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Zell am Harmersbach | 14.06.2019

100 Jahre Industriegeschichte geschrieben

Der Name der Prototyp-Werke steht für High-Tech-Werkzeuge in höchster Präzision – Firmengründer Alfred Zimmermann hat am 31. Juli 1912 erste Patente für Gewindeschneidwerkzeuge angemeldet – Am 29. Juni 2019 kann das Unternehmen 100-jähriges Firmenjubiläum feiern

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Am Samstag, 29. Juni 2019, können die Prototyp-Werke in Zell am Harmersbach ihr 100-jähriges Firmenjubiläum feiern. Foto: Unternehmen
von Hanspeter Schwendemann

Das 100-jährige Firmenjubiläum der Prototyp-Werke in Zell bedeutet 100 Jahre Industriegeschichte. Dass Firmengründer Alfred Zimmermann mit der Produktion von Mikrometern begonnen hat, kann geradezu symbolisch für die 100-jährige Erfolgsgeschichte von Prototyp stehen. Ein Mikrometer ist ein millionstel Meter – die innovativen Gewinde- und Fräswerkzeuge von Prototyp erfüllen heute höchste Qualitätsansprüche und werden für die Herstellung von komplexen Bauteilen in fast allen Industriezweigen eingesetzt – Mikrometer genau!

Foto: Unternehmen
Am Samstag, 29. Juni 2019, können die Prototyp-Werke in Zell am Harmersbach ihr 100-jähriges Firmenjubiläum feiern.
Foto: Unternehmen
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Ingenieur Alfred Zimmermann, geb. 1878 in Zell am Harmersbach, hat schon vor der Firmengründung erste Patente angemeldet. Am 31. Juli 1912 erteilte ihm das Kaiserliche Patentamt die Rechte für die Herstellung von Gewindewerkzeugen.
Foto: Unternehmen
450 Mitarbeiter stellen jährlich 2,4 Millionen Gewindewerkzeuge und 1,2 Millionen Fräswerkzeuge her. In den Werkshallen von Prototyp wird mit über 300 CNC- und NC-Maschinen im 3-Schicht-Betrieb produziert.

Ingenieur Alfred Zimmermann, geb. 1878 in Zell am Harmersbach, hat schon vor der Firmengründung erste Patente angemeldet. Am 31. Juli 1912 erteilte ihm das Kaiserliche Patentamt die Rechte für die Herstellung von Gewindewerkzeugen. Mit dem Namen »Feinmechanik« gründete Alfred Zimmermann am 17. November 1919 seine Firma in Zell a. H. Begonnen wurde mit der Produktion von Mikrometern.

Ab 1920 kam die Herstellung von Schneideisen hinzu, vornehmlich für Nähmaschinen-Gewinde für die Firma Dürrkopp in Bielefeld. Nach und nach wurden dann alle anderen gängigen Gewindearten produziert. Frau Zimmermann empfahl ihrem Gatten, die Mikrometerfertigung einzustellen, da ein solches Werkzeug eine zu lange Lebensdauer besäße und ein beständiger Absatz nicht gesichert sei. Sie bat ihren Mann, andere Werkzeuge mit raschem Verbrauch herzustellen.

Aus »Protos« wird »Prototyp«

1922 wurde aus dem Unternehmen »Feinmechanik« die »Protos Werkzeugfabrik GmbH« mit Sitz in Zell am Harmersbach. 1927 erfolgte die Umbenennung des Firmennamens von »Protos« in »Prototyp«.

Die Geschäfte liefen gut und es wurden daher neue Leute eingestellt. Die Zeit wurde in politischer Hinsicht jedoch kritisch. Ingenieur Zimmermann stand dem »Dritten Reich« skeptisch gegenüber. Er wurde gezwungen, den Betrieb zu verkaufen. Er verließ Zell und starb am 23. Mai 1944 im Alter von erst 66 Jahren.

