Lösung: Das Bild erinnert an die Zeit, als in Oberharmersbach der Einzelhandel noch eine gewichtige Rolle spielte. Abgebildet ist die Handlung Bruder (über der Ladentür steht: Handlung von Karl Bruder) wenige Jahre nach 1900. Vor dem Geschäft stehen wohl Mitglieder der Familie Bruder und Kinder der benachbarten Familie Brucher (»’s Schninders«). Die größeren Schaufenster des Lebensmittelgeschäfts wurden Mitte der 1950er Jahre eingebaut, die Holztreppe wich ungefähr zu selben Zeit einem Anbau.
Rechts ist ein Herrenfahrrad zu sehen, in der damaligen Zeit eine Rarität. Damenfahrräder kamen erst nach dem Ersten Weltkrieg nach Oberharmersbach. Die Näherin Margarete Schwarz (»die nerscht Gret«) soll 1919 als erste damit durch das Dorf gefahren sein, ihr folgte Justina Haas vom Gorgisenberg, bevor sich diese Fortbewegungsmöglichkeit auch bei anderen jungen Damen durchsetzte.
1891 erwarb der Blumenmacher Karl Bruder (daher auch der Name »Strußmochers« im Volksmund) die Nagelschmiede des Albin Kasper und hielt fortan Lebensmittel und Textilien feil. 1907 wird Marie Luise Bruder als Geschäftsinhaberin aufgeführt, nach ihrem Tode ihr Mann Edmund. 1946 folgte Marie Luise Killig, die 1971 das Geschäft ihrer Tochter Ingrid übergab.
Ingrid Hildebrandt ergänzte das Warensortiment im Jahre 1992 mit einer Quelle-Agentur. Im Oktober 1998 bot sie zusätzlich mit einer Postagentur in ihrem Geschäft auch den Service der Deutschen Post AG an.
Der Trend zu Supermärkten und die Mobilität (Pendler) machten dem Einzelhandel nach und nach den Garaus. Die kleinen familiär ausgerichteten Geschäfte, gut sortiert, persönlich im Umgang mit Kunden (und oftmals auch zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten für Noteinkäufe geöffnet) wurden verdrängt – markantes Zeichen für den Strukturwandel auf dem Land oder, wie anderswo schon wesentlich deutlicher ausgeprägt, für das »Sterben der Dörfer«.
Der Trend war auch ins »’s Strußmochers« mit verschiedenen zusätzlichen Angeboten für die Kundschaft nicht aufzuhalten. Am 31. Januar 2005 begrüßte Ingrid Hildebrandt zum letzten Mal Kunden in ihrem Geschäft. Die Post-Agentur führt seither »Haarmode Magdalene«.





