Normalerweise trinken die Dörfle-Bure Most. Gestern Abend präsentierten sie sich aber in Champagner-Laune und fluteten die Jahnturnhalle mit edlem Schaumwein. »Sekt für alle« hieß es zum 90. Geburtstag der Zeller Fasendgemeinschaft. Mit einem spritzig-witzigen Dörfle-Abend bereiteten sich die Dörfler nach dem noblen Auftakt selbst das schönste Geburtstagsgeschenk und machten damit ihren närrischen Vorfahren alle Ehre.
»Hit Obend henn mir ä Grund zum Jubilieren«, rief Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber den Gästen in der vollbesetzten Jahnturnhalle zu. Nach unendlich vielen Stunden im Archiv der Schwarzwälder Post haben die Dörfle-Historiker herausgefunden, dass am 14. Februar 1928 – fast genau heute vor 90 Jahren – das erste Mal zum Dörfle-Abend im »Sanatorium Benz«, dem ehemaligen Gasthaus Hechten, eingeladen wurde.
»Seither ist es unsere größte Freud, den Städtern und allen anderen drumrum den Kittel z’flicke und anständig die Henne ni z’due«, frohlockte der Dörfle-Bürgermeister und erinnerte an seine legendären Vorfahren: Franz Späth, Albert Ritter, die einzige Oberbürgermeisterin Lillibet Auer, Franz Hoog und Bernhard Gutmann. »Ich bin froh und stolz, dass wir alle zusammen die Tradition und den Dörfle-Humor über all die Jahre hochg’halte habe«, rief Stefan Huber den Gästen zu und erhob gemeinsam mit ihnen das Sektglas auf 90 Jahre Dörfle.
Gemeinsam die Schulbank gedrückt
Kronleuchter mit Kerzenlicht und Sektkübel auf dem Tisch, Kuhfell mit Kuhkopf vor der langen Tafel: Weil das Dörfle an seinem 90. Geburtstag seine Gründungsmitglieder längst überlebt hat, trafen sich Bürgermeister Stefan und Ratschreiber Erwin zum »Dörfle for one« am Ratstisch. Zum Glück gesellten sich auch noch die anderen Räte dazu, so dass Themen von öffentlichem Interesse auf den Tisch kamen. Spätestens seit gestern Abend stimmt nun die Facebook-Nachricht, dass Bürgermeister Pfundstein und Bäckermeister Dreher gemeinsam die Schulbank gedrückt haben. Mit ihren Leistungen war der Oberlehrer aber nicht zufrieden. Einer habe in der Klassenarbeit »Verkehrserziehung« das Thema verfehlt.
Eine ganze Reihe von Zeller Weltrekorden wurden von den Guinness-Bierflaschen mit echtem, schwarzem irischem Gerstensaft prämiert. Die kleinste Fußgängerzone der Welt wurde natürlich ausgezeichnet, der Hombacher-Rekord an den Sepple im weit entfernten Alaska abgefeuert, der Wirtschaftsrekord für die meisten Mittagessen an Teufels-Küche überreicht und den Nachhaltigkeitsrekord an die Elektro-Stadt-Radler. Der Lokales-Rekord ging klar an unser Blättle, in dem die Dörfler so gerne nachlesen, was im Tal alles passiert ist. Für einen Rekord gab es keine Alternativen: »Und das lustigste Volk im Schwarzwald? Das ist unser Dörfle, eiskalt! Hier meint selbst der kleinste Spunde, er het die Zeller Fasend erfunde!«
Drei-Schicht-Bauer sorgt für Getöse
Erfunden haben die Koslowskis aus Wanne-Eickel die Zeller Fasend sicher nicht, aber als Dauergäste beim Dörfle-Abend sind sie längst feste Größen. Dieses Jahr haben sie aber nicht beim Paul sondern im »Grünen Hof« Quartier bezogen. Dass sie dort wegen des Getöses und Gebrummes nicht schlafen konnten, lag aber nicht an der Tunnel-Baustelle, sondern am Hombacher Drei-Schicht-Bauern. Dass die IG Metall beim Prototyp ordentlich Arbeitskampf gemacht hat, gefiel den Ruhrpott-Sozis. Sie haben aber auch gleich einen Streikbrecher entdeckt: Der Damm-Metzger hat die roten Würste geliefert.
