Prinzessin, Krankenschwester und Patronin des 3. Ordens: Die Heilige Elisabeth von Thüringen war eine „mutige, starke und krankenpflegende Frau“. Pater Leonhard Lehmann, Professor der Theologie, zeichnet das caritative Leben einer Frau nach, der nur ein kurzes, aber intensives Leben gegönnt war.
Über kaum eine Frau, die sich der Frömmigkeit, der Nächstenliebe, den Armen und Kranken sowie dem religiösen Leben so intensiv gewidmet hat, wurden so viele Biografien geschrieben, wie Pater Leonhard in seinem kurzweiligen Vortrag betonte. Auf Einladung des „Forum älterwerden“ Zell hatte er die eindrucksvolle Geschichte der frommen Frau in seinem Vortrag nachgezeichnet. Freilich konnte der aus Unterharmersbach stammende Kapuziner nur kurz und knapp auf die Eckpunkte der umfassenden Biografie seinen Fokus legen.
Die Kindheit von Elisabeth von Thüringen
Die im Alter von nur 24 Jahren verstorbene Elisabeth von Thüringen wurde 1207 in Sàrospatak im Nordosten Ungarns geboren, unweit der heutigen Grenze zur Slowakei und der Ukraine. Elisabeth war die Tochter des ungarischen Königs Andreas II. und der Gräfin Gertrud von Andechs-Meranien. Ein nobles Leben schien vorgezeichnet. Mitnichten. „Schon früh im Alter von nur vier Jahren wurde die kleine Elisabeth nach Deutschland auf die Wartburg gebracht, um deutsche Sitten zu lernen und sie in weiterer Folge auch zu verheiraten“, betont Pater Leonhard im Vortrag vor den Seniorinnen und Senioren. Vermutlich wurde sie schon früh dem Landgrafen von Thüringen für einen seiner Söhne als zukünftige Ehefrau versprochen, was seinerzeit in Adelskreisen üblich war.
Ablehnung gegenüber Prunk
Ausgestattet mit einer reichen Mitgift ihrer Eltern hat Elisabeth über 1.100 Kilometer entfernt von ihrem Elternhaus ihre Kindheit verbracht. Aber sie war und wurde alles andere als eine noble Prinzessin mit Glamour, Glitzer und Prunk, auch wenn sie schon früh von Hofdamen umringt und behütet wurde. „Sie war ein einfaches Mädchen, gläubig und fromm, aber auch ein Mensch mit ausdrücklicher Fröhlichkeit“, betont Pater Leonhard im Vortrag.
Auch ihr Äußeres deutete nicht auf die Noblesse einer aristokratischen jungen Dame hin. Ihre Haltung zum höfischen Prunk in der Residenz der Thüringer auf der Wartburg war schon recht früh eindeutig ablehnend. Zu ihren Hofdamen sagte sie: „Wir müssen Menschen eine Freude machen. Menschen brauchen Freude.“ Obwohl Adlige nicht arbeiten mussten, tätigte sie Hausarbeiten. „Und vor allem kümmerte sie sich in weiterer Folge ihres Lebens persönlich um Arme, Kranke und Notleidende. Menschen, die Hunger litten brachte sie Essen“, sagt Pater Leonhard.
Die schicksalhaften Jahre der jungen Elisabeth
Im Jahr 1221, als Elisabeth 14 Jahre alt war, heiratete sie den Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen. Im Alter von 20 Jahren verlor sie bereits ihren geliebten Ehemann, mit dem sie drei Kinder hatte. Ludwig hatte sich im Sommer 1227 zum Fünften Kreuzzug aufgemacht. Kurze Zeit später, im September 1227, starb er in Italien an einer Infektion. Er wurde nur 27 Jahre alt.
Die Biografien über die Hl. Elisabeth
Pater Leonhard, der sich intensiv mit der Biografie der Hl. Elisabeth beschäftigte, brachte zum Vortrag das 1.700 Seiten umfassende Werk „Quellen der Elisabeth“ mit, welches er selbst verfasste hatte. Biografien verschiedener Autoren hatte er ausgelegt und zur Ansicht herumreichen lassen. Er verwies zudem auf die „Vita sanctae Elisabethae“, die von Dietrich von Apolda, einem Dominikaner und Verfasser von Heiligenbiografien im 13. Jahrhundert, geschrieben wurde. Von Apolda hatte seinerzeit Interviews mit den vier Hofdamen, aber auch mit etlichen Zeitzeugen von Elisabeth von Thüringen geführt. Das umfassende hochmittelalterliche Werk gilt bis zum heutigen Tag als eines der herausragenden zeitgeschichtlichen Werke.
