Die Rettung lautete: Parklift statt Tiefgaragen-Einfahrt. Nun ist der offizielle Spatenstich erfolgt.
Dort, wo einst die Nebengebäude standen, liegt nun bracher Erdboden. Hinter Bauzäunen und dem verbliebenen Altbau wurde am vergangenen Freitagvormittag gefeiert – nämlich der offizielle Spatenstich zur „Sanierung des ehemaligen Gasthauses Kreuz mit Anbau zum Wohnhaus“. Bis Ende 2026 respektive Anfang 2027 soll das Bauvorhaben abgeschlossen sein.
Da der Gaststättenbetrieb wegen Corona-Pandemie und internen Schwierigkeiten nicht wie geplant weitergeführt werden konnte, hatte die Firmengruppe Orbau das zentral im Ort gelegene Areal vom Eigentümer-Ehepaar Smithson erworben. Dies rekapitulierte der Architekt Luca Isenmann, der gemeinsam mit seinem Vater – dem Bauingenieur Burkhard Isenmann – die Geschäftsführung des Zeller Familienunternehmens innehat, in seiner Ansprache unter sonnigem Himmel.
„Reißen wir es ab oder lassen wir es bestehen?“, war in den ersten Nutzungskonzepten diskutiert worden. Die Lösung entsprach einer Kombination aus Wohnnutzung und medizinischer Versorgung. Dies führte zum Erhalt des altehrwürdigen Gebäudes und beinhaltet ein innovatives Gesamtkonzept mit drei Neubauten, insgesamt entstehen 17 Zwei- bis Vier-Zimmerwohnungen in Größen von 57 bis 132 Quadratmetern.
Tradition triff Moderne
Zudem gibt es einen eingeschossigen Bau als Bindeglied, in dem eine Arztpraxis untergebracht wird. Luca Isenmann: „Fast genau vor einem Jahr hatten wir das endgültige Konzept dem Gemeinderat vorstellt.“
Dessen wichtiger Bestandteil war die Optimierung der Parkplatzsituation. Denn wegen dieser stand im Verlauf des Planungsprozesses der Erhalt des historischen Gasthausgebäudes zwischenzeitlich auf der Kippe. „Mit einer normalen Tiefgarageneinfahrt hätte man das „Kreuz“ abbrechen müssen“, resümierte Luca Isenmann. Dies zu verhindern gelang mithilfe eines Parklifts als Zugang zu den 22 Tiefgaragenstellplätzen, die den erforderlichen Stellplatznachweis mit einem Faktor von 1,5 erfüllen. Hinzu kommen acht KFZ-Außenstellplätze.
„In Bezug auf den PKW-Aufzug war das Problem für die Polizeibehörde, dass es hier, auf der innerörtlichen Straße, einen Stau gibt, wenn man in die Garage einfährt und es dabei
zu Wartezeiten kommt“, erläuterte Luca Isenmann. „Wir haben der Polizeibehörde aber nachweisen können, dass innerhalb von knapp fünf Sekunden vom Einbiegen eines PKW in die Straße bis zum Eintreffen am Lift die Türen dank Funksender schon auf sind, so dass man sozusagen direkt reinfahren kann.“
Hier Fußbodenheizung, dort „Klimadecke“
Claudius Genter, technischer Leiter der Orbau-Gruppe, fasste die wichtigsten Besonderheiten des Projekts zusammen: Das Bestandsmauerwerk im Altbau „Gasthof Kreuz“ bleibt im Erd- und Obergeschoss erhalten, das Dachgeschoss erhält eine vollständig neue Holzbaukon-struktion. Die künftig hier vorhandenen fünf Wohneinheiten werden mit Fußbodenheizung ausgestattet, wie man sie klassischerweise in Neubauten kennt. Als Heizsystem dient eine Wärmepumpenanlage, die auf dem Dach untergebracht wird.
