Bure haben bekanntlich immer eine praktische Lösung parat. Und wenn die Bure im Gemeinderat sitzen dann erst recht: Um die bei der Stadt Zell angestaute 42-Millionen-Euro-Wunschliste aufzulösen, veranstalteten sie kurzerhand ein Haushalts-Tombola mit Lostrommel, Nummernziehung und einer echten Glücksfee. Auch für den Klimanotstand und für den schnelle Hombe hatten die bauernschlauen Dörfle-Gemeinderäte die richtigen Lösungen parat.
»Die Wunschliste reicht vom Klopapier bis zur neuen Sporthalle«, wusste der Dörfle-Bürgermeister und da müsse für die Umsetzung dringend eine Reihenfolge gefunden werden. Keine geringere als dem Bürgermeister Pfundstein seine Gattin Heike wurde als Expertin zur Ratssitzung gerufen, denn bekanntlich ist sie ja Finanzexpertin und arbeitet in der »Bonk-Backoffice«. Glücksfee Heike zog, assistiert von Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber, die Nummern aus der Lostrommel und erfüllte damit lang ersehnte Wünsche. Und die hatten es in sich: Eine synchronisierte Selbstschussanlage für die Bürgerwehr, der Anschluss des Waldkindergartens an eine weiterführende Baumschule, ein neues goldenes Buch mit echten Goldblättern für den Städtle-Bürgermeister und ein Päckle Streichhölzer für den Rundofen-Förderverein: Damit die Mitglieder endlich Rauch reinlassen können. Die 42 Millionen sind aufgebraucht! Glücksfee Heike macht ihre Sache gut und wurde dafür von den Dörflern zur offiziellen »Haushaltshilfe« gekürt – mit großem Herz aus Hefeteig.
Aber auch für andere Krisenherde hatten die Dörfle-Räte ganz praktische Lösungen parat. Gegen den Klimanotstand hilft nur Narrensuppe ohne Bohnen und Zwiebeln. Das verhindert den Ausstoß klimaschädlicher Gase. Im schnellen Hombe gebe es noch einige Schützengräben und klar sei schon jetzt, dass die Stadtkasse auf dem neuen Rathausplatz noch einigen »Schotter« verteilt.
Dörfle-Abend aus einem Guss
Die Dörfler boten ihrem närrischen Publikum gestern Abend ein Dörfle-Abend aus einem Guss. Vier Stunden bis pünktlich um Mitternacht präsentierten sie närrischen Klamauk, sprühten vor witzigen Ideen und ließen das Bureleben in Dorf Zell a. H. hochleben. Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber frohlockte gleich zum Auftakt: »Des find ich ganz toll, die Turnhall isch widder gerommelt voll!«
Auch das Familienleben im Dörfle ist intakt. Letztes Jahr kamen die Nachwuchsnarren Anton, Johann, Theo und Fritz auf die Welt und werden dafür sorgen, dass der Dörfle-Kinderwagen beim Umzug nicht leer wird. Auch geheiratet wurde kräftig.
Bunte Blumen gab es für Isabelle, Nathalie, Dino und Tanja. Tanjas Frieder wurde als echter »Knecht« ausstaffiert. »Grusig stolz« zeigte sich Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber beim Anblick der Dörfle-Frauen, die sich mit neuen Dirndln ausstaffiert haben. »Wir haben die schönsten Wieber im ganzen Land«, schwärmte der sonst nicht zu Übertreibungen neigende Dörfle-Bürgermeister.
Fit für die Fasend präsentierte sich danach die Dörfle-Jugend. Die stemmte im Kraftclub schwere Gewichte, steppte und tanzte in ihren neonfarbenen Trainingsanzügen im 90er-Style zum Partysound übers Parkett und zeigte auch bei der fälligen Zugabe noch gute Kondition.
