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Biberach | 1.12.2017

Die Bahn rollt wieder durchs Kinzigtal

Streckenbaustelle ist nun auf den Abschnitt Hausach – Hornberg weitergezogen – Unterhalt des Schienennetzes ist für die Deutsche Bahn eine Mammutaufgabe

Foto:
Die Gleisarbeiten sind beendet. Seit wenigen Tagen rollen wieder die Züge durchs Kinzigtal. Foto: Oestreich
von Ilse und Manfred Oestreich

»Wenn man den Kinzigtäler hört, gibt es anderes Wetter.« Diese Zeller Wetterregel war über Monate hinweg ausgesetzt. Wie kam es dazu? Die Gleisanlagen auf der Kinzigtalstrecke mussten dringend saniert werden.

Medienberichten zufolge ist der Instandsetzungsbedarf im Brereich der DB deshalb so riesig, weil über Jahrzehnte hinweg gebummelt wurde. Geschwindigkeitsbegrenzungen und Verspätungen sind die Folge. Allein 2016 hat die Bahn 5,5 Milliarden Euro für Brücken, Schienen und Schotter ausgegeben. Diese Zahl relativiert sich angesichts eines Gesamtstreckennetzes von 34.000 km. Bis 2019 soll der Nachholbedarf gedeckt sein.

Aufwendige Instandsetzung

Größere Baumaßnahmen werden gebündelt durchgeführt. Betriebswirtschaftlich ist das sinnvoll angesichts der Größe des erforderlichen Maschinenparks. Im Bereich der Schwarzwaldbahn sind 30 Kilometer Gleis zu erneuern. 25 Kilometer Gleisbett müssen gereinigt, 19 Kilometer Bett komplett erneuert werden. 15 Weichen sind auszutauschen, 25 Weichen plus 3,2 Kilometer Gleis ersatzlos zu entfernen. Schwellen werden auf 4 km erneuert. Das sind nur die größten Posten. Eine Mammutaufgabe, welche sich die DB-Netz 9,3 Millionen Euro kosten lässt.

Bis zum 19. November ging auf der Strecke Offenburg – Hausach nichts mehr. Der Personenverkehr wurde mit Bussen organisiert. Gelenkbusse kamen bis in die Sei­tentäler. Indes ist die Karawane weitergezogen und arbeitet bis zum 26. November auf dem Abschnitt Hausach – Hornberg. Die Arbeiten im Bereich der Schwarzwaldbahn wurden durch die Streckensperrung bei Rastatt verzögert und werden voraussichtlich im Sommer 2018 abgeschlossen sein.

Gearbeitet wurde sieben Tage die Woche

Für das Vorankommen der Arbeiten war es hilfreich, das zweite Gleis für die Logistik zu nutzen. Züge mit Schotter, Schwellen und Schienen konnten so parallel zu den Arbeitsmaschinen vorrücken und entladen werden. Abraum und Altmaterial waren zügig abzufahren. Zu Gunsten der Anwohner konnte so auf eine Streckensicherung mittels Signalhörner verzichtet werden. Gearbeitet wurde sieben Tage die Woche. Lange Abschnitte der Gleiserneuerung konnten mit einem speziellen Umbauzug bewältigt werden. Per Fließbandtechnik erfolgte die maschinelle Beschickung und Montage mit neuen Schienen und Schwellen. Gleiches geschah bei der Entnahme des einige Meter davor abgebauten Materials. Im Bereich von Weichen und Brücken konnte der lange Umbauzug nicht eingesetzt werden. Dort war Handarbeit gefragt. Die vor dem Umbau erforderliche Gleisbettreinigung brachte große Materialflüsse mit sich.

Der Alltagsbetrieb führt zu Reibvorgängen und Absplitterungen im Schotterbett. Durch den hohen Feinkornanteil geht die Elastizität verloren. Stopfen bringt nur
kurz Abhilfe. Die Folge sind ungleichmäßige Setzungen. Irgendwann ist ein Zustand erreicht, in dem das gesamte Schotterbett zu reinigen ist. Mit dem Bettungsreinigungszug kann das Material ohne Abbau des Gleises gereinigt werden. Kratzerketten entnehmen den Schotter zwischen den Schwellen. Dieser durchläuft Schwingsiebe über drei Ebenen und wird schließlich einige Meter hinter der Entnahme wieder verbaut. Gleichzeitig wird verschmutztes Material ausgesondert und Neuschotter zugefügt.

Streckenläufer war gestern

Fährt ein Zug über ein Gleis, dann wirken enorme Kräfte. Das System bestehend aus Schiene, Schwellen und Schotter verformt sich und kehrt elastisch wieder in die Ausgangslage zurück. Diese Beanspruchung führt auf Dauer zu Qualitätsmängel. Es kommt zu Verwerfungen, d. h. die Ideallage des Gleises ist nicht mehr gegeben. Langsamfahrstellen werden eingerichtet.

So weit muss es nicht kommen. Mit einem Stopfzug können Gleise in Stand gehalten werden. In einem Arbeitsgang wird das System vermessen, gehoben, gerichtet, gestopft, stabilisiert und erneut vermessen. Bei der Stopfung wird der Schotter unter den Schwellen mit Stahlpickeln verdichtet. Dafür gibt es einen speziellen Zug, den »Stopfexpress«.

Regelmäßige Kontrollarbeiten an den Gleisanlagen erfolgen weitgehend unauffällig. Messfahrzeuge liefern Daten zu Gleisgeometrie, Schienenprofil, Abnutzung, Schienenneigung, Schotterprofil und Befestigungsmittel. Relevante Daten werden in Datenbanken eingepflegt und zur Gleisunterhaltung genutzt.

Die Gleisarbeiten sind beendet. Seit wenigen Tagen rollen wieder die Züge durchs Kinzigtal.
Foto: Oestreich
Mit dem Seitenpflug wird das Schotterprofil aufgeschüttet. Eine rückseitig angebrachte Kehreinrichtung reinigt die Schwellenoberfläche, damit bei schnellem Zugverkehr kein Material davongeweht wird.
Baustelle Kinzigbrücke bei Steinach: Im Bereich von Weichen und Brücken kann der lange Umbauzug nicht eingesetzt werden. Hier ist Handarbeit gefragt.
Foto: Oestreich
Baustelle Bahnhof Haslach... Mit dem Stopfzug können Gleise in Stand gehalten werden. In einem Arbeitsgang wird das System vermessen, gehoben, gerichtet, gestopft, stabilisiert und erneut vermessen. Das aktuelle Stopfexpress-Modell kostet nackt 3,5 Millionen Euro.
Foto: Oestreich
Mit dem Bettungsreinigungszug kann das Material ohne Abbau des Gleises gereinigt werden. Kratzerketten entnehmen den Schotter zwischen den Schwellen. Dieser durchläuft Schwingsiebe über drei Ebenen und wird schließlich ein paar Meter hinter der Entnahme wieder eingebaut. Bei diesem Prozess wird verschmutztes Material ausgesondert und Neuschotter zugefügt. Der Schotterreinigungszug ist über 200 m lang.

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Schlagworte:
Gleisanlagen Kinzigtal, Kinzigtäler

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