Einkehr für die Wanderer

 

 

Dass die Oberharmersbacher Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins mit dem Bau des Aussichtsturmes auf dem Brandenkopf eine richtige und wichtige Entscheidung getroffen hatte, zeigte sich schon in den ersten Tagen nach der offiziellen Einweihung. Scharen von Wanderern suchten die gute Aussicht. Somit stand schon die nächste Aufgabe an, denn die provisorische Bewirtung der zahlreichen Gäste auf dem Hausberg stellte den Verein vor neue Herausforderungen.

Ein erster Anbau wird notwendig

Eine kleine und bescheidene Schutzhütte aus der Zeit der Bauphase des Turmes reichte bei Weitem nicht mehr aus und entsprach auch nicht den steigenden Bedürfnissen. So fiel im Februar 1930 die Entscheidung für einen Anbau. Gesuche zweier Oberharmersbacher Wirte wegen einer Schankerlaubnis wurden abgelehnt. Den Zuschlag erhielt 1930 Schuhmachermeister Cölestin Kasper. Im Juni desselben Jahres wurde der Erweiterungsbau seiner Bestimmung übergeben. 2.000 Mark kostete diese Baumaßnahme.

Saisonbetrieb mit Hindernissen

Der Wirtschaftsbetrieb dauerte jeweils vom 1. April bis zum 30. September. Im Winterhalbjahr war die Hütte nur an Sonn- und Feiertagen und bei entsprechender Witterung geöffnet – durchaus verständlich bei den bescheidenen Verhältnissen und enormen Aufwendungen, denn mühsam mussten Speisen und Getränke auf den Brandenkopf transportiert werden.

Ausbau unter schwierigen Bedingungen

Anfangs fehlten sanitäre Anlagen, fließendes Wasser ebenso, und die unvorschriftsmäßige Verlegung der Stromleitung sorgte immer für zeitweilige Ausfälle. Während der Kriegsjahre (1939–1945) war sie so-gar völlig unterbrochen. Erst 1964 war die Stromversorgung dauerhaft installiert. Zwischenzeitlich hatte die Schutzhütte auch einen separaten Küchenraum und eine Abortanlage. 1967 bot ein Massenlager für 15 Personen schlichte Übernachtungsmöglichkeiten.

Neue Anforderungen erfordern Neubau

Die Gemütlichkeit der heimeligen Holzhütte, in der manch fröhliche Stunde den Wanderern unvergessliche Erlebnisse beschert hatte, konnte nicht über die wachsenden Schwierigkeiten hinwegtäuschen. Weder die sanitären Anlagen noch die Übernachtungsmöglichkeiten entsprachen den aktuellen Vorschriften.

Startschuss für das neue Wanderheim

Der Beschluss für den Bau eines neuen Wanderheimes fiel in der Jahresversammlung 1979. Pächter und Verein sollten nicht zu sehr belastet werden. Das zusätzliche Gelände stellte die Gemeinde in Erbbaupacht zur Verfügung. Die Planung
für das Projekt oblag dem 1. Vorsitzenden Hubert Armbruster.

Der Weg zum Richtfest

Im Mai 1980 begannen die Arbeiten. Bis zum Wintereinbruch standen die Kellerwände, in der Karwoche 1981 wurde die Kellerdecke betoniert. Am 23. Mai 1981 hatte für das bisherige Wanderheim das letzte Stündlein geschlagen. Der gemütliche Gastraum musste dem weiteren Baufortschritt weichen.

Großer Einsatz der Ehrenamtlichen

Für den mächtigen Dachstuhl diente die weitläufige Bühne der Pfarrkirche als Rissboden. 55 Kubikmeter wurden im Sommer auf dem Kilwiplatz abgebunden. Trotz strömenden Regens fanden sich am ersten Oktoberwochenende 31 Helfer ein, um den Dachstuhl zu erstellen. Zimmermeister Siegfried Hug hielt den Richtspruch. Beim Turmwirt Cölestin Kasper wurde anschließend ein zünftiges Richtfest gefeiert.

18.000 Stunden Muskelkredit

Das ganze folgende Jahr über waren abends und an Wochenenden stets zahlreiche Helfer im Einsatz, um den Innenausbau voranzutreiben. Bis zur Einweihung hatten 145 Mitarbeiter rund 18.000 Stunden geleistet und somit rund 450.000 Mark Eigenleistung erbracht. Dadurch wurden die veranschlagten Kosten von rund 900.000 Mark eingehalten.