Missverständnisse und Gemeinsamkeiten
Der Vorsitzende und die Klatsch-Genossen des chinesischen Zentralkomitees empfingen den Besuch aus der Wirtschaftsregion Ortenau und bemerkten, dass es kleine Missverständnisse aber auch einige Gemeinsamkeiten gebe. Die L94 sei nun die Seidenstraße gen Osten und vor dem Rathaus entstehe der rote Platz. Der rote Obergenosse bemerkte, dass auch der Schütze das rote Parteibuch hat. Gelobt wurde der Elan und die Effizienz, mit der der Bürgermeister Eigentum verstaatlicht und auch seine Vorliebe für die Militärparade zu Neujahr. »Little China Zell« galt ein »Holig, holig« und der Applaus der Licht an-, Licht aus-Klatscher des Komitees.
Nicht nur die Männer suchten ihr Glück in Fernost. Auch die Dörfle-Frauen waren in Wollsocken und Strickkleidern aufgebrochen, um bei ihrer spirituellen Sitzung ihr Karma zu verbessern. Selbst die rasende Dörfle-Bieri Katja kam mit ihrem Drahtesel dahergeschossen. Sie war im Stau Richtung Lupfen stecken geblieben, wo die Eltern mit den großen SUVs ihre Kinder in den alternativen Waldkindergarten bringen. »Des sinn selli, wo au ihre Regenjack selber stricken«, wussten die Dörfle-Frauen und rieten: »Wer ohne Schuhe läuft, hat einen kleineren ökologischen Fußabdruck.«
Voller Erfindergeist zeigte sich die Dörfle-Jugend, die in der »Hölle des Löwen« ihre Ideen den Zeller Löwen Günter Pfundstein, Clemens Halter und Turan Demir anpries. Die findigen Erfinder machten aus dem »Zelli« den »Zechi«, präsentierten den praktischen Gag-o-Mat für die Narrenzunft, bei dem immer der Hombe oben steht, und hatten die erste »Däpp« programmiert – die neue Dörfle-Äpp. Die wurde vom Bürgermeister gekauft, der dafür mit »einem schönen großen Platz« beim Hechte bezahlte.
»’s Dörfle isch das neue Städtli!«
Und natürlich durften gestern Abend die Dörfle-Urgesteine beim Dörfle-Abend anno 2020 nicht fehlen. Rechtzeitig zum Folkloreabend kamen Herta und Erich Koslowski aus Wanne-Eickel angereist. Die hatten aber keine Logis im idyllischen Oberentersbach bei Irmgard bezogen. Denn dort gibt es kein Breitband sondern nur breite Nudeln. »Die reinste Augenweide« lobten sie das leuchtende Tannenbaumstädtle und die neue Schinken-Boutique im Dörfle. Und schließlich landeten die Ruhrpottler beim Hexenball, die »schon 22 Jahre Fasching auf der Pfanne haben.«
Voll ins Schwärmen kamen derweil die drei Dorfdeppen: »’s Dörfle isch das neue Städtli!« Die meisten Läden, die größten Parkplätze und nun auch noch Hahn und Henne. »Bi uns do obe spielt die Musik«, tönte es von der Bühne. Der Schwendemann-Werner hat nun sogar seinen eigenen Zebrastreifen bekommen, damit seine nächtlichen Gäste vor der Tür erst einmal liegen bleiben können. »Auge wie Pflugrädli« machten die Deppen im Advent und lobten: »Der Manfred und seine Rentner-Riege vom Turnverein, des sin halt rechti Kerli.« Die Deppen – einfach herrlich!
