»Für uns sind Multiplikatoren wichtig, damit Menschen, die sehr krank sind oder sterbend, um die Möglichkeit wissen, unsere ehrenamtlichen Dienste in Anspruch zu nehmen«, hofft Dorothea Brust-Etzel auf eine Zunahme des Bekanntheitsgrades des Hospizdienstes.
Foto: Inka Kleinke-Bialy
Foto: Inka Kleinke-BialyDie studierte Sozialarbeiterin und Familientherapeutin ist beim Caritas-Verband Kinzigtal als Koordinatorin der Besuchs- und Hospizdienste Wolfach/Haslach sowie Zell angestellt. Den Zeller Kreis, der auch für Biberach, Nordrach, Ober- und Unterentersbach sowie Oberharmersbach zuständig ist, betreut sie seit etwa sechs Jahren. Aus derzeit sieben ehrenamtlich tätigen Frauen setzt er sich zusammen. Drei von ihnen sind schon sehr lange dabei, seit bis zu zwanzig Jahren, im vergangenen Winter sind zwei Neulinge dazugestoßen. Mehr als glücklich ist Brust-Etzel darüber, denn die Zeller Gruppe ist nicht zuletzt aus Alters- und Gesundheitsgründen geschrumpft.
»Auch die Zahl der Einsätze waren im letzten Jahr erstaunlich wenig«, bedauert sie. Die Ursache für die geringe Zahl der Anfragen? »Da spielen ganz viele Faktoren mit«, so die Fachfrau. Zum einen: »Wir sind sicherlich nicht so bekannt, wie man sich das wünschen würde.« Denn von dem Thema »Sterben« hielten viele, »die nicht in der akuten Situation sind«, erst einmal Abstand. Man habe vielleicht einmal etwas von dem Hospizdienst mitbekommen, dies aber setze sich nicht fest, werde nicht abgespeichert. Weil es mit dem eigenen Leben erst einmal nichts zu tun hat.
Nicht »auf dem Schirm«
Wenn Menschen dann aber in eine Situation kommen, in welcher der Dienst helfen könnte, »sind sie mit ganz anderen Dingen beschäftigt, um ihr Leben zu organisieren und haben uns nicht auf dem Schirm«, weiß Brust-Etzel. Pflegeheime, Ärzte, Kirchengemeinden und Seelsorger sollten daher von dem Dienst wissen, »um eine Tür zu öffnen, eine Verbindung herstellen zu können zwischen uns und Betroffenen, das heißt zu Sterbenden, Kranken oder deren Angehörigen«, wünscht sich die Caritas-Koordinatorin.
Ein Wunsch, der sich auch auf Krankenhäuser bezieht. »Gerade die müssten Betroffenen das Wissen um unseren Dienst mit auf den Weg geben, wenn sie jemanden nach Hause entlassen. Aber da kommt so gut wie nichts«, macht sie ihrer Enttäuschung Luft. Denn der Besuchs- und Hospizdienst kommt ausschließlich auf Anfrage von Betroffenen oder Angehörigen.
Und diese Anfragen entstehen derzeit hauptsächlich über persönliche Kontakte. Netzwerke sind für die Einsätze des Dienstes daher wichtig. Zwar ist das Hilfsangebot über den Caritas-Verband im Internet vertreten, »aber die Leute gucken in der Regel nicht nach Hospizdienst, wenn jemand sterbend oder krank ist«, so Brust-Etzel, »das muss sich ergeben durch jemanden der sagt: Da gibt es einen Dienst, der unterstützt dich.« Durch jemanden, der die Betroffenen idealerweise schon aus der Zeit vor der Sterbephase kennt und ein echter Türöffner ist.
»Türöffner« vonnöten
Wie die Mitarbeiter der Zeller Sozialstation St. Rafael e.V., zu denen Birgit Stein zählt. Die Pflegedienstleiterin rutschte zwar durch ihren Beruf in den Dienst hinein, ihr Engagement darin ist jedoch ein ehrenamtliches. Menschen wie sie schaffen zu den Betroffenen eine Vertrauensbasis und können »gucken, dass im Bedarfsfall jemand kommt.« Und zwar nicht nur in den letzten Stunden, sondern vielleicht auch schon in den letzten Wochen. »Das ist dann erst mal nur ein Besuchsdienst«, erklärt Brust-Etzel, »wenn’s dann in die Sterbephase geht, kann jemand von uns auch mehr da sein.«
Wobei die Sterbebegleitung auch so aussehen könne, dass man mit dem Sterbenden nichts zu tun hat, sondern ausschließlich für die Gefühle, Nöte und Fragen der Angehörigen da ist, für ihre Sorgen und Ängste.
Im Vergleich zu Hospizgruppen aus anderen Regionen habe man im Kinzigtal sehr viele Helfer, die aus dem pflegerischen Bereich kommen und teilweise noch während ihrer Berufstätigkeit in diesem Ehrenamt tätig sind, betont die Caritas-Koordinatorin. »Weil sie sagen, dass das ihren Job eigentlich ausmacht, sie aber in ihrem Berufsleben gar nicht die Zeit dafür haben, sich so intensiv um die Menschen kümmern. Sich also eine Stunde oder länger oder auch mal eine ganze Nacht lang dazu zu setzen.«
Die hilfreiche »Distanz« eines Außenstehenden
Sabine Metzger vom Zeller Caritas Seniorenzentrum St. Gallus zählt zu dieser Gruppe und bringt einen weiteren Aspekt des ehrenamtlichen Hospizdienstes ein: »Es macht einen großen Unterschied, ob ich als Pflegekraft daher komme oder von außen, das hat für den Pflegeheim-Bewohner eine ganz andere Qualität.« Schließlich sei es manchmal einfacher, mit einem Außenstehenden über ganz persönliche Dinge zu sprechen als mit Angehörigen oder einer Pflegekraft. Gerade, was das Thema »Sterben« betrifft, »denn bei den Angehörigen kommt die Trauer und vieles andere mit dazu.«
Ursächlich dem Zeller Hospizdienst angeschlossen hat sich Metzger, weil Pflegeheime mittlerweile kraft Gesetz das Angebot einer ambulanten Sterbehilfe gewährleisten müssen. Ihre Facharbeit im Rahmen ihrer Palliativ-Care-Weiterbildung schreibt sie darüber, »dass unser Haus sich mit Hospizgruppen und Ehrenamtlichen vernetzt, damit wir auf den Dienst zugreifen können, wenn er gebraucht wird.«
Wie ein solcher Einsatz in der Regel aussieht, lässt sich allerdings schwerlich beschreiben. »Jeder Einsatz ist anders«, erklärt Dorothea Brust-Etzel, »man weiß nie, was einen erwartet. Man macht die Tür auf und lässt sich darauf ein und dann kommt etwas ins Rollen. Und das ist das Schöne.«
Der Hospiz- und Besuchsdienst der Raumschaft Zell trifft sich einmal im Monat in den Räumen der Zeller Sozialstation (Tel. 07835/6329-0). Die Koordinatorin Dorothea Brust-Etzel ist erreichbar unter Tel. 07832/9555-210 oder E-Mail dorothea.brust-etzel@caritas-kinzigtal.de.





