Am gestrigen Dienstag fand im Hotel „Sonne“ die traditionelle Vergabe der Bildsteinpreise statt. Erreichen können diese Auszeichnung Hauptschüler der Klasse 9.
Jeder Schüler ist zunächst verpflichtet, eine Beschreibung über sein Lebensumfeld zu verfassen. Deren Bewertung durch die Lehrkräfte geht in das Schulzeugnis ein. Darüber hinaus reichen die Lehrer einen Satz ausgewählter Aufsätze bei der Bildstein-Jury ein. Diese setzt sich aus historisch interessierten Personen zusammen. Sie kommen aus Zell und den Nachbarorten, die über die Hauptschule mit Zell verbunden sind. Die Jury-Mitglieder ermitteln die Preisträger.
Der Preis geht zurück auf Josef Bildstein. Er wurde am 9. Juni 1895 in Nordrach geboren. Nach der Schulzeit arbeitete er für die Gemeinde Nordrach im Wald. Nach dem Ersten Weltkrieg war er im Gartenbau zunächst in Marzell (Kandertal) und ab 1924 bei der Stadt Mannheim beschäftigt. 1965 trat er in den Ruhestand. Diesen verbrachte er zunächst in seinem Geburtsort.
1966 vermachte er der Stadt Zell seine Uhren- und Münzsammlung, die heute im Storchenturm-Museum bewundert werden können. Im Gegenzug nahm ihn die Stadt in eine Alterswohnung des »Spitals« auf. Kurz vor seinem Tod am 27. Februar 1976 überließ Bildstein der Stadt den Erlös aus dem Verkauf seines Hauses in Nordrach und seine Ersparnisse. Damit sollten alle Jahre Abgänger der Hauptschule für herausragende Aufsätze zur Heimatgeschichte mit einer Uhr bedacht werden. Bereits im Jahr darauf fand die erste Preisverleihung statt.
Beispiele für Arbeit und Brauchtum
Der erste Preis geht in diesem Schuljahr an Nils Lehmann von Oberharmersbach. Er beschreibt seinen elterlichen Hof, gemeinhin bekannt als Hubdemushof. Ihn reizte es, Näheres über die Geschichte seines Lebensumfeldes zu erfahren. Dazu befragte er seinen Vater und seinen Großvater. Er erinnert in seinem Aufsatz an die einstige Reutfeldwirtschaft, an den Anbau von Hanf, die Nutzung der Wintermonate für Drechslerarbeiten, das Spinnen der Schafwolle und die Beleuchtung der Stube mit dem Kienspan. Anschaulich werden die neueren Etappen der Mechanisierung dargestellt. Nicht zuletzt zeichnet er einen familiären Stammbaum auf.
Jury-Mitglied Bertram Sandfuchs würdigte die Verdienste des Schülers. Er lobte die Erstmaligkeit des Themas, war doch in den Hunderten von Bildstein-Ausätzen noch nie von diesem Hof die Rede. Der ungewöhnliche Name »Hubdemushof« setzte sich zusammen mit aus der Gewannbezeichnung »Hub« und »Niko-demus«, dem Vornamen eines zeitweiligen Besitzers. Lehmann bediene sich einer einfachen klaren Sprache, es werde deutlich, wie die Generationen beweglich genug waren, um die wachsenden technischen Möglichkeiten zur Arbeitserleichterung zu nutzen.
Der zweite Preis geht an Eva Kiesel von Nordrach. Sie hat ihren Aufsatz der örtlichen Narrenzunft gewidmet. Sie zeigt auf, wie die weit zurückliegende Glasherstellung in Nordrach-Kolonie zur Fasendfigur des Glashansels geführt hat. Ausführlich beschreibt sie die Kleidungsstücke und Utensilien, welche den Glashansel ausmachen. Sie schildert, wo sie sich selbst schon bei der Erstellung eines Häs eingebracht hat. Schließlich erfährt der Leser etwas über den Verlauf und die Stimmung eines Narrentreffens im heimatlichen Ort.
Nordrachs ehemaliger Bürgermeister und Jury-Mitglied Herbert Vollmer freute sich über die Anerkennung für eine Schülerin aus seinem Ort. Eva sei in einer Familie aufgewachsen, welche die Fasend in Nordrach pflege. Diesen »Bazillus« habe sie von Kind an aufgenommen und jetzt zum Thema ihres Aufsatzes gemacht. Sie gehöre inzwischen selbst zur Gruppe der Glashansel. Neben dem eigenen Erleben habe die Verfasserin auf das Heimatbuch zurückgegriffen, wodurch größere geschichtliche Linien deutlich werden.
Nachhaltige Idee
Bürgermeister Günter Pfundstein hatte es sich nicht nehmen lassen, die Preise persönlich zu überreichen. Wie erwähnt bestehen diese aus einer von den Schülern selbst ausgesuchten Uhr. Es sei in diesem Jahr bereits die 42. Preisverleihung, erinnerte Pfundstein. Die Nachhaltigkeit zeige, dass der Stifter des Preises, Josef Bildstein, und seine ortsgeschichtlichen Berater eine Idee hatten, die sich bewährt habe.
Rektor Martin Teufel nutzte die Gelegenheit, um den beiden Preisträgern zu gratulieren. Sie seien ein Aushängeschild, womit die Schule glänzen können. Er dankte insbesondere den beiden Lehrerinnen Elke Blachowski-Hanselmann und Laura Appenzeller, dass sie in den 9ten Klassen der Hauptschule die Schüler ermutigen, ihr eigenes Lebensumfeld zum Thema eines Aufsatzes zu machen. Schließlich dankte er den Mitgliedern der Jury, die sich mit den Aufsätzen befassen und diese umsichtig bewerten. Im Blick auf seinen bevorstehenden Abschied von der Schule bedauerte er, künftig nicht mehr an den Verleihungen des Bildsteinpreises teilnehmen zu können.





