Zum Obstbrennertag ein motorisierter „Embryo“

Heinz Glatz hat dafür gesorgt, dass zur LADOG-Ausstellung und -Prämierung das Vordenkermodell des allerersten LADOG-Gerätes bestaunt werden kann.

„Am Obstbrennertag war traditionell eine Oldtimer-Ausstellung dabei“, erläutert Barbara Kamm-Essig, Leiterin des Nordracher Tourismusbüros. So entstand die Idee, zum diesjährigen Obstbrennertag am 30. März eine Ausstellung von LADOG-Geräten zu initiieren.

Das 2007 nach Zell am Harmersbach umgezogene Familienunternehmen geht zurück auf die 1920 in Nordrach gegründete Firma W. Guggen-bühler. Diese firmiert seit 1948 unter dem Namen LADOG, was für „Leichte Arbeit durch ordentliches Gerät“ steht. Das erste von LADOG produzierte Gerät war ein von Kleinlandwirten zur Arbeitserleichterung eingesetzter Dreiradschlepper mit einer Motorleistung von vier PS.

„Deswegen laufen hier in Nordrach noch ganz viele von den alten LADOGs“, weiß Barbara Kamm-Essig, „fast jeder Hof hat daheim einen LADOG, aus welchem Baujahr auch immer.“ Drei Prämierungen werden bei der Ausstellung für einen besonderen Kick sorgen: „Wir suchen den ältesten LADOG, den ältesten LADOG-Fahrer und den am schönsten geschmückten LADOG“, schmunzelt die Touristikerin und freut sich: „Dankenswerterweise wird die Firma LADOG für die Aussteller das Startgeld von 10 € pro Fahrzeug übernehmen.“

„Schatz“-Suche

Als Heinz Glatz die Ausschreibung las, läuteten bei ihm sämtliche Glocken. Denn der gebürtige Nordracher hatte Kenntnis von einem uralten Gerät – einem regelrechten Schatz, der seiner Meinung nach unbedingt auf der Ausstellung gezeigt werden sollte. Wo allerdings war er verborgen? Der 77-Jährige erzählt, was er weiß: „Das Gerät war
ein Ursprung für das erste LADOG-Gerät, es war eine Art Embryo. Es wurde entwickelt, als es LADOG noch nicht gegeben hat.“

Die Namen der Tüftler: Der eingangs erwähnte Willi Guggenbühler sowie Anton Burger – irgendwann zwischen 1945 und 1948 müsse das gewesen sein, meint Heinz Glatz. Die Familie Burger kennt er gut, von gemeinsamen Motorradtouren her. Der Enkel Anton Burgers war es, der auf Heinz Glatz´ Betreiben hin das alte Fahrzeug suchte und beim Aufräumen schließlich in einer alten Scheune fand.

„50 Jahre oder länger muss das Gerät dort rumgestanden haben, weil es nicht mehr gebraucht wurde“, meint Heinz Glatz. Ursprünglich habe es sich um einen ganz normalen Handkarren gehandelt, zeigt er auf das Gestänge zu beiden Seiten, mit dem der Karren früher geschoben wurde. „Und dann hat so ein Schlauberger einen Motor reingebaut und zwei Getriebe unten rein. Und eine Achse von ´nem Auto drunter gesetzt – was sie halt nach dem Krieg als Schrott gefunden haben, irgendwo.“ Auf diese Weise sei mit primitivsten Mitteln ein Fahrzeug gebaut worden, mit dem man sich die landwirtschaftlichen Arbeiten erleichtern konnte.

