Der seit dem Jahr 2014 andauernde Konflikt zwischen Roland Buttgereit von der Bürgerliste, CDU-Gemeinderätin Anja Jilg und Bürgermeister Siegfried Huber überschattete am Montagabend die öffentliche Gemeinderatssitzung.
In ihren Stellungnahmen warfen sich die Kontrahenten erneut gegenseitig die Schuld am schlechten Klima in der Gemeinde vor. Es gab aber auch deutliche Signale, den Konflikt zu beenden. Roland Buttgereit übte sich in Zurückhaltung, um »kein Öl mehr ins Feuer zu gießen«. Anja Jilg legte ihren Gegnern nahe, dass es nun »Zeit für Entschuldigungen« wäre. Bürgermeister Siegfried Huber sprach den Wunsch aus, dass man »gemeinsam in Oberharmersbach in ein ruhigeres Fahrwasser kommt, ohne Verletzungen und mit gegenseitigem Respekt«.
Rücktritt schriftlich eingereicht
Die Fakten indes sind geschaffen. Bürgermeister Siegfried Huber wird sich nicht mehr erneut zur Wahl stellen. Dies sei seine »private Entscheidung,« untermauerte er seine Bekanntgabe vom 20. Februar. Er stellte nochmals fest, dass sich »seit der letzten Kommunalwahl die Rahmenbedingungen von Sitzung zu Sitzung verschlechtert haben und dies nicht mehr gut für eine konstruktive Entwicklung der Gemeinde gewesen ist«.
Gemeinderätin Anja Jilg legt ihr Amt als 1. Bürgermeister-Stellvertreterin ab. Bereits in der Bürgerfrageviertelstunde informierte Bürgermeister Huber auf Nachfrage von Willibald Uhl darüber, dass Anja Jilg ihren Rücktritt »aus wichtigem Grund« inzwischen auch schriftlich bei der Gemeinde eingereicht hat. In seiner Sitzung am 18. April wird der Gemeinderat das Thema behandeln.
Roland Buttgereit: »Wir wurden beschimpft und provoziert«
Unter dem Punkt »Wünsche und Anträge der Gemeinderäte« ergriff zunächst Roland Buttgereit von der Bürgerliste das Wort, um zur Erklärung von Gemeinderätin Anja Jilg vom 20. Februar Stellung zu nehmen. Alles, was ihm wichtig erschien, habe er auf acht eng geschriebenen Seiten zusammengefasst. Er könne 20 Minuten darüber berichten, wie die Mitglieder der Bürgerliste von Frau Jilg provoziert und grundlos als »Hetzer und Aufwiegler« beleidigt wurden. Auch die Überprüfung der Internetseite durch Bürgermeister Huber und die daraus resultierenden über 8000 Euro Anwaltskosten seien ein Thema, das er »herausreden und loswerden« wolle. Roland Buttgereit: »Aber ich sage nun nichts mehr, um den Krieg nicht noch schlimmer zu machen.« Er glaube, dass er im Recht sei und werde »in diesem Raum niemanden beschimpfen, um kein Öl mehr ins Feuer zu gießen«. Buttgereit zitierte die Aussage seiner politischen Gegner, die ihm und Sonja Wurth von der Bürgerliste bestätigt haben, dass »man die zwei nicht mögen muss, aber dass man mit ihnen auskommen kann«. Roland Buttgereit stellte fest, dass »die gegenseitigen Vorwürfe nichts bringen« und forderte dazu auf, sich die »fürchterlichen Sachen nicht mehr um die Ohren zu hauen«.
