Mit dem morgigen Samstag verliert Unterharmersbach einen traditionsreichen Handwerksbetrieb und ein alteingesessenes Fachgeschäft: Die »Rösslemühle« schließt für immer ihre Türen. Die Wurzeln der Mühle reichen bis in das Jahr 1860 zurück. Seit 1993 wird das Geschäft von Klara und Alfred Hilberer geführt. Neben Getreide und Mehl gab es in der »Rösslemühle« vor allem Naturkost-Lebensmittel.
Dass früher oder später das Ende des traditionsreichen Geschäftes kommt, hat sich schon längere Zeit abgezeichnet, da Klara und Alfred Hilberer keine Nachfolger haben. Aber beide sind gerne dem Geschäft und ihrer täglichen Arbeit nachgegangen, obwohl sie das offizielle Rentenalter längst erreicht haben. Klara Hilberer wird in diesem Jahr 75, ihr Mann ist vier Jahre älter.
Dass die Hilberers jetzt recht kurzfristig das Geschäft schließen, ist aus gesundheitlichen Gründen. Klara Hilberer ist im vergangenen Jahr gleich zweimal gestürzt, zuletzt am 11. November auf der Treppe hinter dem Haus. Sie ist zwar wieder auf dem Weg der Besserung, aber immer noch nicht voll einsatzfähig. Ihr Mann musste sich Anfang Dezember einer geplanten Hüftoperation unterziehen und darf nicht schwer heben. Deshalb blieb die »Rösslemühle« schon vor Weihnachten einige Zeit geschlossen.
»Jetzt hören wir auf«, stellen beide gemeinsam fest. Am Montag haben sie den Räumungsverkauf bekanntgegeben. Am morgigen Samstag ist der letzte Öffnungstag. Mehl und Naturkost gibt es im Ausverkauf zum Sonderpreis. Beim Räumungsverkauf werden Klara und Alfred Hilberer von Aline Pietsch, der Lebensgefährtin ihres Sohnes unterstützt, die ebenfalls im Haus im Mühlweg wohnen.
Mühle stand schon längere Zeit still
Mehl wird in der »Rösslemühle« schon lange nicht mehr gemahlen. »Ich habe die Mühle zum Schroten und Quetschen verwendet oder zum Schaumahlen, wenn Schulklassen gekommen sind«, berichtet Müllerstochter Klara Hilberer. Ihr Vater Anton Singler, der aus einer Schuttertaler Müllerfamilie stammte, hatte den Handwerksbetrieb im Jahr 1937 übernommen.
Im Jahr 1942 ist die Unterharmersbacher Mühle bis auf die Grundmauern abgebrannt. Anton Singler war zu dieser Zeit im Kriegsdienst und ist erst 1948 wieder aus der Gefangenschaft heimgekehrt. Seine Frau ließ das mehrstöckige Gebäude noch in den Kriegsjahren unter schwierigsten Bedingungen wieder aufbauen.
So wie die Mühle damals wieder aufgebaut wurde, sehen das Wohn- und Geschäftshaus und die einstigen Gewerberäume der »Rösslemühle« auch heute noch aus. Im Keller dreht sich ohne Unterlass die Turbine und – wenn eingekuppelt – die ganze Transmission. Früher wurde Gleichstrom erzeugt, heute liefert der Generator Wechselstrom für den Eigenbedarf und die Netzeinspeisung. In den darüber liegenden Stockwerken ist die eigent liche Mühle untergebracht.
Im Jahr 1993 ist Müller Anton Singler im Alter von 87 Jahren verstorben. Bis wenige Monate vor seinem Tod hatte er mit der Wasserkraft des Mühlbachs noch Mehl gemahlen. Nach seinem Tod hat Klara Hilberer das elterliche Geschäft weitergeführt.
Ihr Mann Alfred Hilberer hat zunächst nur im Geschäft ausgeholfen. Er stammt aus Lahr-Reichenbach und hat bei der Firma Elektro-Schneider in Unterharmersbach den Beruf des Elektrikers erlernt. Im Jahr 1968 haben Klara und Alfred Hilberer geheiratet, aus ihrer Ehe sind ein Sohn und eine Tochter hervorgegangen.
Alfred Hilberer ist im Jahr 1978 zu den Prototyp-Werken gegangen und hat dort 29 Jahre lang bis zu seinem Renteneintritt gearbeitet. Seither arbeitet er mit seiner Frau zusammen und kann nun morgen mit 78 Jahren ein zweites Mal in den Ruhestand gehen.
Den kompletten Bericht und weitere Bilder finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.