Bei einem Besuch im Pflegeheim St. Gallus informierte sich Grünen-Bundestagskandidat Thomas Zawalski (Offenburg) über die Situation in der Altenpflege. Angeschnitten wurden verschiedenste Themen, vom nachlassenden ehrenamtlichen Engagement im Altenheim bis hin zu der neuen Generalistik-Ausbildung.
Obwohl als Unternehmensberater aus dem Bereich der Grundstoffindustrie kommend, zeigte sich Zawalski sehr offen und interessiert an den Problemen der Altenpflege. Als politischer »Quereinsteiger« hat er sich die Themen Wirtschaft und Soziales auf die Fahnen geschrieben.
Heimleiter Michael Schlosser stellte fest, dass der Bau des neuen Pflegeheimes in Zell »sehr teuer« würde. Ein Grund dafür sei die Vorgabe, dass Hausgemeinschaften eingerichtet werden müssen – ein Modell, das »politisch gewünscht« sei, auch von Gesundheitsminister Lucha (Grüne). Es bedeute, dass jeweils 10 bis 12 Pflegebedürftige zusammen mit einer festen Bezugsperson eine Wohngemeinschaft bilden. Zu den Einzelzimmern kommen in jeder Wohngemeinschaft Gemeinschaftsräume und eine Küche – denn gekocht werden soll »dezentral« unter Mithilfe der Bewohner.
»Dieses Konzept muss scheitern«, das werde die Praxis zeigen, so Schlosser. Es könne nicht funktionieren zu kochen und gleichzeitig demente Menschen z. B. beim Toilettengang zu unterstützen oder zu pflegen. Pflegedienstleiterin Martina Heizmann fügte hinzu, dass auch der Zwang zum Einzelzimmer in vielen Fällen unangebracht sei. So würden langjährige Ehepartner möglicherweise in getrennten Zimmern untergebracht. Auch gebe es demente Menschen, die große Angst vor dem Alleinsein hätten und einen Zimmergenossen bräuchten. Martina Heizmann wünschte, die Zimmerbelegung vor Ort nach den Bedürfnissen der Bewohner ausrichten zu können.
Michael Schlosser befürchtet auch eine »gefährliche Entwicklung«, die durch die Entstehung kleiner Haus gemeinschafts-Einrichtungen entstehen könnte. Da solche kleinen Einrichtungen finanziell nicht bestehen könnten, würden sie sich größeren Trägern anschließen. Dadurch könnte es zu einer Konzentration von Trägerschaften kommen.
Auch die generalistische Ausbildung von Pflegekräften, die neu eingeführt wurde, sieht Schlosser als Arbeitgeber kritisch. Neue Auszubildende werden nun nicht nur in der Altenpflege sondern auch in der Kranken- und Kinderkrankenpflege unterrichtet. So sollen sie als Pflegekraft vielseitig einsetzbar sein. Aber, so der Heimleiter: »Nun muss ich meine Azubis mit meinem Mitbewerbern teilen.«
Dass manche politischen Konzepte an der Praxis scheitern, bestätigte Thomas Zawalski. Er stellte fest, dass »Berufspolitikern« der Bezug zum Alltag fehle. Es brauche Menschen mit Erfahrung mitten aus der Gesellschaft , die Politik machen. Insofern kündigte er einen nochmaligen Besuch im St. Gallusheim an, um sich mit anstehenden Themen weiter vertraut zu machen.