Generationswechsel im Wanderheim

Cölestin Kasper jun., der 1964 als Turmwirt seinem Vater nachgefolgt war, stand am 19. Juni 1983 ein letztes Mal hinter dem Tresen auf dem Brandenkopf. Zum Abschied waren die Wirtschaftsräume brechend voll. Sein Nachfolger war das Pächterehepaar
Thrönthle, das von 26 Bewerbern den Zuschlag erhalten hatte.

Ein Fest für den Hausberg

Wie schon bei der Eröffnung des Aussichtsturmes erlebte der Brandenkopf bei der Einweihung des Wanderheimes am 25./26. Juni 1983 einen Besucheransturm. Den Feldgottesdienst zelebrierte Pfarrer Franz Bühler. Der 1. Vorsitzende Hubert Armbruster erinnerte bei der offiziellen Übergabe an die große zeitliche Belastung während der dreijährigen Bauzeit. Der Hauptgeschäftsführer des Schwarzwaldvereins Siebler-Ferry und Bürgermeister Otmar Ritter gratulierten dem Verein. Trachtenmädchen Anja Witschel erinnerte mit dem von Ursula Brucher verfassten Gedicht an die wechselvolle Geschichte des Brandenkopfs und das Engagement des Schwarzwaldvereins für den Harmersbacher Hausberg. Im Zelt neben dem Wanderheim unterhielten der Männergesangverein „Frohsinn“ und die Miliz- und Trachtenkapelle die zahlreichen Besucher.

Nach dem Fest ist vor dem Einsatz

Dem Festwochenende folgten neuerliche Arbeitseinsätze. Die Außenverkleidung mit Schindeln, die Fertigstellung des Innenausbaus und der neu gestaltete Nebenraum schlugen mit weiteren 8.400 Arbeitsstunden zu Buche.

Ein grundsätzliches Problem wurde auch in Eigenarbeit gelöst. Gesundheitsamt und Wasserwirtschaftsamt mahnten immer wieder die Wasserversorgung an. Dass das Wasser in Kanistern zum Wanderheim transportiert wurde, war nicht mehr tragbar. Bereits im Jahre 1972 war unter dem damaligen Vorsitzenden Albert Pfundstein eine erste Quelle gefasst worden. Den Höhenunterschied von 160 Metern von der Quelle bis zum Wanderheim überwand eine Pumpe.

Wasserproblem lässt sich lösen

Aus Kapazitätsgründen stand für den Schwarzwaldverein 1979 eine Neufassung der Quelle bei der oberen Rosshütte an, gleichzeitig wurde die bis heute genutzte Wasserleitung gebaut. 2003 mussten nach einem Erdbeben zwei neue Quellen erschlossen und die Pumpe ersetzt werden. Ein zusätzliches Bassin ermöglicht nun eine dauerhafte Sicherung der Wasserversorgung.

Technik am Hausberg

Ergänzende Baumaßnahmen galten dem 2012 errichteten Löschteich, der über mehrere Monate bis zum Frühjahr 2022 saniert wurde, und der Heizung, die von Öl auf Gas und schließlich auf Hackschnitzel umgestellt wurde. 2008/09 baute der Verein dafür ein Silo und einen geräumigen Heizungskeller.

Viele Pächterwechsel, wenig Kontinuität

Das Wanderheim bereitete dem Verein nicht nur Freude. Das erste Pächterehepaar Thrönthle hielt es knapp drei Jahre, dann wechselte die Bewirtung noch dreimal (Weber 1986–1988 / Schmidt 1988–1991 / Engler-Longin 1991–1994), ehe der Verein das Wanderheim im Jahre 1995 in Eigenregie bewirtschaftete.

Von Kontinuität war in der Folgezeit ebenfalls keine Rede. Alle paar Jahre zog ein neuer Pächter ein (Sexauer 1996–1997 / Rädle 1997–1999 / Blass 1999–2003 / Schuler-Wöhrle 2003–2006 / Beck 2006 / Sexauer 2006–2010 / Arnth 2010–2018 / Dörr-Kuba 2018–2023). Seit 2024 kümmert sich das Ehepaar Skopinski um die Gäste im Wanderheim, sehr zur allgemeinen Zufriedenheit.

Finanzierung durch viele Schultern gestemmt

Insgesamt finanzierte der Schwarzwaldverein, einschließlich der Unterstützung vom Hauptverein, der Gemeinde und Spendern, rund 1.500.000 Mark. Trotz der zusätzlichen Belastungen gelang es, die finanziellen Verpflichtungen kontinuierlich abzubauen.