Die Kirchenmühle ist eine besondere Rarität in der Mühlenlandschaft. Im Jahr 2006 hat Josef Schienle das Gebäude mitten in Biberach gekauft, seit 2011 öffnet er das Kulturdenkmal im Rahmen des Deutschen Mühlentags.
Mit viel Wissen führte »Mühlenmeister« Josef Schienle, der von Beruf Realschullehrer ist, die Besucher durch das vierstöckige Gebäude und erklärt die hinter der Backsteinfassade verborgenen Gerätschaften. Des Öfteren habe er schon Besuch von gelernten Müllern gehabt, die dann ihrerseits Führungen mit ihrem Wissen bereichert haben und von denen er selbst wieder einiges habe lernen können.
Am gestrigen Pfingstmontag war es indes Josef Schienle, der mit seinem immensen Wissensschatz persönlich den Besuchern die Technik der Kirchenmühle erklärte. Einst wurde die Mühle, die urkundlich erstmals im Jahr 1760 erwähnt wird, von zwei unterschlächtigen Wasserrädern angetrieben. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde eine Francis-Schacht-Turbine der Firma Scheller & Ruch aus Oberkirch eingebaut, die bei einem Wasserstand von einem halben Meter sieben PS erzeugt hat.
Das Wasserrecht wurde abgegeben
Ein Wasserrad wird sich in der Zukunft in der Kirchenmühle wohl nicht mehr drehen. »Wir haben unser Wasserrecht abgegeben«, informierte Josef Schienle bei der Mühlenführung. Das Wehr am Erlenbach unterhalb der Zeller Keramik, von wo aus der heutige Gewerbekanal gespeißt wird, soll renaturiert und die dortige Stellfall abmontiert werden. Je nach Niederschlagsmenge werde dann nur noch wenig oder im Sommer gar kein Wasser mehr durch den Kanal fließen. Auf der anderen Seite wären rund 40.000 Euro Investitionen in eine neue Turbine notwendig, ehe überhaupt erst wieder eine Glühbirne mit ökologischem Strom betrieben werde könne. Für einen privaten Betreiber gebe es für ein solches Projekt Null öffentliche Unterstützung, bedauert der Besitzer der Kirchenmühle.
Gemeinsam mit seinen Gästen wendet er sich dann wieder der historischen Technik zu, mit der bis zum Jahr 1966 mit Wasserkraft ein Handwerksbetrieb am Leben gehalten wurde. Das Königsrad im Erdgeschoss verteilte die Kraft auf die darüber liegenden Stockwerke, in denen sich der Mahlboden und noch ein Stockwerk höher der Sichterboden befunden hat. Viele der Maschinenteile sind noch im Originalzustand erhalten und bilden zusammen mit dem Backsteingebäude und vielen Utensilien der einstigen Biberacher Müller eine sehenswerte Raritätenschau. Selbst eine vertrocknete Maus »zappelt« noch in der Falle.
Müller haben einst auch mit Lebensmitteln gehandelt
Im Obergeschoss steht neben den großen Mahlwerken auch die lederriemengetriebene Speiseeismaschine, mit der die Müller einst leckeres Speiseeis hergestellt haben. »Das Crasheis haben sie aus der benachbarten Brauerei bezogen, in die Zentrifuge wurden die Sahne, Früchte und Sirup eingefüllt«, erklärt Josef Schienle anschaulich und weckt bei seinen Zuhörern die Lust auf Gaumenfreuden. Früher hätten die Müller nicht nur mit Mehl, sondern auch mit Lebensmitteln gehandelt, ist zu erfahren.
Beim gestrigen Mühlentag wurden die Besucher von den Familienangehörigen und ihren Freunden mit selbst gebackenen Kuchen, Gebäck und Getränken bewirtet. Unter den Besuchern befanden sich auch zwölf Veteranenfreunde um Organisator Wolfgang Taxacher, die mit ihren historischen Fahrzeugen trotz des regnerischen Pfingstmontags eine Ausfahrt zur Kirchenmühle unternommen haben. Die große Oldtimer-Rundfahrt findet nur alle zwei Jahre statt und wird im kommenden Jahr wieder organisiert.