Anja Jilg: »Die Bürgerliste betreibt tendenziöse Meinungsmache«
Als zweite ergriff CDU-Gemeinderätin Anja Jilg das Wort, um nochmals ihre Sicht der Dinge zu schildern. Sie warf Roland Buttgereit und Sonja Wurth von der Bürgerliste »tendenziöse Meinungsmache und unsachliche Kritik« vor. Ebenso einen »gravierenden Mangel an Empathie«. Sie selbst habe sich nun schon seit 16 Jahren mit aller Kraft für die Gemeinde Oberharmersbach eingesetzt und sehe sich nun mit Unterstellungen und persönlichen Beschädigungen konfrontiert. Anja Jilg bejahte die rechtliche Beurteilung der Homepage der Bürgerliste. Im anwaltlichen Schreiben wurde der Partei »politische Agitation« bescheinigt, was so viel bedeute, als dass sie »Aufwiegler und Hetzer« seien. Anja Jilg warf ihren Gegnern vor, dass sie im Internet sogar »komplett falsche Aussagen« verbreiten. Sie kritisierte die Briefe, Anträge, Stellungnahmen, Rechtsgutachten, Petitionen und Dienstaufsichtsbeschwerden, die in den Jahren 2014 und 2015 von der Bürgerliste initiert wurden und ungerechtfertigt seien. Selbst auf einer Speisekarte, so Anja Jilg, sei sie von der Bürgerliste diffamiert worden. »Unterlassen sie Schmähungen und Beleidigungen und benehmen Sie sich dem Amt entsprechend«, fordert Anja Jilg ihre Gegner auf: »Es wäre nun Zeit für Entschuldigungen.«
Bürgermeister Siegfried Huber: »Diskussionen am Ratstisch führen«
Zum Schluss der Ratssitzung ergriff Bürgermeister Siegfried Huber nochmals das Wort. Er erinnerte die Gemeinderäte an die Verpflichtungsformel, die sie am 25. Mai 2014 nach der Wahl gesprochen und in der sie gelobt haben, »das Wohl der Gemeinde und ihrer Einwohner nach Kräften zu fordern«. Leider hätten sich die Bedingungen im Gremium derart verschlechtert, dass es kein Vorwärtskommen mehr gebe. Am Ratstisch könne man querdenken, das tue dem Gremium sogar gut. »Was im Nachhinein passiert, tut dem Gremium aber nicht gut«, kritisierte Bürgermeister Huber den Internetauftritt der Bürgerliste als »nicht förderlich«.
Mit Textbeispielen, die Huber aus dem Internetauftritt der Bürgerliste herauskopiert hatte und mit einer Präsentation dem Ratsgremium und den anwesenden Bürgern vor Augen hielt, untermauerte Huber seine Aussagen. So wurden die Gemeinderäte unter anderem von der Bürgerliste als »Alte und Gestrige« abgewertet. In der Sache, kommentierte Huber, könne man unterschiedlicher Meinung sein, der Umgangsstil müsse aber so sein, dass man sich immer noch in die Augen schauen kann. Die Reihe der Zitate gipfelte in dem Satz vom Dezember 2016: »Gehirnversagen führt nicht unmittelbar zum Tod«. Siegfried Huber: »Damit waren die anderen Gemeinderäte und der Bürgermeister gemeint.«
Dass im Nachhinein von der Bürgerliste auf der Homepage Gemeinderatsbeschlüsse kritisiert werden, die zuvor selbst von ihr – da einstimmig verabschiedet – mitgetragen wurden, prangerte Huber ebenfalls an. Diskussionen sollten am Ratstisch geführt werden, wo auch andere mitdiskutieren können. Bürgermeister Huber sprach den Wunsch aus, dass man »gemeinsam wieder in ruhiges Fahrwasser kommt, ohne Verletzungen und mit Respekt gegenüber dem anderen – um gemeinsam vorwärts zu gehen.« Bürgermeister Huber forderte alle Beteiligten »zum Nachdenken« auf.
Bürgerliste Oberharmersbach nimmt Homepage vom Netz
Am Morgen nach der erneut turbulenten Gemeinderatssitzung hat die Bürgerliste Oberharmersbach ihre Homepage vom Netz genommen. »Wir wollen Ruhe in die Sache bringen«, betonte Gemeinderätin Sonja Wurth auf unsere Anfrage, deshalb habe man in der Sitzung das Friedensangebot gemacht. Sie machte aber auch deutlich, dass es sich hier um eine private Internetseite handle und sie zu dem stehen, was geschrieben wurde. Es könne nicht sein, dass die Seite täglich auf ihre Inhalte geprüft werde. »Oberharmersbach hat wichtigere Probleme als die Homepage der Bürgerliste«, stellt Sonja Wurth fest. In welcher Form sich die Bürgerliste künftig darstellt, darüber müsse erst noch beraten werden.