Der Unternehmer Otto Steuerwald – er war Besitzer einer Feilenfabrik in Weinheim an der Bergstraße – kaufte 1940 die »PROTOTYP Werkzeugfabrik GmbH« und übernahm dabei die komplette Belegschaft. Am Ende des zweiten Weltkrieges wurde der Betrieb mehrere Monate stillgelegt und Geschäftsführer Otto Steuerwald von der Besatzungsmacht inhaftiert.

Schweizer Staatsange­hörige wurden Teilhaber

Otto Steuerwald musste nach seiner Freilassung wieder von vorne anfangen. Er suchte Mittel um zu verhindern, dass der Betrieb ganz demontiert wurde. Steuerwald sah den Ausweg darin, einen Schweizer Staatsangehörigen als Teilhaber mit aufzunehmen. Den fand er in Dr. Alfred Schmid. Der Schweizer Chemieprofessor war auf der Suche nach Erwerb eines Betriebes. Am 13. Januar 1946 wurde der Vertrag zum Erwerb von 75 Prozent der Geschäftsanteile für Prof. Dr. Alfred Schmid abgeschlossen und unterzeichnet. 1949 hatte Prototyp wieder eine Belegschaftsstärke von 144 Mitarbeiter erreicht.

Im Jahr 1953 starb Otto Steuerwald im Alter von erst 64 Jahren, danach wurde seine Frau Charlotte Steuerwald als weitere Geschäftsführerin bestellt. Sie besaß neben ihrem Geschäftsanteil an der Prototyp-Werke GmbH noch die Feilenfabrik in Weinheim. Diese Firma kam in Schwierigkeiten und musste aufgelöst werden. Daher kamen die Anteile von Frau Steuerwald an den Prototyp-Werken GmbH 1954 zur Versteigerung. Dr. jur. Dietmar Lauermann, der als Mitarbeiter von Prof. Dr. Alfred Schmid ohnehin schon für die Prototyp-Werke gearbeitet hatte, erwarb 1955 diesen 25-prozentigen Geschäftsanteil.

Werkzeuge für High-Tech-Anwendungen

Mit den Wirtschaftswunderjahren kam auch für die Prototyp-Werke der Aufschwung. Ab den 1960er Jahren wurden Werkzeuge für High-Tech-Anwendungen entwickelt. Am 31. Dezember 1968 starb Hauptinhaber Professor Dr. Alfred Schmid. Sein letzter Wille war, dass die Firma den Schweizer Charakter behalten solle.

Dr. Lauermann gründete deshalb die Gesellschaft »Professor Schmid Erben« in der Schweiz. Er selbst wurde dann auch Hauptverwalter dieser Gesellschaft, an der er selbst mittlerweile 45 Prozent der Anteile hielt.

In den 1970er Jahren wuchs das Unternehmen in mehreren Bauabschnitten. 1985 wurde die Herstellung von Vollhartmetallwerkzeugen aufgenommen, die heute den Hauptteil der Produktion ausmachen. Neue Produktionstechniken für die Hartmetallfertigung wurden entwickelt.

Dr. Lauermann wurde Ehrenbürger von Zell a. H.

Am 1. Juli 1986 ging die Ära von Dr. Lauermann bei den Prototyp-Werken zu Ende. Seine Kinder wollten das Unternehmen nicht fortführen. Im schwedischen SKF-Konzern fand man einen Investor, der die Prototyp-Werke GmbH in Zell übernahm und mit unvermindertem Engagement fortführte. Dr. Lauermann wurde im Jahr 2005 zum Ehrenbürger der Stadt Zell ernannt. Die Stadt würdigte ihn damit als herausragende Unternehmerpersönlichkeit sowie großzügigen Förderer kultureller Belange.

In der Nachfolge von Dr. Lauermann übernahm Geschäftsführer Klaus Scholl das Steuer und entwickelte neue Vertriebsstrategien. Die Zeit war geprägt von vielen weiteren Veränderungsprozessen. Die Umstellung von einem eigenständigen, mittelständigen Unternehmen hin zu einem Tochterunternehmen, eingebunden in Konzernstrukturen, erforderte von allen Beteiligten ein komplettes Umdenken.

