Zwar hatte der Dauerregen am Samstag die Aussicht auf eine schöne »Gallenkilwi« gründlich verwässert, doch nach der Auflösung des Nebels am Sonntagmorgen durften die Bevölkerung und die zahlreichen Gäste dennoch ein rundum gelungenes Fest zu Ehren des Oberharmersbacher Kirchenpatrons erleben.
Der Aufmarsch der Traditionsvereine – Historische Bürgerwehr mit dem Spielmannns- und Fanfarenzug sowie die Miliz- und Trachtenkapelle – auf dem Rathausplatz zur Fahnenparade und der Einzug der 126 Uniformträger mit klingendem Spiel in das festlich geschmückte Gotteshaus, eröffnete den Festtag der Oberharmersbacher Kirchengemeinde. Den musikalischen Part des Gottesdienstes übernahm Wolfram Dreher, der mit den Sängerinnen und Sängern der beiden Kirchenchöre aus Zell a. H. und Oberharmersbach die »Windhaager Messe« (Anton Bruckner) einstudiert hatte. An der Orgel spielte Dieter Benson.
Den Festgottesdienst zelebrierte Pfarrer Bonaventura Gerner. In seiner Predigt erinnerte er an das Leben des Oberharmersbacher Kirchenpatrons Gallus, das durchaus Vorbild für uns alle sein könne. Gallus habe einen Wandel in seinem Verhalten durchlebt, vom ungestümen Missionieren zum Predigen mit Leidenschaft. Jeder könne sich heute resignativ verhalten oder auch all den Vorgängen um ihn herum etwas Positives abgewinnen.
Glaube und Kirche erführen heute aus vielerlei Gründen Gleichgültigkeit oder Ablehnung, eine erstarrte Amtskirche verstärke diesen Vertrauensverlust. »Die Meinung, in der Kirche dürfe sich nichts ändern, ist falsch«, forderte Gerner die Kirche und damit alle Gläubigen auf, dies immer wieder zu hinterfragen. Zaghafte Ansätze seien bei der Synode in Rom sichtbar geworden. »Wir stehen vor großen Veränderungen und Herausforderungen«, verwies der Festprediger auf das Gespräch der Kirchengemeinderäte mit Erzbischof Stephan Burger in Offenburg. Umso mehr gelte das Vermächtnis des Oberharmersbacher Kirchenpatrons Gallus. Wie er Erfolge und Misserfolge erlebt habe, müsse es für uns Ansporn sein, am Glauben festzuhalten und mit dem Leben nach dem Evangelium diesem neue Strahlkraft verleihen.
Auch weltlich wissen die Oberharmersbacher ihren Kirchenheiligen zu feiern. Die »Gallenkilwi« hat mit ihren Krämerständen selten den Zuspruch wie die Kilwi im September erfahren. Aber das gelungene Rahmenprogramm mit Straßenmusikanten – a capella oder instrumental – einem vielfältigen Koffermarkt und Imbissmöglichkeiten sowie den üblichen Leckereien bescherte den Besuchern das erhoffte »Kilwi-Erlebnis« und lud zu einem Marktbummel ein. Das Mittagsmahl bei der Freiwilligen Feuerwehr oder in den Gaststätten mit dem beliebten »Gallus-Teller« gehört für viele Besucher an diesem Festtag dazu.
Noch einmal wiederholte sich das Zeremoniell der Vereine vor und in der Kirche, das in der wärmenden Herbstsonne viel Volk aufmerksam miterlebte. Zum Segen nach der Vesper schoss ein Zug der Historischen Bürgerwehr Salut, bevor der Geistlichkeit mit dem Aufmarsch vor dem Pfarrhaus die übliche Reverenz erwiesen wurde. Die Gäste belohnten alle Vereine für ihre musikalischen Darbietungen und das gelebte Brauchtum an diesem kirchlichen Festtag mit anhaltendem Applaus.