Nimmt man den Schlussbeifall für die Kandidaten am Ende der Fragerunden als Gradmesser für den Ausgang der Bürgermeisterwahl am 15. Oktober, dann scheint es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Dominika Hättig und Richard Weith zu werden. Beide gewannen die Sympathien des Publikums durch ihren souveränen Auftritt und ihre klaren Aussagen. Aleksandar Jotov dagegen hatte als dritter Bewerber keine Gelegenheit, sich besser zu profilieren, denn keine einzige Frage wurde an ihn gestellt.
Nur zögerlich meldeten sich anfangs die Fragesteller in der mit 700 Besuchern gefüllten Reichstalhalle zu Wort, so dass Bürgermeister Siegfried Huber als Moderator vermutete, alle Kandidaten hätten wohl ihr Wahlprogramm so formuliert, dass es keiner weiteren Klärung mehr bedürfe. Dann entwickelte sich doch noch ein reger Dialog mit den Bewerbern.
Windenergie-Konzept muss durchdacht werden
Stefan Kienzle vom Vorstandsteam des Schwarzwaldvereins wollte von Dominika Hättig und Richard Weith ihre Positionen zum weiteren Ausbau der Windenergie im Schwarzwald wissen. »Ich bin grundsätzlich für alternative Energiegewinnung«, bekräftigte Hättig, doch halte sie nichts von Technologien, mit deren Hilfe einerseits umweltfreundlich Strom erzeugt werde, dabei andererseits aber drastische Eingriffe in die Natur vorgenommen werden mit unabsehbaren Auswirkungen etwa auf die Wasserquellen. Einen ähnlichen Standpunkt vertrat auch Weith. »Es gibt in dieser Frage keine Schwarzweiß-Lösung«, sagte er, »das Konzept muss durchdacht werden.« Unbesehen würde er einen weiteren Ausbau nicht unterschreiben.
Verlängerte Öffnungszeiten des Bürgerbüros angekündigt
Weitere Fragen an Dominika Hättig betrafen die Zukunft des Schulstandortes Oberharmersbach, die Sicherung der Versorgung durch den Einzelhandel, die Jugendarbeit und die Ausweisung von Gewerbegebieten. Die Kandidatin bedauerte den Wegfall der Haupt- und Werkrealschule als einen Verlust für die Gemeinde, sie wolle sich aber für den Erhalt der Grundschule stark machen, schon alleine deswegen, um den Ort für junge Familien attraktiv zu erhalten. Dass die Versorgung der Bevölkerung durch den Einzelhandel weiterhin gewährleistet sein wird, dafür wolle sie sich einsetzen. Der Kommune seien allerdings Grenzen gesetzt, sie könne aber geeignete Rahmenbedingungen schaffen. In punkto Jugendarbeit zollte Dominika Hättig den örtlichen Vereinen ein hohes Lob. Deren ideelle und finanzielle Förderung wolle sie auch weiterhin garantieren. Die weiteren Wünsche und Bedürfnisse von Jugendlichen über die Vereine hinaus wolle sie in einer Umfrage ergründen. Die Erweiterung von Gewerbegebieten sei wegen der Tallage Oberharmersbachs äußerst begrenzt. Durch den Ausbau des Breitbandnetzes, so ihre Hoffnung, könne der Ort allerdings Voraussetzung für die Ansiedlung von Gewerbe im IT-Sektor schaffen. Weniger eine Frage als vielmehr Kritik am schlechten Service auf dem Rathaus äußerte ein Zuhörer, dessen E-Mails nicht beantwortet worden seien. »Hätten Sie mir geschrieben, ich hätte Ihnen geantwortet«, konterte die Kandidatin den Vorwurf, sah aber in diesem Punkt Handlungsbedarf. »Als Bürgermeisterin werde ich mehr Wert auf den Bürgerservice legen«, versprach Hättig und kündigte unter anderem eine verlängerte Öffnungszeit des Bürgerbüros an.
L 94-Ausbau: Oberharmersbach darf nicht abgeschnitten werden
Gut ausgefüllt war die zehnminütige Frage-Antwort-Runde auch bei Richard Weith. Dabei musste er neben dem Ausbau der Windkraft im Schwarzwald auch Stellung zum Thema Sanierung der Ortsdurchfahrt Unterharmersbach nehmen. »Oberharmersbach darf dadurch nicht vom Schwerlastverkehr abgeschnitten werden«, bezog der Kandidat klar Position. Die Interessen der Gemeinde müssten mit den Verantwortlichen der Stadt Zell intensiv kommuniziert werden. Angesprochen auf das Problem der ärztlichen Nahversorgung sagte er: »Werbung ohne finanzielle Anreize wird nicht funktionieren.« In der Verbesserung der Mobilität hauptsächlich für ältere Patienten sah Weith eine Zwischenlösung. Für den örtlichen Tourismus bezeichnete er die Einrichtung eines privat betriebenen Campingplatzes als eine Bereicherung. Überall in der Ortenau stehen zurzeit Bürgermeisterwahlen an. Warum habe er sich gerade für Oberharmersbach entschieden, wollte ein Zuhörer wissen. »Ich bin mit dem Ort sehr verbunden, auch wegen meiner früheren Tätigkeit als Kämmerer«, nannte Weith als Grund. Doch bei aller Verbundenheit wolle er seinen jetzigen Wohnsitz in Gengenbach vor allem mit Rücksicht auf seine Kinder nicht aufgeben, erklärte er auf Anfrage. Weith ist Mitglied der SPD-Fraktion im Gengenbacher Gemeinderat, würde aber als Bürgermeister sein Amt neutral und überparteilich ausüben.
Keine Fragen an Aleksandar Jotov
Bis auf eine kritische Anmerkung einer Zuhörerin zu seinem Wahlprogramm wartete Aleksandar Jotov am Rednerpult vergebens auf Resonanz aus dem Publikum. Dabei wäre es interessant gewesen, zum Beispiel seine Pläne kritisch zu hinterfragen, mit denen er Oberharmersbach als Urlaubsort national und international bekannter machen wolle.
Entscheidung schon im ersten Wahlgang?
Am Schluss der zügig verlaufenen Veranstaltung dankte Bürgermeister Siegfried Huber allen Verantwortlichen für die Organisation und den Ablauf sowie den drei Bewerbern für ihre gelungene Präsentation. Ihnen wünschte Huber, dass schon im ersten Wahlgang am 15. Oktober die Entscheidung fallen möge, damit ihnen weitere zwei Wochen nervenaufreibenden Wartens erspart bleibe.