Die Verbandskläranlage des Abwasserzweckverbands Kinzig- und Harmersbachtal (AZV) ist eine kommunale, mechanisch-biologische Kläranlage mit anaerober Schlammstabilisierung zur Reinigung des häuslichen und gewerblichen Abwassers aus dem gesamten Verbandsgebiet. Sie ist seit 1983 in Betrieb. Betriebsleiter Aldrin Mattes gewährt einen Blick hinter die Kulissen erzählt von der Entwicklung sowie täglichen und nicht ganz so alltäglichen Arbeiten.
Seit dem Bau 1983 wird die Kläranlage stetig weiterentwickelt. In den Jahren 2000 bis 2003 wurde sie zur gezielten Stickstoffelimination erweitert, anschließend der Bestand saniert und verschiedene Modifizierungsarbeiten und Optimierungen durchgeführt.
In der anaeroben Schlammstabilisierung wird der bei der Abwasserreinigung anfallender Schlamm in den Faulbehältern ausgefault. Zusätzlich werden die auf die Kläranlage angelieferten Brennschlempen, Fette und Speisereste zugegeben. In den zwei jeweils 1.600 Kubikmetern großen Faulbehältern werden diese Stoffe bei 40 Grad Celsius durch Methanbakterien zersetzt. Dadurch entsteht Klärgas mit einem Anteil von 65 Prozent Methan. Das Klärgas wird in den eigenen Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme umgewandelt, um die Kläranlage ausreichend mit Strom und Wärme zu versorgen.
Großer Aufwand für Instandsetzung
Nach etwa 40 Tagen Aufenthalt in den Faulbehältern wird der ausgefaulte Schlamm mittels Zentrifuge entwässert. Die Feststoffe (Klärschlamm) mit einem Konzentrat an Nährstoffen, Schwermetallen, Arzneimittelrückständen und Mikroplastik werden in einem naheliegenden Kraftwerk verbrannt und somit aus der Umwelt (Kreislauf) entfernt. Die Zentrifuge ist seit 1994 fast täglich in Betrieb, um den anfallenden Schlamm zu entwässern. Geplant ist, dass im Juni 2020 eine neue Zentrifuge installiert werden soll. In dieser Zeit kann kein Schlamm entwässert werden.
Auch die Faulbehälter sind seit der letzten Revision vor etwa 13 Jahren dauerhaft in Betrieb. Zwischenzeitlich wurden bei einer Gas-Einpresslanze, die zur Umwälzung des Schlammes dient, Korrosionsschäden festgestellt. Trotz des außergewöhnlichen Aufwandes, verbunden mit den Gefahren durch Klärgas, welches auf das Team zukommen kann, hat sich das Betriebspersonal zur Entleerung eines Faulbehälters entschieden.
Das Betriebspersonal erhofft sich mit dieser Aktion gleich drei Probleme zu lösen: Die defekte Gas-Einpresslanze kann repariert werden, man kann die Ablagerungen der letzten 13 Jahre entfernen und beim Wiederbefüllen bleibt genügend Zeit, um die Zentrifuge auszutauschen, ohne dass Zusatzkosten durch eine fremde Schlammentwässerung entstehen.
Schichtbetrieb wegen Corona
Die Arbeiten gestalteten sich – zusätzlich erschwert durch Corona – nicht immer einfach. Da die Mitarbeiter der Kläranlage zu den systemrelevanten Gruppen gehören, musste Schichtarbeit eingeführt werden, was die Maßnahme mit nur 50 Prozent
Arbeitskraft zusätzlich erschwerte.
Weiterhin musste die Verfahrenstechnik der Schlammbehandlung umgestellt werden. Auch die Logistik, den zusätzlich anfallenden Schlamm zur Verbrennung nach Oberkirch zu transportieren, war eine Herausforderung für das Transportunternehmen aus Renchen.
So musste die fast 20 Meter lange Gas-Einpresslanze beim Ziehen aus dem Faulbehälter über die Felder und den gesperrten Radweg geschwenkt werden. Es bestand die Gefahr, dass die durch Korrosionsschäden beschädigte Lanze vom Kranhaken hätte abreißen können.
Spezialfirma unterstützt
Auch die Entfernung der Ablagerungen aus dem Faulbehältertrichter gestalteten sich schwierig. Hier musste zum Schluss eine Spezialfirma aus Balingen hinzugezogen werden: Durch die 80 Zentimeter große Revisionsöffnung, seitlich des Faulbehälters musste ein Mitarbeiter einsteigen und den Saugschlauch gezielt zu den Ablagerungen führen. Die Ablagerungen, ein Gemisch aus Sand, Kirsch- und Pflaumensteinen sowie Hygieneartikel mussten gesiebt werden. Anschließend werden diese einer weiteren Verwertung zugeführt und letztendlich verbrannt.
Nach sechs Wochen Einsatz ist der Faulbehälter nun leer und kann auf weitere Schäden untersucht werden. In der Zeit der Bauarbeiten zur Installation der neuen Zentrifuge wird der Faulbehälter wieder befüllt, um voraussichtlich Mitte Juli wieder in Betrieb zu gehen.
Dann können die Planungsarbeiten zur Entleerung und Revision des zweiten Faulbehälters beginnen.
Über den AZV
Der Abwasserzweckverband Kinzig- und Harmersbachtal (AZV) befindet sich im Mittleren Schwarzwald. Er setzt sich zusammen aus den Städten Haslach in Kinzigtal und Zell am Harmersbach sowie den Gemeinden Biberach/Baden, Fischerbach, Hofstetten, Mühlenbach, Nordrach, Oberharmersbach und Steinach. Der AZV betreibt und unterhält die Verbandskläranlage in Biberach/Baden.





