Am 29. Juni 1998 wurde das Gebäude abgerissen. Heute erinnert nichts mehr an dieser Stelle an bessere und erfolgreichere Tage des ehemals prächtigen Gebäudes.
Knapp vier Tage dauerten die Abrissarbeiten, dann war der Riersbacher Bahnhof am Ende der 10,5 Kilometer langen Strecke von Biberach nach Oberharmersbach Geschichte. Nichts erinnert mehr an dieser Stelle an bessere und erfolgreichere Tage des ehemals prächtigen Gebäudes.
Am 29. Juni 1998 macht der Bagger kurzen Prozess. Zwei-, drei Mal packt der mächtige Greifer mit Brachialgewalt zu und reißt die Holzverkleidung des markanten Bahnhoftürmchens zu Boden. Sekunden später fallen die Fachwerkmauern in sich zusammen. Eine riesige Staubwolke verhüllt das noch stehende Mauerwerk. Nur noch als Ruine ist der Bahnhof danach auszumachen.
Beginn des Eisenbahn zeitalters
Als charakteristischer Blickfang stand das Gebäude seit Beginn des Eisenbahnzeitalters im Jahre 1904 an der Endstation der Nebenbahn im Harmersbachtal. Zuletzt fristete der Bahnhof ein eher kümmerliches Dasein und gammelte vor sich hin. Längst vergangen sind die Feierlichkeiten zur Bahneröffnung vor über 100 Jahren.
Feuerwehr, Bürgermiliz, Gesangs- und Arbeiterverein sowie Musiker sorgten im wahrsten Sinne des Wortes für einen „großen Bahnhof“, als der erste Dampfzug am 13.12.1904 mit den zahlreichen Ehrengästen einfuhr. Der Oberharmersbacher Gemeinderat hatte rund 1000 Mark bereitgestellt, um die Endstation und den Weg zum Gasthaus „Sonne“, wo offiziell gefeiert wurde, zu zieren.
Fest zum 75. Geburtstag der Nebenbahn
Noch einmal blitzte etwas von jenem glanzvollen Festtag auf, als zum 75. Geburtstag der Nebenbahn im September 1979 dem Bahnhof mit Dampfzug und Ehrengästen die würdige und gebührende Reverenz erwiesen wurde und im Gasthaus „Posthörnle“ Frau Elise Halter, wie anlässlich der Einweihung vor 75 Jahren, den Prolog jener Feier vortrug. Zum 100. Geburtstag im Jahre 2004 kam der Dampfzug mit den Jubiläumsgästen nur bis Zell a. H.
Vorbei sind die Zeiten, als hier Güterwagen um Güterwagen mit Fracht verladen wurde. Stahl und Schrott, Rinde und Schnaps, Papier- und Schnittholz sowie ungezählte Kabeltrommeln verließen auf dem Schienenweg das Tal. Mostobst, Kartoffeln, Briketts, Stroh, Heu und Dünger, Rüben und Kohle wurden be- und entladen. Frachterlöse von mehreren Tausend Mark im Monat waren in früheren Jahren keine Seltenheit. Zahlreiche Feriengäste nutzten bis in die 1980er Jahre die Gelegenheit, mit der Bahn den Luftkurort zu erreichen. Bis zu 400 Koffer wurden in manchen Monaten gezählt. Sonderzüge mit Wochenendausflüglern machten hier in unregelmäßigen Abständen Halt und Wallfahrer nahmen in Kauf, auf den mit Bänken bestückten offenen Güterwaggons nach Zell zu fahren, weil die Personenwaggons die Massen der Menschen nicht fassten.
Widerstand gegen geplante Wartungshalle
Dass der Bahnhof mit seiner maroden Bausubstanz weichen musste, hängt mit den damaligen Planungsabsichten zusammen. Die Südwestdeutsche Verkehrs AG (SWEG) beabsichtigte in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre, auf ihrem betriebseigenen Gelände einen Betriebsbahnhof mit einer großen Wartungshalle zu errichten. Bei den Anliegern vor allem in der oberhalb der Endstation liegenden Wohngebiet „Brugasse“ regte sich allerdings nicht unerheblicher Widerstand, der sich deutlich in einer Gemeinderatssitzung im Juni 1998 artikulierte – und entlud.
Die ins Leben gerufene Bürgerinitiative „ALOHA“ (Aktion gegen Lärm Oberharmersbach) lehnte diesen Standort rundweg ab. Obwohl die große Mehrheit der Bevölkerung das Projekt befürwortete, scheiterte es schließlich nicht zuletzt am vehementen Widerstand der Anlieger.