Bedingt durch die für Prototyp große Wirtschaftskrise (1991/1992) wurde die Mitarbeiteranzahl von 580 auf 360 Personen reduziert. Neben vielen Um- und Erweiterungsbauten wurde auch das bisherige Verwaltungsgebäude am Stadteingang verkauft und die komplette Verwaltung in die Franz-Disch-Straße verlegt.

Im Jahr 1993 wurde Prototyp Teil des schwedischen Sandvik-Konzerns. Unter der Regie von Geschäftsführer Mats Christenson, der von 1993 bis 2009 die Prototyp-Werke leitete, wurde vor allem der europäische Vertrieb neu geordnet.

Für großen Unmut seitens der Mitarbeiter sorgte die Verlagerung der Schneideisen-produktion im Jahr 1991 – damals mit Streik vor den Werkstoren. Gleiches galt für die Verlagerung der Salzbadhärterei, da »Härten« als das Herz von HSS-Werkzeugen von Prototyp galt. Mittlerweile haben viele technologische Neuerungen Einzug gehalten, die die damaligen Entscheidungen im Rückblick rechtfertigten.

Die Firma Balzers schuf 1999 ihr erstes Inhouse-Beschichtungszentrum in Deutschland. Dieses Beschichtungszentrum wurde im Jahr 2006 im Rahmen eines Betriebsübergangs von Prototyp übernommen. Aufgrund erhöhter Bedarfe muss­ten die Beschichtungskapazitäten später erweitert werden.

Weitere Produktionszweige waren die Medizintechnik und die PKD-Fertigung (Poly-kristalliner Diamant), die in Zell betrieben und später innerhalb des Konzerns an andere Standorte verlagert wurden. Die Mitarbeiter dieser Abteilungen in Zell wurden in das Unternehmen integriert.

Zusammenlegung der Marken Walter, Titex und Prototyp

Das Jahr 2007 war geprägt von dem Marken-Merger, der Zusammenlegung des Marketings, des Vertriebs und der Entwicklung der Marke Prototyp mit den renommierten Werkzeugherstellern der Marken Walter und Titex.

Im Jahr 2008 investierte Prototyp im Werk II im Zeller Industriegebiet Steinenfeld über zwei Millionen Euro in eine PKD-Fertigung für Hightech-Bohrwerkzeuge. Dort wurden mit neu zur Verfügung stehenden Produktions-Technologien Werkzeuge für die Luftfahrtindustrie entwickelt und produziert. Die Prozesse wurden 2013 in die bereits bestehende PKD-Fertigung von Walter in Niefern verlagert.

Der nächste große Schritt im Marken-Merger fand zum 1. Januar 2008 statt, als die Vertriebsaktivitäten im größten Markt Deutschland für die drei Marken Walter, Titex und Prototyp in der neu gegründeten Walter Deutschland GmbH in Frankfurt gebündelt wurden.

Im gleichen Jahr wurden die Fertigwarenläger der einzelnen Gesellschaften in das Zentrallager des Konzerns nach Holland verlagert, um dem Kunden künftig aus einer Hand mit einer Lieferung und Rechnung das gesamte Produktprogramm anbieten zu können.

Seit August 2009 leitet Geschäftsführer Karl F. Lehmann als Nachfolger von Mats Christenson die Prototyp-Werke in Zell. In seine Verantwortung fiel im Jahr 2016 die Aufnahme der Produktion von Hartmetall-Rohkörpern für Wechselkopf­fräser. Die letzte Dekade war von dynamischem Wirtschaftswachstum und hohen Effizienzsteigerungen geprägt.

Als Produktionsstandort der Walter Gruppe verfügen die Prototyp-Werke in ihrem 100. Jubiläumsjahr über herausragende Engineering-Kompetenz und über alle denkbaren Qualitäten eines modernen Industrieunternehmens. So hat man am Samstag, 29. Juni 2019, allen Grund, mit Freude und Stolz das 100-jährige Firmenjubiläum mit einem Tag der offenen Tür zu feiern. Den Menschen der Prototyp-Werke ist es gelungen, 100 Jahre Industriegeschichte zu schreiben.

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Jubiläum, Prototyp Werke Zell am Harmersbach

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