Die Tagesordnung zur Generalversammlung des Heimat- und Verkehrsverein Biberachs stimmte wehmütig. Der 1. Vorsitzende Wolfgang Bösinger gab den Entschluss bekannt, die notwendigen Schritte zur Auflösung des Vereins einzuleiten.
»Alles hat auch mal ein Ende«, sagte der 1. Vorsitzende zur Eröffnung der 43. Generalversammlung, nachdem er seine Vorstandskollegen, die Trachten- und Volkstanzgruppe sowie Bürgermeisterstellvertreterin Angelika Ringwald begrüßt hatte.
Seit 43 Jahren kümmert sich der Heimat- und Verkehrsverein unter seinem 1. Vorsitzenden Bösinger um den Fremdenverkehr in Biberach. Dorfverschönerung, Heimattreffen, kulturelle Angebote und Feste. 1975 gegründet, war Bösinger von Anfang an Vorsitzender. Zu den Gründen der anstehenden Entscheidung sagte er, schon länger wolle er das Amt abgeben, jedoch fände sich kein Nachfolger. Junge Mitglieder habe der Verein nur wenige in seinen Reihen und zudem habe sich auch die touristische Landschaft in der Region verändert. Der Vereinszweck sei somit nicht mehr in allen Punkten vorhanden. Die Auflösung eines Fremdenverkehrsvereins sei kein Einzelfall. Auch in Ortenberg, Ohlsbach, Hornberg und Nordrach hätten die Vereine in den letzten Jahren den schweren Entschluss gefasst.
Bösinger schaute auf das vergangene Jahr zurück, in der eine Vorstandssitzung stattfand sowie zahlreiche Besprechungen durchgeführt wurden und leider auch fünf Kondolenzschreiben an verstorbene Mitglieder zu verfassen waren.
Minigolf-Jubiläum
Das letzte Vorhaben des Vereins vor seiner Abschaffung wird die Anschaffung einer Erinnerungstafel an der Minigolf-Anlage sein. Das Gemeinschaftsprojekt Minigolf, 80.000 DM Baukosten anno 1978, feiert in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag und wurde ursprünglich vom Fremdenverkehrsverein erstellt, später dann an die Gemeinde übergeben.
Der Vorsitzende dankte allen im Verein Aktiven herzlich für ihr ehrenamtliches Engagement und der Gemeinde für den Gemeindezuschuss, welcher eine Wertschätzung für den Verein darstelle und seit jeher brüderlich mit der Volkstanzgruppe geteilt werde.
Weiter Bewirtung in Tracht
Trotz der traurigen Nachricht über die Auflösung ging bei der Generalversammlung 2018 alles seinen gewohnten Gang. Die Vorstandschaft gab ihre Berichte ab, der Kassier gab einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben, die Kassenprüfer empfahlen die Entlastung der Vorstandschaft, die die versammelten Mitglieder gerne erteilten.
Auch die Trachten- und Volkstanzgruppe war da. Sie wurde gegründet im Jahr 1986 zur 850-Jahr-Feier und ist seit 1991 dem Heimat- und Verkehrsverein angegliedert. Der Bericht erzählte von Auftritten und Proben, Bewirtungsdiensten und Kondolenzschreiben. Ihr Ausblick war ebenfalls wenig erfreulich. In ihrer Generalversammlung Ende Mai hat die Trachten- und Volkstanzgruppe bereits die Auflösung zum Jahresende beschlossen. Auftritte oder Bewirtungsdienste in Tracht seien jedoch trotzdem noch möglich, war den Vertreterinnen wichtig zu sagen. Sie dankten Bösinger für die allzeit gute Zusammenarbeit und Kameradschaft. Er gab den Dank gerne zurück.
Tourismus im Wandel
Bürgermeisterstellvertreterin Angelika Ringwald überbrachte die Grüße von Daniela Paletta. Sie hatte die touristischen Zahlen von Biberach aus dem vergangenen Jahr dabei, die Susanne Brückner aufbereitet hatte. In 20 Beherbergungsbetrieben stehen 334 Betten zur Verfügung, zwei Drittel davon in Hotels und Gaststätten. Leider war die Zahl der Übernachtungen 2017 rückläufig. Fünf Prozent weniger Gäste kamen nach Biberach. Sie blieben durchschnittlich drei Tage, die Bettenauslastung betrug 22 Prozent.
Erfreulich gut entwickelt habe sich die Besucherfrequenz auf dem Prinzbacher Silberweg. Er werde hervorragend angenommen. Die touristischen Highlights des letzten Jahres waren die mit 3.500 Besuchern sehr gut besuchten Tavernenabende und das Waldterrassenbad, das 54.000 Besucher zählte. Außerdem soll ein neuer Rundweg unter der Leitung des Landratsamts entstehen, der Goldene-Ritter-Rundweg.
Ringwald bedauerte die Auflösung des Vereins sehr, wenngleich sie dem Vorsitzenden es gönnt, endlich weniger zu tun. »Heimat ist aktuell ein bedeutendes Wort«, sagte sie. »Heimat hat einen ganz besonderen Reiz.« Heimat spiegele sich im Heimat- und Verkehrsverein. Sie sei traurig, dass sich der Verein auflöse, freue sich aber, dass die Trachtengruppe für Events weiterhin zur Verfügung stehe. »Sie haben viel erreicht«, wandte sie sich an die Mitglieder des Verkehrsvereins. Allerorten sehe man in Biberach umgesetzte Projekte, etwa die Hinweistafeln in der Dorfmitte, das Rathausglöckchen oder die Minigolfanlage. »Diese Errungenschaften verdanken wir Ihrer Zeit, Kraft, Energie und Mühe«, lobte sie das Engagement.
Das große Engagement der Vorstandschaft war auch das Thema einer Wortmeldung im letzten Tagesordnungspunkt. »Wenn wir euch nicht gehabt hätten, hätten wir das wahrscheinlich schon viel früher gehabt«, lautete das Lob an die Verantwortlichen im Verein.
Beschluss wird nach den Sommerferien gefasst
Auch wenn es so gut wie besiegelt ist: Die Auflösung ihres Vereins konnten die gut 40 Mitglieder in der Generalversammlung noch nicht beschließen. Dafür ist eine separate Sitzung nötig, bei der zwei Drittel aller Mitglieder anwesend sein müssen, von denen wiederum mindestens zwei Drittel für die Auflösung votieren. Gelingt das nicht, muss eine zweite Sitzung einberufen werden, bei der dann die einfache Mehrheit entscheidet. Das noch vorhandene Vereinsvermögen wird dann laut Satzung an die Gemeinde übergehen, wo es zweckgebunden eingesetzt werden wird.
Ehrungen
Geehrt wurden Kassierer Stefan Totzke für 35 Jahre als Kassierer und Beisitzerin Rita Vitt für 20 Jahre in diesem Amt. Als Dankeschön überreichte Bösinger den Jubilaren Gutscheine des WSB.