»Ich finde es immer schade, dass Jungmusiker aus den einzelnen Heimatdörfern nicht so viel miteinander zu tun haben.« Deshalb hat die junge Dirigentin der Biberacher Bläserjugend nun ein Doppelkonzert auf die Beine gestellt – zur Eröffnung des großen Dorffestes am 20. Juli.
»Bei Erwachsenenorchestern ist es ganz normal, dass man sich gegenseitig besucht«, sagt Leonie Müller, die Dirigentin der Biberacher Bläserjugend, »deswegen ist es schade, dass das bei Jugendorchestern noch nicht so arg zelebriert wird.«
Genau dies aber wird beim diesjährigen Biberacher Dorffest jetzt der Fall sein. „Hey, wir spielen mit unseren Nachbarn“, wird es dann für die rund 20 Mitglieder des örtlichen Jugendblasorchesters heißen, wenn sie sich mit etwa 30 Kumpanen aus Zell, Entersbach und Unterharmersbach ein musikalisches Stelldichein liefern.
Weil das Musizieren der Jugend bei großen Veranstaltungen in der öffentlichen Wahrnehmung stets unterzugehen scheint, will die selbstbewusste junge Frau in die Offensive gehen und im Vorfeld auf die jungen Musiker aufmerksam machen. Ohne dabei jedoch persönlich in den Vordergrund gestellt zu werden. Bloß nicht!
Genau das aber muss sie sich – in bester Absicht – nun gefallen lassen, ein bisschen jedenfalls. Nicht nur, weil die 20-Jährige die Initiatorin des Biberacher Doppelkonzerts ist. Sondern auch, weil sie bereits im Alter von gerade einmal 16 Jahren die Verantwortung als Dirigentin der Biberacher Bläserjugend übernommen hatte.
Vom Musikmentor zur Dirigentin
»Ich bin in einer musikalischen Familie aufgewachsen«, erzählt Leonie Müller, die im zweiten Bachelor-Jahr eines deutsch-französischen Studienganges steckt und beruflich im grenzüberschreitenden Bereich arbeiten möchte. Musik ist und bleibt also ein reines Hobby für sie. Wenngleich eines mit hohem Stellenwert, »mir ist es wichtig, dass die Musik immer ein Teil von mir ist.«
Als Kind spielte sie zunächst Klavier, doch sobald ihre Finger »groß genug« waren, trat sie in die Biberacher Bläserjugend ein – hatte sie doch schon immer gewusst, dass sie Saxophon spielen möchte. »Warum, das kann ich gar nicht so beschreiben. Mir hat das schon immer gefallen, wenn ich das irgendwo gehört hab’«. Früh bereits gab sie Grundschülern Blockflötenunterricht, absolvierte in der zehnten Klasse dann eine Ausbildung zum Musikmentor.
Diese Ausbildung wird vom Bund deutscher Blasmusikverbände angeboten, fand in mehreren Phasen in Stauffen statt und vermittelte der Musikerin erste Einblicke ins Dirigieren: »Unser Hauptprojekt war die Umsetzung eines Kindermusicals, basierend auf einem Kinderbuch.«
Zu jener Zeit hörte die damalige Dirigentin der Biberacher Jungmusik aus privaten Gründen auf. Leonie Müller übernahm, machte im selben Jahr die Ausbildung zur
Jugendleiterin, legte ein Jahr darauf ihr musikalisches Goldabzeichen ab.
In Kooperation mit den Biberacher Kindergärten führten ihre Jungmusiker 2017 »Die kleine Hexe« auf – ein Kindermusical, das die Musikbegeisterte selbst geschrieben hatte. »Das war ein sehr, sehr großer Erfolg«, freut sie sich im Rückblick noch immer, und dieses Jahr nun also steht besagtes Doppelkonzert an.
Tönende Persönlichkeitsbildung
Warum sie sich dem Dirigieren zugewandt hat? Darüber habe sie noch nie nachgedacht, stellt die Biberacherin überrascht fest, dennoch kommt die Antwort schnell. Weil sie unglaublich gern mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeite, sagt sie. »Und ich finde es toll, wenn man nach und nach an einem neuen Stück arbeitet, seine eigene Fantasie im Kopf hat, wie das später klingen soll« und es nun herauszufinden gilt, ob sich das mit Hilfe der einzelnen Register (das sind Instrumente der gleichen Art) so auch umsetzen lässt.
»Das ist für mich ein Ausdruck von Gefühlen, die man durch die Musik zeigen kann«, so die überaus gesammelt und strukturiert wirkende junge Frau. Und weil jeder Dirigent seine eigene Konnotation habe, findet sie es »total schön«, dass sie unter ein Arrangement ihre eigene Handschrift setzen dürfe.
Doch es ist nicht nur das Dirigieren an sich, das ihr Freude bereitet, sondern das Gesamtpaket. Das besteht darin, sowohl Solisten als auch das Zusammenspiel zu fördern. Und zu merken, wie die Kinder und Jugendlichen durch die Musik zusammenwachsen. Wobei nicht zuletzt die öffentlichen Auftritte ganz nebenbei auch deren Selbstbewusstsein stützen. Kurzum: Das gemeinsame Tönen stärkt das Miteinander ebenso wie die persönlichen Grundfesten.
»Tolle Musiker im Jugendorchester«
Leonie Müller betont: »Ich habe wirklich tolle Musiker in meinem Jugendorchester.« Im Alter von elf bis 18 Jahren sind sie und ihr so sehr ans Herz gewachsen, dass sie für die Proben mit ihnen alle zwei Wochen vom Saarland beziehungsweise von Frankreich aus nach Hause fährt.
In punkto Musikrichtung wird grundsätzlich »die große Bandbreite« gespielt, die Musik von Disneyfilmen ist ebenso dabei wie »mal ein Popsong«. Besonders aber betrachtet die junge Dirigentin es als ihre Aufgabe, dass ihre Schützlinge »die großen Größen der Musikgeschichte kennenlernen – es ist nicht mehr ganz der Normalfall, dass noch jeder weiß, wer Frank Sinatra ist.« Das diesbezügliche Thema in diesem Jahr: Michael Jackson und Whitney Houston.
Das Konzert
Das Doppelkonzert findet am Samstag, dem 20. Juli, statt: im Park beim Biberacher Bahnhof, von 18.30 bis 20.00 Uhr. Zunächst werden sich die Biberacher und ZEH-Jugendbläser jeweils einzeln präsentieren. Gemeinsam dann werden die beiden Jugendorchester das Abschlussstück spielen, mit insgesamt rund 50 Jungmusikern.