Die zweite Ausstellung der Malerei am Zeller Kunstweg zeigt Werke vom Künstler Borris Goetz. Die Bilder stammen aus dem Nachlass derFamilie Lauermann an die Stadt Zell. Zur »Borris Goetz – Neuentdeckung eines fast Vergessenen« am 19. November 2021 um 18.30 Uhr im Kulturzentrum »Obere Fabrik« sind alle Kunstinteressierten herzlich eingeladen. Laudator wird Walter Sauer sein. Vom 20. November bis 28. November 2021 lädt die Ausstellung dann immer von 16 bis 19 Uhr zu einem Besuch ein.
Geboren wurde Borris Goetz am 23. Juli 1915 in Frankfurt am Main. Seine Kindheit und Jugend fielen in Kriegs- und Notzeiten und später in die Jahre der Weltwirtschaftskrise und Inflation. Im Alter von etwa zwölf Jahren trat er der Gruppe der bündischen Jugend bei, dem späteren »Grauen Corps«. Diese Gruppenzugehörigkeit prägte Borris Götz sein Leben lang. Das »Graue Corps« mit seinem Führer Prof. Dr. Alfred Schmid, gehörte zu den elitären Bünden der Jugendbewegung, um die sich manche Legenden rankten. Fred Schmid bestärkte den Jugendlichen in seinem Entschluss, ein Kunststudium aufzunehmen.
Seine ersten Arbeiten
Die ersten Arbeiten von Borris Goetz spiegeln die Welt des Bündischen wieder. Es entstanden erste Linienschnitte in Holzschnittmanier. Die Motive zeigen, Fahrt und Lagerleben mit sportlich-musischen Aktivitäten, auch Szenen freundschaftlicher Verbundenheit in bündischer Gemeinschaft. Auch christliche Motive, wie zum Beispiel die Gestalt des Heiligen Sebastian und der Corpus Christ waren Motive, die auch in seinem Spätwerk Thema waren.
Studium der Kunst
1933 beginnt Borris Goetz ein Studium an der »Städelschen Kunstschule« in Frankfurt bei den Professoren Cissarz und Delavilla. Durch die politischen Rahmenbedingungen litten die künstlerischen Freiheiten. Dies war dem angehenden Künstler zuwider. Er wendete sich deshalb dem Gebiet gebrauchsgraphischer Arbeiten zu und volontierte in Schriftgießereien, Druck- und Verlagsanstalten. Er bewegte sich auch für kurze Zeit in Berliner Künstlerkreisen, wo er sich den Aktstudien zuwendete.
Lehr- und Wanderjahre
Aus gesundheitlichen Gründen wurde Goetz vom Militärdienst befreit. 1937 reiste er ins nahe Ausland, lernte die Schweiz, Italien und Südfrankreich kennen. In Cannes war er Gast bei dem Maler Jean Villeri. Dieser führte ihn in die französische und zugleich internationale Kunstmoderne ein. Auf diesem Wege kam es zu Begegnungen mit Künstlern wie Matisse und Picasso.
Er erlebte in dieser Zeit eine so andersartige Welt als in Deutschland mit seiner beherrschenden NS-Kunst. Mit dem Krieg endete aber der Aufenthalt für Borris Goetz im Ausland. Es war das Ende seiner Lehr- und Wanderjahre. Sein Werk war zu diesem Zeitpunkt schon beachtlich und vielseitig.
Die Muse leidet
Mit Beginn des Krieges kehrte Borris Goetz nach Deutschland zurück. Nach der Rückkehr erfuhr sein künstlerisches Schaffen eine Art Lähmung. Selbst sagt er dazu: »Im Krieg schweigen die Musen«.
Kriegszeiten und Gefangenschaft
Es war seine Erklärung dafür, warum er in den letzten Jahren so viel begonnen und wieder verworfen hatte. In dieser Krisenzeit begleitete und stützte ihn sein Mentor und Freund Fred Schmid. Dieser glaubte an die Berufung von Borris Goetz zum Künstler.
1942 heiratete Borris Goetz. Dies war ein Moment in seinem Leben – auch um die Schaffens- und Lebenskrise zu bewältigen. 1943 kam er an die Front in Russland und später nach Nordfrankreich, wo er 1944 in britische Kriegsgefangenschaft gerät. Dort entstehen Bleistiftzeichnungen, Porträts von Kameraden, aber auch aquarellierte, surreal anmutende kleinformatige Tuscharbeiten, in denen sich Nöte und Ängste der Lagersituation spiegeln.
Kriegsausbruch
1946 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen. Mit allerlei Hilfsarbeiten sicherte er danach sein Überleben. Er porträtierte so manchen Musiker eines ansässigen US-Orchesters in Öl. Die Bezahlung erfolgte in Form von Zigaretten und Kaffee. Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich für ihn mit der Währungsreform. Auch der Kunstbetrieb begann wieder aufzuleben.