Nicht enden wollender Applaus und drei vom Publikum stürmisch geforderte Zugaben: Der Musik- und Trachtenkapelle Unterharmersbach gelang bei ihrem Jahreskonzert unter dem Motto »Gauner, Ganoven und Halunken« ein Gesamtkunstwerk, das für »Aug, Ohr und Herz« höchste Ansprüche erfüllte. Mal fulminant und imposant, mal Pianissimo – die Musiker nahmen das Publikum mit auf eine vergnügliche Reise durch die Welt der Gauner, Ganoven und Halunken.
Intendant und Geheimagent in dieser Welt der Halunken und Ganoven war Dirigent Stefan Polap. Er hatte mit seiner anspruchsvollen Wahl die Latte für seine Musikerinnen und Musiker hoch gehängt. Führte sein Orchester am Konzertabend sicher an allen Klippen vorbei. Und die Musik- und Trachtenkapelle Unterharmersbach begeisterte mit hochkarätigen Perlen der sinfonischen Blasmusik und der internationalen Filmmusik sein Publikum.
Dafür hatte der erfahrene und begabte Dirigent mit seinen Musikerinnen und Musikern intensiv geprobt, um den besonders zahlreichen heiklen und schwierigen Stellen der Konzertstücke Feinschliff zu geben. Es erstaunte, mit welcher Präzision, gepaart mit scheinbarer (weil erprobter) Leichtigkeit das Orchester Anspruchvolles meisterte. Stimmung und Intonation waren wunderbar anzuhören.
Die Reise beginnt
Zum Anfang des Konzerts hieß es: »Leinen los«. Mit dem schwungvollen »Seeteufel Graf Luckner Marsch« stieg die Musikkapelle Unterharmersbach mit ihrem Dirigenten Polap auf hohem Niveau in den Konzertabend ein. Anschließend folgte mit »Banditenstreiche« ein erster kompositorischer Höhepunkt. Mit Charme und Schwung, mit Präzision und Witz zog die Ouvertüre zu Franz von Suppés Operette vorüber. Dabei beeindruckten das prägnante Anfangsmotiv und der folgende Wechsel zwischen schnellen und romantischen Klängen und das stürmische Finale. Dieses Stück der sogenannten »leichten Muse«, das so schwer zu realisieren ist, zeigte beeindruckend: Die Musikkapelle Unterharmersbach hat sich zu einem bemerkenswerten Klangkörper entwickelt.
Mindestens genauso außergewöhnlich und mitreißend war »Devil’s Tower« von Thomas Doss. Das Werk wurde 2016 uraufgeführt. Die Musik- und Trachtenkapelle Unterharmersbach ist damit unter den ersten Orchestern, die das Stück präsentierten. Es basiert auf einer Sage über den Teufelssturm im österreichischen Waldneukirchen. Der Geschichte nach wurde eine Burg im besagten Ort von Raubrittern bewohnt, die den Einheimischen das Leben schwer machten. Als die Ritter besiegt waren blieb nur der Turm stehen, welcher vom Teufel besetzt wurde, der nachts mit viel Getöse durch die Hölle ritt. Eines Tages glückte es einem frommen Mönch den Teufel zu verbannen.
Die Musikkapelle folgte aufmerksam den prägnanten, im dirigistischen Duktus mitreißenden Anweisungen von Stefan Polap. Eindrucksvoll verstand sie es, die Sage mit kraftvollen Klängen und tollen Klangeffekten zu erzählen, was bei dem ein oder anderen Zuhörer (beim Teufelsritt durch die Hölle) Gänsehaut hervorrief. Aber das ist ja das Schönste für einen Musiker: nur mit Melodien Geschichten zu erzählen und die Leute mitzureißen.
Mit dem Werk für Blasorchester »Max und Moritz«, in welchem Guido Henn (Konzertmeister beim Luftwaffenmusikkorps Karlsruhe) die Streiche der beiden weltbekannten Lausbuben vertonte, bereitete der Musikverein seinen Konzertbesuchern – Dank der mitreißenden Musik – großes Vergnügen. Fabian Kornmeier am Flügelhorn und Laura Nesser am Tenorhorn meisterten ihren Solopart in der Rolle von Max und Moritz routiniert, frech, tonsicher und galant. Höchste Konzentration wurde von der Kapelle bei der maritimen Rhapsodie »The Seafarer« (1940) abverlangt. Der Komponist Haydn Wood zog mit seinen Eltern im Alter von drei Jahren auf die Insel Man. Hier wuchs er mit dem Meer und den Seemannsliedern auf. Aus den Erfahrungen dieser Zeit entstand das Werk »The Seafarer«, in dem Haydn Wood traditionelle irische und schottische Shanties kunstvoll verarbeitete. »The Seafarer«, bei vielen Wertungsspielen als Pflichtstück in der Oberstufe angesiedelt, entpuppte sich als technisch anspruchsvollstes Werk des Abends.