Unterstützung von höchster Stelle erhielt die Zeller Bürgerwehr in Sachen Mitgliederwerbung. »Günni wants You!« prangte auf
großen Plakaten und selbst der Frauensteiner Reiter kam auf seinem Schlachtross daher, um für neue Kameraden zu werben. Ob demnächst in Zell eine Bürgerwehrpflicht eingeführt wird, blieb aber dennoch unklar.
Eine extragroße Tasse haben die drei Dorfdeppen zum Silvesterempfang mitgebracht, weil der scharf rechnende Bürgermeister dort die Spendierhose anhatte. Aber nicht nur dort ging der Glühwein aus, sondern auch bei Teufels Hochzeit, wo der Champagner dann mit Wasser aus dem Gnadenbrunnen gestreckt wurde. Für die Gäste beim Dörfle-Abend gab es gestern Abend derweil von den drei tratschenden Bäuerinnen eine Extraportion Zeller Ditsch – einfach herrlich.
Heiße Fußgängerzone
Beste Unterhaltung beim witzig-spritzigen Dörfle-Abend boten auch prominente Fernseh-Gäste: Äffle und ’s Pferdle sangen den Hafer-Blues und mussten auch prompt eine Zugabe geben. Für eine »Time for Afrika« sorgte das Dörfle-Ballett, das in fliegenden Baströcken zum Hit-Medley durch die Narrennacht tanzte. Eine Zugabe war auch hier fällig.
Verkehrsprobleme ganz anderer Art gab es in der Kirchstraße – direkt neben der Herbertstraße auf St. Pauli. Dort gaben sich leichte Damen ein Stelldichein, die ordentlich mit ihren Pfunden reizten. »Skandal im Sperrbezirk« rief einen ortsbekannten Polizisten auf den Plan, der statt eines Strafzettels lieber einen Leserbrief schrieb. Zum großen Finale vereinte sich der Chor der Damen und Matrosen, die Fasend-Musiker Gisela und Karl-Heinz gaben den Ton an und auch das Publikum im Saal stimmte glückselig das Loblied auf das Dörfle an: »Das Herz unserer Fasend, das ist unsere Heimat. Ja, im Dörfle, da sind wir zuhaus’!«
Dörfle-Abend-Akteure 2018
Äffle und’s Pferdle:
Julius Damm, Max Totzke.
Bürgerwehr:
Isabelle Antritter, Jan Burger, Christian Bürkle, Lukas Petri, Dino Lampl.
Ballett:
Amelie Dreher, Nelia Metzler, Isabelle Antritter, Manuela Schwarz, Simon Kopp, Julius Damm, Max Totzke, Bastian Schütze.
Urlauber Koslowski:
Herta und Erich aus Wanne Eickel alias Stefan Huber und Thomas Hoog.
Frauen:
Isabelle Antritter, Ilona Brandstetter, Michaela Kopp, Elisabeth Schnaiter, Simone Stöhr.
Deppen:
Beate Meisl, Ina Schwenk, Tanja Riehle.
Gemeinderat und St. Pauli:
Bernhard Gutmann, Erwin Hummel, Thomas Hoog, Andreas Damm, Stefan Huber, Roland Isenmann, Joachim Uhl, Lukas Petri, Jan Burger, Simon Antritter, Dino Lampl, Ralf Kopp.
Bühne:
Sascha Himmelsbach, Michael Horst, Bernd Rappenecker.
Maske:
Renate Spiczak, Evi Teufel.