Da fehlte zum großen Finale des Dörfle-Abends nur noch der Unterharmersbacher Schutzheilige Gallus, der im Gefolge mit seinem Bär dafür sorgte, dass im Hombe nun nicht alles aus dem Ruder läuft. Die Jugend rastete schon aus und rockte den »Highway to Hell«. Auch politische Erdbeben hat es gegeben. Der schwarze Jürgen wollte nicht, die grüne Sybille hatte sich verzockt, da ist die rote Nelke in der Blumenstraße aufgeblüht. Damit alles wieder ins Lot kommt, verpasste der Heilige Gallus Ludwig Schütze einen schwarzen Ortsvorsteher-Schnauzbart und staffierte ihn mit einem Dirigentenstab aus. Und schon trällerte die Hombe-Jugend gemeinsam mit ihrem neuen Chorleiter die Amboß-Polka. Derweil zeigte sich Ludwig Schütze unbeirrt von der närrischen Würdigung und rief dem Dörfle-Publikum zu: »Ich grüße alle Gäste im Ortsteil Hombe West!« Und die stimmten lautstark ein: »Den Hombe gibt’s nur einmal, auf dieser schönen Welt…!«
Die Akteure beim Dörfle-Abend
Jugend: Damm Julius, Glaser Jasmin, Meisl Annabell, Antritter Simon, Mayer Sebastian, Ketterer Thomas, Schütze Bastian, Kopp Simon, Hohl Marius
TC Gutmans Buam: Burger Jan, Petri Lukas, Lampl Dino, Antritter Simon, Damm Andy, Hummel Erwin, Heizmann Christian, Gutmann Bernhard, Uhl Joachim, Bellantoni Gianluca
Ballett: Damm Julius, Dreher Amelie, Isenmann Tom, Kopp Carolin, Kopp Jasmina, Kopp Simon, Metzler Nelia, Schütze Bastian, Schmieder Franka, Totzke Max, Totzke Oscar, Uhl Valentin, Stöhr Madita, Hermann Lenny
Koslowski: Herta und Erich aus Wanne-Eickel
Frauen: Vollmer Isabelle, Meisl Annabell, Kopp Michaela, Petri Katja, Schwarz Corinna, Stöhr Simone
Deppen: Meisl Beate, Schwenk Ina, Riehle Tanja
Gemeinderat, Schlußnummer: Gutmann Bernhard, Hummel Erwin, Hoog Thomas, Damm Andreas, Huber Stefan, Isenmann Roland, Uhl Joachim, Petri Lukas, Burger Jan, Antritter Simon, Lampl Dino, Kopp Ralf
Bühne: Himmelsbach Sascha, Rappenecker Bernd, Horst Michael
Maske: Spiczak Renate, Teufel Evi
Familiennachrichten aus dem Dörfle
Das Familienleben im Dörfle ist intakt. Letztes Jahr kamen die Nachwuchsnarren Anton, Johann, Theo und Fritz auf die Welt. Auch geheiratet wurde kräftig. Bunte Blumen aus den Händen von Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber (links im Bild) gab es zum Auftakt des gestrigen Dörfle-Abends für die Bräute (von rechts) Nathalie, Tanja, Hochzeiter Dino und Braut Isabelle.
»Wir haben die schönsten Wieber im ganzen Land«, schwärmte der sonst nicht zu Übertreibungen neigende Dörfle-Bürgermeister. Die Dörfle-Frauen haben sich mit neuen Dirndln ausstaffiert.
Dörfle-Narren trauern um ihr geliebtes Rathaus
Normalerweise ist der traditionelle Zug der Dörfle-Narren zu ihrem Dörfle-Abend eine freudige Sache. Gestern Abend flossen aber einige dicke Narren-Tränen.
»Im letzten Jahr hat uns unser geliebtes und geschätztes Dörfle-Rathaus, der Hechten, für immer verlassen«, trauerte Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber und mit ihm die ganze Bureschar. Das Rathaus »hat Wind und Wetter und dem Schwamm getrotzt, gelitten unter Bürgermeister Pfundstein und wurde abgerissen vom Kaiser aus Hofstetten. Jetzt liegt das Dörfle-Rathaus als Füllmaterial auf dem Parkplatz im Hinteren Hombe! Wir haben über die Jahrzehnte so manchen Rausch und manches Schnitzel aus dir hinausgetragen und werden dir in unserer Leber ein ehrendes Andenken bewahren.«
Zu Ehren ihres Hechten intonierte die Dörfle-Schar ein letztes »Holdrio« und kehrte danach in den Sternen zum Lichte-Esse ein. Zurückgeblieben ist mitten im Dörfle ein großer Schotterplatz und ein Kranz mit der Erinnerungsschlaufe: »Danke für die lustigen Stunden. Holdrio. Dein Dörfle!« In Sachen Kranz waren die knitzen Dörfler übrigens ganz öko unterwegs: Der wurde vom Volkstrauertag der Stadt vom vergangenen Jahr recycelt.