„Nach diesem Muster sind dann später die „LADOG-Dreiradfahrzeuge gebaut worden – die Motoren sind natürlich anders, genauso wie das Getriebe und die gesamte Handhabung.“

Wieder zum Leben erweckt

Abenteuerlich sieht der motorisierte Handkarren von anno dazumal aus. Aber er ist betriebsbereit. Dafür hat Heinz Glatz gesorgt, schlägt in seiner Brust doch noch immer das Herz eines leidenschaftlichen KFZ-Mechanikers.
Auf einem Hänger wurde das Gefährt in des Seniors Werkstatt transportiert, die sich in einer angemieteten großen Garage befindet, „ein Kumpel hat mir dabei geholfen.“ Nach all den Jahren des Still-vor-sich-hin-Stehens lief der Motor nicht mehr, „und auch sonst ist nix mehr gegangen.“ Doch weil ihn die Technik interessierte, wollte Heinz Glatz das gute Stück – nach einer Grundreinigung – unbedingt wieder zum Leben erwecken. „Ich hab´ ein paar Tage daran rumgeschafft, aber jetzt kann man mit dem Ding wieder fahren, sogar die Lichter brennen.“

Zum Beweis bringt er den Motor per Kickstarter zum Laufen – aus dem daneben angebrachten Auspuff quillt erbärmlich stinkender Qualm, dazu ein ohrenbetäubendes Scheppern und Knattern. Ruckzuck ist die Garage eingenebelt, schnell schaltet Heinz Glatz das Unikum wieder aus. Zeigt die Handbremse und die Handkupplung. Und das Gestänge, mit dem in einen kleinen langsamen und einen großen schnelleren Gang geschaltet werden kann. Mit Blick auf das rostige Lenkrad flachst er: „Das ist natürlich eine Servolenkung, das ist ganz klar.“

Original

Mit 15 bis 20 Stundenkilometern sei man unterwegs, schätzt er, Gas gegeben wird mit der rechten Hand, „wie beim Motorrad.“ Eingesetzt wurde das Gefährt für alles, was man dereinst mit dem Handkarren machte: auf den Feldern oder im Wald, meist an Steilhängen gelegen. Dass es viel benutzt wurde, sieht man am Gesamtzustand. So wie der zerfledderte, mit Leder bezogene Sitz ist auch sonst alles an dem Gerät original – mit Ausnahme der Räder. „Da hat man irgendwann mal alte Autoräder drangeschraubt“, weiß Heinz Glatz.

Das von ungezählten Einsätzen gezeichnete Holz der Ladepritsche ist von Wänden umgeben. Hatte man etwas Langes wie zum Beispiel Stämme zu transportieren, konnte man die vordere und hintere Wand herausnehmen: „Das war schon ideenreich, was da aus der Not geboren wurde.“

„Arbeitskuli“

Bei der Suche nach dem uralten, mit drei Rädern ausgestatteten motorisierten Handkarren kam noch etwas anderes zutage: eine uralte Broschüre, die einen „Arbeitskuli“ der damaligen Firma W. Guggenbühler anpries: einen Mehrzweck-Zweiradschlepper, der auch als Kleinsttraktor genutzt werden konnte, den Einsatz von Pferden oder Ochsen ersparte und landwirtschaftliche Arbeiten leichter und schneller zu erledigen ermöglichte.

3,2 bis 5,7 Stundenkilometer und Steigungen bis zu 40 Prozent schaffte er. Und er konnte mit allerlei Zusatzgeräten wie Wendepflug, Baumspritze, Seilwinde, Ackerfräse und Mähbalken ausgestattet werden, bei einem Ladegewicht von bis zu acht Zentnern auch auf holprigen und sehr steilen Wegen und Ackergassen.

Die Werbung für das zum Patent angemeldete Wunderding war durchweg gereimt, beispielswiese so: „Wenn du ein schlauer Bauer bist/ belade mich mit Holz, mit Mist/ mit einem Faß voll dicker Jauche/ ich fahre alles rasch und willig/ und obendrein erstaunlich billig/ im steilsten Berge mit Gefauche.“

Obstbrennertag

Der Nordracher Obstbrennertag findet am Sonntag, den 30 März statt, von 11 bis 18 Uhr in und um die Hansjakob-Halle. Über 100 Edelbrände und Liköre kann man hier genießen, sich von Stargast Hansy Vogt unterhalten lassen und natürlich von der LADOG-Ausstellung samt Prämierung. Dazu gibt es Kreatives und Regionales.