Dieses war der erste Streich, doch der zweite…
…folgt sogleich: Der zweite Teil wurde mit dem berühmten Soundtrack des Western-Klassikers »Die glorreichen Sieben« von Elmer Bernstein eröffnet. Akzentuierte Forte-Schläge wechseln mit synkopischen Sequenzen. Ein Stück bester Filmmusik, das beispielhaft für den amerikanischen Western steht. Mit unterschiedlichen Instrumentierungen, Tempi, Lautstärken schaffte es die Musikkapelle für die diversen Stimmungen des Films die jeweils ideale Untermalung zu finden.
»Il Triello« (das Trio) ist die Hintergrundmusik am Schluss des Films »The Good, the Bad and the Ugly« (Deutscher Titel: Zwei glorreiche Halunken). Der mexikanisch klingende Soundtrack wird als eine der größten Filmmusiken angesehen. Die spannungsgeladene Wüstenstimmung wurde durch gelb-orange Beleuchtung in die Schwarzwaldhalle gebracht. Der berühmte Arrangeur Johan de Meij zeigte einmal mehr seine große Meisterschaft im Werk für Solo-Trompete und Orchester, in dem auch die Holzbläser viele solistische Passagen zu tragen haben. Das weltberühmte Trompetensolo übernahm an der Trompete Joel Braun. Überzeugend sorgte er für Gänsehautstimmung und erhielt nach der grandiosen Leistung den verdienten Applaus.
Weiter ging es mit einem Medley bekannter Hits aus dem Musical »Chicago«. Darin reihten sich die »Highlights from Chicago« nahtlos aneinander. Das gekonnt angelegte Arrangement begann mit einem Blues-Trompetensolo und bot allen Registern einen Moment im Rampenlicht. Mit Swing und Jazz-Klängen der 1930er Jahre sorgten die Musiker für gute Laune bei den Gästen in der gut gefüllten Schwarzwaldhalle.
Begeistert gefeiert wurde der »Typewriter«. Simon Vollmer in der Rolle als perfekter Sekretär packte auf der Bühne seine Schreibmaschine aus. Dann ging es los und immer wenn die flotte Musik des Orchesters kurz endete ertönte mit rhythmischer Präzision das charakteristische »Ding« der Schreibmaschine. Danach brillierten wieder bis zum nächsten Einsatz des Typewriters die glänzend aufgelegten Solisten Franziska Stöhr, Ramona Lehmann und Christian Vollmer auf ihren Klarinetten. Bekannt wurde dieses Stück insbesondere durch den amerikanischen Komiker Jerry Lewis in dem Film »Der Ladenhüter« von 1963. Eine tolle Idee und einer der Höhepunkte eines tollen Abends auf höchstem Niveau.
Zum Abschluss ging es auf Verbrecherjagd: Bei »James Bond – 007«, arrangiert von Johan de Meij, begleitete die Musikkapelle den Titelhelden musikalisch durch seine Abenteuer in den Filmen »Octopussy«, »In tödlicher Mission« und »Goldfinger«. Bei der Titelmelodie fielen sogar Schüsse, aber glücklicherweise haben die dafür verantwortlichen Schlagzeuger niemanden getroffen.
Zum Finale gab sich, im Rahmen der drei Zugaben, noch »Miss Marple« die Ehre. Mit »Il Briccone« und der »Seeteufel Graf Luckner-Marsch«, bei dem die Besucher mitklatschten und mitsangen, wurde ein toller Schlusspunkt gesetzt.
Danach spielte das »Blue Sky«-Duo zum Tanz auf und der Konzertabend klang bei guten Gesprächen über einen hervorragenden Konzertabend, beim Treffen der Akteure mit ihrem Publikum, langsam aus.