Der Reformationstag ist im Lutherjahr 2017 ein bundeseinheitlicher Feiertag. Empfehlenswert an diesem Tag: ein Besuch in den Vogtsbauernhöfen in Gutach. Dort wird Gottfried Zurbrügg in der Heuboden-Akademie einen gleichermaßen interessanten wie kurzweiligen Vortrag über seine Erlebnisse »Als Prädikant im Land der Reformation« halten. Los geht es am 31. Oktober um 11 Uhr.
Gottfried Zurbrügg stammt aus einer Pfarrersfamilie, hat Chemie und Biologie auf Lehramt studiert, war mit seinen Schülern bei vielen »Jugend forscht«-Projekten vorne mit dabei. Seine besondere Begabung: den Menschen ganzheitlich sehen. Eine Eigenschaft, die er besonders in seiner Zeit als Lehrer in einer Sonderschule für Schwerbehinderte weiterentwickeln konnte. Später ist er in die Fußstapfen von Großvater und Vater getreten, welche beide Pfarrer waren. Der Ruheständler Zurbrügg ist Schriftsteller und Prädikant, also ein Laienprediger der Evangelischen Kirche. Seit vielen Jahren, genau gesagt seit 2005, übernimmt er als Prädikant den Vertretungsdienst für einige Pfarrstellen in den neuen Bundesländern. Und der kann es in sich haben. Etwa im Jahr 2013, als beim Hochwasser hunderte Anwohner entlang der Elbe evakuiert werden mussten. Jedes Jahr verbringt er auch zwei Wochen im Dekanat Wittenberg, wo die Reformationsbewegung ihren Ausgangspunkt fand.
Die »Schwarzwälder Post« sprach mit dem Referenten vorab über Glauben und Wissen im Lutherjahr.
Herr Zurbrügg, Sie sind von Hause aus Naturwissenschaftler. Wissenschaft und Gott – wie verträgt sich das?
Das ist absolut kein Problem. Versuchsbedingungen, wie man sie in der Wissenschaft definiert, sind nicht das Leben. In meine Arbeit als Prädikant gehe ich mit dem Herzen, denn man sieht nur mit dem Herzen gut! Lehrer für Biologie und Chemie geworden bin ich aus Liebe zur Natur und speziell die Umwelterziehung war mir immer sehr wichtig.
Sie arbeiten als Seelsorger im Schwarzwald, in Brandenburg und in Thüringen – was ist in allen Gemeinden gleich und was ist manchmal ganz anders?
Große Unterschiede gibt es nicht. Vielleicht liegt es daran, dass es auch viele Anhaltiner und Brandenburger hier im Schwarzwald gibt. Die Grenzen existieren eher in den Köpfen.
Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit in den neuen Bundesländern?
Das Neue auf der einen Seite, andererseits spüre ich dort aber auch meine Wurzeln. Mein Großvater stammt aus der Uckermark. Ich liebe die Weite, die Menschen, die Dörfer und die Abenteuer dort.
Stichwort »Lutherjahr«: Was bedeutet dieses Jubiläum für Sie?
Es ist interessant, sich mit Luther auseinanderzusetzen. Für den Kirchentag gab es Plakate mit dem Konzept, Antworten auf die Frage zu finden, was Reformation bedeutet. Reformation bedeutet, die Welt zu hinterfragen. Nicht immer alles einfach laufen zu lassen. Anzuhalten, nicht immer schneller zu machen und auch mal Tempo rauszunehmen. Auch die Frage »Wo bleibt der Mensch?« gehört für mich dazu. Persönliche Begegnungen zu suchen und zu vertiefen.
Der Reformationstag 2017 ist ein bundesweiter Feiertag. Alle haben also frei und können Sie bei Ihrem Vortrag in den Vogtsbauernhöfen besuchen. Was erwartet die Zuhörer?
Ich bin kein Theologe, sondern Prädikant. Mir geht es darum aufzuzeigen, was Luther anstoßen wollte, zu erklären und von meiner Spurensuche in Mitteldeutschland zu erzählen.
Info
Prädikant nennt man die Laienprediger der Evangelischen Kirche. Sie können nach angemessener Ausbildung alle Arten von Gottesdiensten feiern. Das Ziel dahinter:
Gemeindemitglieder aus den unterschiedlichsten Berufen und mit verschiedenen Lebenshintergründen sollen dazu befähigt werden, ihre Persönlichkeit in den Dienst der Kirche zu stellen und diesen vielfältiger zu machen. Um Prädikant zu werden, müssen verschiedene Amtsträger die Berufung befürworten. Ja genau – Prädikant zu sein ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Und eine, die mit Gottfried Zurbrügg einen begeisternden und energievollen Ausdruck findet.