Einsatz für die Armen und Kranken
Nach dem Tod ihres Mannes sollte sich das Leben von Elisabeth grundlegend ändern. Der Druck vor allem aus der Verwandtschaft und Familie ihres verstorbenen Mannes Ludwig, dem Adel sowie den Hofbeamten wurde stärker. Ihre drei Kinder Hermann, Sophie und Gertrud wuchsen im Kloster auf. Sie sollte sich neu verheiraten, was Elisabeth bis zu ihrem Tod nicht wollte. Zwischenzeitlich wurde sie aus der Wartburg samt den Hofdamen vertrieben. Dann veranlasste sie ein weiteres Hospital in Marburg zu bauen. Sie selbst war dort als einfache Schwester tätig.
Bereits zu Lebzeiten ihres Mannes hatte sie mit ihm zusammen 1223 ein Hospital in Gotha errichten lassen, um sich ganz der Fürsorge für die Armen und Bedürftigen sowie der Kranken hinzugeben. Elisabeth galt schon früh als „Frau Mutter“ im Hospital.
Krankenschwester und Patronin des Dritten Ordens
Elisabeths Beichtvater Konrad von Marburg, der nach dem Tode Ludwigs gleichzeitig der kirchliche und rechtliche Berater wurde, schrieb: „Elisabeth ist eine mutige und krankenpflegende Frau“. Nach dem Vorbild vom Hl. Franziskus pflegte sie Kranke und Aussätzige, lebte, betete und arbeitete mit ihnen. Die einst als „Dritter Orden“ gegründete Gemeinschaft, die vorwiegend aus Laien besteht, geht auf das Wirken vom Hl. Franziskus zurück. „Elisabeth ließ sich in den Orden aufnehmen und wurde Patronin des Dritten Ordens“, so Pater Leonhard. So war sie auch Patronin der Caritas.
Tod und Heiligsprechung
Die fromme und fürsorgende Fürstin Elisabeth starb recht jung im Alter von 24 Jahren am 17. November 1231 in Marburg. Konrad von Marburg hatte ein Jahr nach ihrem Tod das Heiligsprechungsverfahren für Elisabeth eingeleitet. Bereits 1235 wurde sie von Papst Gregor IX. heiliggesprochen.
Pater Leonhard rundete seinen Vortrag mit drei Bildern der Hl. Elisabeth ab. Ein Glasfensterbild zeigt Elisabeth mit einem ausgebreiteten Tuch voll mit Broten. Ein weiteres Bild zeigt sie als Skulptur in eleganten Gewändern und auf ihrem Kopf trägt sie eine Krone.
Zum Abschluss machte Pater Leonhard das Publikum darauf aufmerksam, dass jährlich am 19. November der Gedenktag der Hl. Elisabeth begangen wird. Und zwar feiern all jene, die auf den Namen Elisabeth getauft wurden, den Namenstag.
Die Legenden
Über die Hl. Elisabeth gibt es viele Legenden. Die „Rosenlegende“ auch „Rosenwunder“ genannt, ist wohl die bekannteste. Als Elisabeth auf dem Weg zur Burg hinab ins Dorf war, wurde sie von ihrem Ehemann Landgraf Ludwig gefragt, was sich in dem Korb befindet. Sie schlug das Tuch zurück und der ganze Korb war gefüllt mit Rosen, obwohl sie ursprünglich Brote hineingelegt hatte. Auf diese Legende gehen viele bildliche Darstellungen zurück.
Diese Geschichte, auf einer Papierrolle gedruckt und dazu eine Rose, wurden zum Schluss den Seniorinnen und Senioren als Symbol für Elisabeths Nächstenliebe vom Leitungsteam überreicht.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer bedankten sich mit Applaus für den informativen Vortrag von Pater Leonhard, großer Dank auch vom Leitungsteam „Forum älterwerden“.
Über Pater Leonhard Lehmann
Leonhard Lehmann wurde 1947 als sechstes Kind einer Kleinbauernfamilie aus Unterharmersbach geboren. Nach der Volksschule absolvierte er das Altsprachliche Gymnasium in Bensheim (Hessen), wo er im Internat der Kapuziner wohnte. Nach dem Abitur trat er als Novize in den Kapuzinerorden ein und studierte in Münster und Tübingen Philosophie und Theologie. Die Priesterweihe erhielt er im Jahr 1973 in der Zeller Wallfahrtskirche. Einige Jahre wirkte er als Kaplan. 1982 promovierte er zum Doktor der Theologie und wurde für das Weiterstudium in Rom an der Päpstlichen Universität „Antonianum“, der Hochschule der Franziskaner und Kapuziner, freigestellt. Danach wirkte er als Dozent an der „Philosophisch-theologischen Hochschule für Franziskaner und Kapuziner“ in Münster. 1989 erhielt er am „Antonianum“ einen Lehrstuhl für die Schriften von Franziskus und Klara. Nach 30 Jahren beendete der bekannte Franziskus-Forscher seine Lehrtätigkeit in Rom. Seit Juli 2019 lebt er in Zell, wo er oft seine Sommerferien verbrachte und die Kontakte zu den Menschen im Tal pflegte.