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Zell am Harmersbach | 4.05.2022

Erfolgskomödie als Gesellschaftssatire

»Zell inspiriert – Zell lebt – Zell feiert« – Schauspieler Markus Schultz konnte überzeugt

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Die Bühnenausstattung aus leeren Weinkisten und einem einfachen Brett stellt die Rezeption eines berühmten Restaurants dar, das völlig ausgebucht ist. Sam ist die Stimme der Telefonhotline und jagt von einer Katastrophe in die nächste. Foto: Gisela Albrecht
von Gisela Albrecht

Das Theater Eurodistrict Baden Alsace gastierte am Freitagabend im Kulturzentrum. Die Zuschauer erlebten eine One-Man-Comedy mit dem Schauspieler Markus Schultz, der mit seiner sehr facettenreichen Darstellung von 36 Figuren überzeugen konnte.

Der »One-Man-Comedy« Schauspieler Markus Schultz spielte seine Figuren mit viel Körpereinsatz, Gestik und Mimik. Facettenreich schlüpfte er an dem Abend in 36 verschiedene Figuren – Schauspielkunst, die dem Publikum sehr gefallen hat.

Leider suggerierte der Titel der Komödie »Völlig ausgebucht«, dass die Veranstaltung am Freitagabend völlig ausgebucht war, was nicht zutraf. Einige Interessierte kamen deswegen nicht mehr ins Kulturzentrum. Dieses Missverständnis war den Verantwortlichen sehr wohl bewusst und sie bedauerten die unglückliche Wortwahl. Der gelungene Abend hätte mehr Zuschauer verdient gehabt.

Möglichst freundlich bleiben

Das Restaurant in dem Theaterstück ist völlig ausgebucht. Was der Stimme der Reservierungshotline sehr zu schaffen macht. Der arme Mann muss ständig die Anrufer vertrösten, die bei ihm Tische reservieren wollen. In der Rolle des Sam glänzte der Schauspieler Markus Schultz, der gleichzeitig 35 Figuren – die Anrufenden – und sich selbst als Restaurantmitarbeiter spielte. Er ist ständig im Stress; klingeln doch manchmal alle drei Telefone gleichzeitig. Immer im Angesicht drohender Katastrophen gilt es für ihn: VIPs vertrösten, cholerische Chefs beruhigen, die vergessene Reservierung eines berühmten Restaurantkritikers managen, einen Wasserschaden in der Toilette beheben und mit dem überforderten Küchenpersonal im Restaurant klarkommen – und dabei möglichst freundlich bleiben.

Erstaunt verfolgt das Publikum die verblüffende Fähigkeit des Schauspielers, abrupt die Rolle zu wechseln von den 35 verschiedenen Anrufern zur immer gleichbleibenden Stimme der Telefonhotline. Die Charaktere interpretiert er mit vollem Körpereinsatz, er rennt zwischen den Telefonen hin und her, springt auf der Bühnendekoration herum, und verzweifelt an der offensichtlich überforderten Technik der Telefone. Mit viel Gestik, Mimik, Körpersprache und vor allem den verschiedenen Stimmlagen, Dialekte und Sprachen gelingt es ihm sehr überzeugend, das Typische der Figuren zu schauspielern. Diese Figuren sind z.B. ein Scheich aus Dubai, Iris Berben (»die ist sexy«), eine Yogagruppe, der kaltblütige Helikopterpilot Rick, den theatralischen Oberkellner Jean-Claude, Wichtigtuer Andi, Mafiaboss Guiseppe Mandolini oder sein Vater Yves Klein, der immer sehr sentimental ist und seinen Sohn vermisst. Höchst amüsant sind die mehrfachen Anrufe des Managements von Heidi Klum, deren komplizierten Sonderwünsche den Stresslevel von Sam erheblich nach oben treiben. Dann soll er auch einen Tisch für einen Promi namens Günter Pfundstein reservieren, den er gar nicht kennt. Weiß jemand aus dem Publikum, wer das sein ist?

Viel Empathie für diesen Typen

Zwischendurch inhaliert er eine Droge und ist danach noch mehr aufgekratzt und überdreht. Er singt die Speisekarte auf französisch, wagt einen Tanz auf der Bühne und telefoniert dem vergessenen Abendessen für sich selber hinterher. Die Zuschauer empfinden viel Empathie für diesen Typen, muss er doch gleichzeitig noch seine Familie und Schauspielkarriere managen.

Die Komödie »Völlig ausgebucht« ist Gesellschaftssatire: Zeigt es doch menschliche Schwächen auf und die übertriebene Erwartungshaltung prominenter Persönlichkeiten auf eine bevorzugte Behandlung – in diesem Fall einen freien Tisch, obwohl das Restaurant ausgebucht ist.

Mit einer plötzlichen Wende überrascht Sam die Zuschauer am Ende der Aufführung: Er bewegt sich nur noch in Zeitlupe und seine Bewegungen wirken wie eingefroren – ein krasser Gegensatz zu der Hektik des Schauspiels vorher. Der Schauspieler Markus Schultz zeigte alle Facetten seines Könnens und erhielt am Ende den verdienten und begeisternden Applaus der Zuschauer.

Das Theater Ball Novo gastiert am 10. Juli in Offenburg. Im Rahmen der Heimattage gibt es eine Open Air Aufführung von Carl Zuckmayers »Der fröhliche Weinberg«.

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