Vor 55 Jahren begann eine Handvoll Unterdorfer, die noch recht junge Fasent in Oberharmersbach zu bereichern. Heute zählt der eingeschworene Verein 112 Mitglieder, und trotz seines Alters ist der Verein jung und dynamisch geblieben.





Ursula Kasper gilt als »graue Eminenz« der Unterdorfer. Sie war von Anfang an dabei und dokumentierte als Schriftführerin bis zum Jahr 2000 die närrischen Aktivitäten ihrer Gruppe. Ordner reiht sich an Ordner mit Bildern und Listen, eine wahre Fundgrube und sie weiß, wohin sie greifen muss, wenn sie etwas sucht. Oft ist das gar nicht nötig, weil sie die Fakten im Kopf hat.
»Das waren unsere ersten Wagen für den Umzug«, beginnt sie zu blättern. Als der erstmals 1963 gewählte Elferrat sich anschickte, für den Fasentmontag einen geregelten Umzug auf die Beine zu stellen, fand die Idee im Unterdorf nachhaltigen Anklang. Robert Kasper, Ursula und Artur Kasper, Burga und Wilhelm Huber sowie Georg Schmieder setzten das erste Motto »Lustig ist das Zigeunerleben« mit einem Wagen um.
Der Anfang war gemacht und ein Jahr später war die Gruppe um einige Idealisten und Bastler gewachsen. »Ins Hertigsbure« bei der Familie Schmieder auf dem Billersberg fanden sie herzliche Aufnahme und eine Bleibe, wo sie seither ihren Wagen für den Umzug bauen. 1965 lautete das Motto »Eine Seefahrt, die ist lustig…« In der höchsten Werft der Republik lief die »Atlantica« vom Stapel. Und sogleich blitzte der ausgefallene Ideenreichtum der Unterdorfer auf. »Maurus« Hubert Roth, stolzer Besitzer einer BMW-Isetta (landläufig auch als »Stopfkugel« bezeichnet) flexte kurzerhand das Dach ab, um nach einigen Umbauten mit seinem Kanonenboot als »Seehai« der »Atlantica« Geleitschutz zu bieten. Den brauchte auch er dringend, als seine Frau vom eigentümlichen Werdegang ihres Autos erfahren hatte…
Ursula Kasper blättert weiter. »So hat unser ›Unterdorfer Abend‹ angefangen«, zeigt sie auf ihre leicht ausgebleichten Bilder. Aber als lebhafte Erinnerungen taugen sie allemal, um zu zeigen, wie man sich ursprünglich nach dem Umzug im Gasthaus »Schwarzwälder Hof« traf, um mit einem bescheidenen Auftritt der »Wäschwieber« (Hans und Maria Huber) oder der Straßenkehrer zu feiern. Nach und nach kam diese oder jene Nummer dazu, auch mit Tanzunterhaltung (Erwin Haag, Arthur Berger, August Schmider, Oskar Schülle). Der Zuspruch blieb nicht aus, man wusste um den Einfallsreichtum der Unterdorfer. Abwechselnd traf man sich im Gasthaus »Schwarzwälder Hof« und im Gasthaus »Hubertus« zum »Unterdorfer Abend«, bis diese Räumlichkeiten die Masse der Zuschauer nicht mehr fassen konnte. Der Abend hatte einen Namen, den er mit in den Stubensaal nahm und als auch der aus allen Nähten platzte, stand 1984 der Umzug in die Reichstalhalle an.
»Man wird als Unterdorfer geboren« nennt Schriftführerin Belinda Schmieder ein wichtiges Kriterium für die Mitgliedschaft im Verein, der sich 1991 als »e. V.« registrieren ließ. Doch ganz so eng sieht man das heute nicht mehr, zumal man mit dem Umzug in die Reichstalhalle »exterritoriales« Gelände betreten hatte. Aber der typische Hut und die Stulpen sind verpflichtetende Erkennungsmerkmale, ebenso wie die Fahne, die über die närrischen Tage anzeigt, in welchem Haus Unterdorfer zu Hause sind. Da macht es sich gut, wenn entlang der Straße bis ins Obertal Farbtupfer die allmähliche Ausbreitung der Unterdorfer belegen.
Schon längst laufen wieder die Vorbereitungen für den Unterdorfer Abend. Teamchef Felix Huber kann sich auf seine Leute verlassen, eine bunte Mischung von Jung und Alt. In diesem Gremium werden die Ideen ausgegoren, die den Unterdorfer Abend zu einer Marke machten, vor allem mit der Gesangsnummer »Tschändelmänn«, dem flotten Ballett und der jeweils großen Schlussnummer.
Der »Unterdorfer Abend« steht traditionell für die »heiße Phase« der Oberharmersbacher Fasent. Zwei Wochen vor Fasentsamstag, heuer am 16. Februar, werden die Unterdorfer wieder ein paar närrische »Briketts« auflegen, um die Stimmung für die kommenden Tage so richtig anzuheizen.