Der Neubaubereich wird zwecks Raumklima-Optimierung und somit ressourcenschonend in monolithischer Bauweise errichtet. Besonders hob Claudius Genter das innovative Konzept der sogenannten „Klimadecke“ hervor. Dank dieser kann man von der Zimmerdecke her über Strahlungswärme einerseits heizen, über die Wärmepumpe aber auch kühlen, was in den immer wärmer werdenden Sommern Behaglichkeit verspricht. „Und dadurch, dass wir über eine ergänzende Photovoltaik-Anlage im Sommer super viel Strom haben, kann die Wärmepumpe fast zum Nulltarif laufen.“
Viel Grün und Barrierefreiheit
Für weiteren Komfort sorgen eine Loggia in jeder Wohnung beziehungsweise angelegte Terrassen im Erdgeschoss. Der große Bestandsbaum vor dem ehemaligen Gasthaus bleibt erhalten, es gibt begrünte Flachdachflächen, Bepflanzungen im Außenbereich sowie einen kleinen Kinderspielplatz. Der Neubau wird barrierefrei erschlossen, der Altbau ist innerhalb des Hauses nach der Sanierung ebenfalls barrierefrei.
Geschäftsführer Luca Isenmann bedankte sich unter anderem bei der Gemeinde für die außergewöhnlich konstruktiv-kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diesen Dank erwiderte Bürgermeister Jonas Breig postwendend.
Die Gemeinde lebenswert halten
Zudem führte er aus: „Durch die Anbindung an den Bahnhof merken wir, dass wir einen wahnsinnigen Druck auf dem Wohnungsmarkt haben.“ Von daher sei es immer gut, wenn – auch bezahlbarer – Wohnraum in der Ortsmitte entstehe. Gleichzeitig gelte es jedoch darauf zu achten, dass die Gemeinde lebenswert bleibe. „Wenn alles zu Wohnraum wird, haben wir irgendwann kaum noch Aufenthaltsraum für das öffentliche Leben oder die Daseinsvorsorge“, erklärte das Ortsoberhaupt, warum der Gedanke geboren worden war, als Gemeinde eine Arztpraxis in dem Bauprojekt und damit in zentraler Lage zu erwerben und somit die örtliche Entwicklung mitsteuern und entwickeln zu können.
Mit dem Gesamtkonzept samt der gefundenen Kompromisse – auch in Bezug auf die Carlifts als „sehr ambitionierte Lösung“ – zeigte Jonas Breig sich sehr zufrieden, „ich denke, alt und neu werden sehr gut harmonieren.“ Betreffs der Arztpraxis ist die Gemeinde bereits mit drei Ärzten im Gespräch. „Nichtsdestotrotz können sich gerne weitere Interessenten bei uns melden“, betonte der Bürgermeister und hob abschließend hervor, dass er sich auf das entstehende neue Ortsbild freue.
Förderbar durch die KfW
Die beiden Orbau-Geschäftsführer Burkhard und Luca Isenmann berichteten, dass 50 Prozent der gesamten Gebäudefläche bereits verkauft sind, was als positives Signal für die Zukunft der Umgebung zu bewerten sei.
Mit Blick auf den Altbau, der wieder zum Leben erweckt werden soll, betonten die Orbau-Verantwortlichen zudem: „Durch unsere ganzheitliche Sanierung unter Berücksichtigung der statistischen Bestandsstrukturen erreichen wir mit unserer energieeffizienten Sanierung den Standard Effizienzhaus 55, förderbar durch die KfW.“ Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist eine staatliche Anstalt und eine der führenden Förderbanken der Welt.
Käufer von Wohnungen (egal welcher Größe) im Bestands-gebäude, im Altbau also, können von der KfW einen Kredit über 150 000 € in Anspruch nehmen, verbunden mit einem Tilgungszuschuss in Höhe von 45 000 Euro.
Rundherum positives Fazit
Alle Beteiligten bewerteten das Konzept der „zukunftsorientierten Wohnanlage mit Respekt vor der Geschichte“ als rundherum gelungen, weil es sowohl städtebauliche als auch technische Herausforderungen erfolgreich integriert.
Die seit 31 Jahren in Biberach wohnende Monika Eble, die mit ihrem Mann unter den allerersten Käufern war und am Spatenstich teilnahm, fasste zusammen: „Uns hat das durchdachte Konzept überzeugt, mit Tiefgarage, Arztpraxis, modernen Wärmepumpen, Klimadecke, Loggien und gut gestalteten Grünflächen.“





