatte stach, das Bild also vertieft in die Platte einbrachte (beispielsweise das ehemalige Untertor mit der Zeller Stadtmauer). Anschließend wurde Farbe auf die Platte gebracht – „damals gab es nur Schwarz oder Blau, und zwar Kobaltblau“. Mit dieser Farbe wurde das Motiv umgekehrt auf Papier gebracht und vom Papier wiederum auf die Keramik gedruckt. Mit großer Ehrfurcht nehme er solche Stücke in die Hand, gesteht der generell Kunstinteressierte, „auch wenn man als Keramiker dabei vielleicht nicht ganz so nervös ist wie ein Laie“, lacht er.
Dem von ihm so bewunderten Bildergeschirr ist in der Sonderausstellung eine Vitrine gewidmet. Jeweils ein eigenes Thema haben auch die anderen Vitrinen, wie „die frühen Jahre – erstes buntes Geschirr aus Zell“; Jugendstil; Art Deco, Bauhaus und Kriegskeramik; Gebrauchs-porzellan; das „gute“ Porzellan; Uhren als „Gesichter der Zeit“ – auch als Mensch- und Tierfiguren; Vasen aus zwei Jahrhunderten; religiöse Kunst im Wallfahrtsort Zell; Steingut in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Beschreibungstexte, sowie teils Preislisten und Verkaufsprospekte werden die Exponate ergänzen.
Bestaunenswerte Leihgaben
Zwei große Vitrinen stellt die Stadt Zell, zehn weitere stellt der Historische Verein Biberach zur Verfügung. „Wir könnten noch viel mehr Platz gebrauchen“, bedauert Albert Braun ob der Fülle möglicher Exponate. Darunter befinden sich Leihgaben von anderen Sammlern. Erst am gestrigen Donnerstag waren Albert Braun und Fritz Riehle bei der Sammlerin Ute Wöhrle, die zur großen Freude der Verantwortlichen bereit ist, sich für die Ausstellung für eine Weile von ihren Schätzen zu trennen.
„Die eine Seite ist, das Geschirr zu definieren und zusammenzustellen – wobei das, was aus dem Fundus der Alten Kanzlei stammt, auch noch gereinigt werden muss“, erläutert Albert Braun. „Die andere Seite ist natürlich die Organisation“, die Vorbereitungen begannen im Juni. Der Ablauf, wann was fertig sein muss, ist bereits „getaktet“. Auch der Plan, wie die Vitrinen in den einzelnen Stockwerken des Rundofens platziert sein sollen, steht.
Zudem ist ein vom Rundofenverein finanziertes Begleitheft in Arbeit. Auf circa 32 Seiten sowie in einer Auflage von 200 Stück soll es zum einen den Besucher informieren, zum anderen die Ausstellung in Auszügen dokumentieren.
Auch über ein mögliches Begleitprogramm zur Ausstellung denkt der Verein nach. Das könnte beispielsweise ein Vortrag von Fritz Riehle sein: „Zeitmessung: Von der Zeller Porzellanuhr zu den Atomuhren für das Navi“ , und die Bestimmung von möglicherweise Zeller Stücken in Privatbesitz, die Besucher „an ein oder zwei Terminen im Rundofen vorbeibringen können.“