Ehemalige der Vorbeck-Schule trafen sich in Gengenbach und ließen ihre besondere Schulzeit noch einmal aufleben.
Es sind die leisen Werte, die bleiben. Ponctualité – Pünktlichkeit. Bonté – Güte. Fidélité – Treue. Der alte Leitspruch der Vorbeck-Schule, gestickt auf der Fahne, begleitet die Ehemaligen bis heute.
Eine Schule, die Spuren hinterließ
2013 wurde die Vorbeck-Schule geschlossen. Doch die Erinnerung an Charlotte-Françoise Henriette Vorbeck, die Gründerin, blieb wach. Angelika Armbruster, selbst frühere Schülerin und viele Jahre Wirtin im „Hirsch“, hatte lange die jährlichen Treffen organisiert – zusammen mit der ehemaligen Schulleiterin Hannelore Wurz und Krista Botzenhardt.
Nach einer längeren Pause kamen die Ehemaligen nun am 8. November im „Wiikeller“ der Brasserie Cocotte wieder zusammen. Zuvor führte Krista Botzenhardt die Gruppe durch Gengenbach. Eine kurze, lebendige Stadtführung, gespickt mit Anekdoten, die sofort eine vertraute Stimmung erzeugte.
Im Kellergewölbe der Cocotte präsentierte Yvonne Andrée eine Bilderserie aus früheren Jahren. Die Fotos, leicht vergilbt, erzählten vom Alltag der Schule. Gelacht wurde über die Technik der 80er und 90er: Kugelkopfschreibmaschine, Tippex, das knatternde Geräusch eines Fernschreibers, der Telegramme übermittelte. Linda Schaible hatte ihre Harfe mitgebracht. Einige ihrer Stücke waren selbst komponiert.
Mehrere Ehemalige waren von weit her angereist – aus London, aus Brüssel. Manche hatten sich seit Jahrzehnten nicht gesehen. Viele von ihnen waren nach dem Sprachstudium in andere Länder gegangen, manche in andere Kontinente. Doch die Bindung an die Schule ist geblieben.
Eine besondere Beziehung Charlotte-Françoise Vorbeck, so erzählten viele, betrachtete ihre Schülerinnen und Schüler als „ihre Kinder“. Ihr Satz ist vielen im Gedächtnis geblieben: „Portraitmalerin wollte ich mal werden. Wenigstens ist es mir gelungen, einige Menschen zu formen.“
Eine Dankbarkeit schwang durch den ganzen Abend – gegenüber ihr, gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern, den Muttersprachlerinnen, die jeden Tag lehrten, was hinter den drei Werten der Schul-Fahne steckt.
Wer war Charlotte Vorbeck?
Charlotte-Françoise H. Vorbeck selbst führte ein ungewöhnliches Leben. 1900 in Paris geboren, begann sie früh ihren Weg: Mit nur 13 Jahren absolvierte sie das höhere Lernprogramm und wurde jüngste Kunststudentin an der französischen Akademie. Der Erste Weltkrieg riss sie und ihre Mutter aus ihrem Zuhause; nach der Gefangenschaft fand sie ihren beruflichen Einstieg 1917 als Konsulatsbeamtin beim Königlichen Niederländischen Konsulat. Zwei Jahre später legte sie die Prüfung zur staatlich anerkannten Sprachlehrerin ab.
Aus kleinen Abendkursen in Mannheim entstand Mitte der 20er-Jahre eine Berufsschulklasse – die Keimzelle der später staatlich anerkannten Vorbeck-Schule.
Von Mannheim nach Gengenbach
Ihre Schule führte sie auch durch schwierige Zeiten. Ab 1933 stand der Fortbestand immer wieder auf der Kippe: wegen ihres nicht erfolgten Parteibeitritts, wegen angeblich „nichtarischer“ Lehrkräfte, wegen der politischen Lage insgesamt. Dennoch hielt sie den Betrieb aufrecht, „zum Nutzen der Jugend“, wie sie später sagte. Als das Schulgebäude in Mannheim 1943 ausbrannte, zog die Schule nach Gengenbach um, zunächst in die Jugendherberge. Von hier aus führte Charlotte Vorbeck ihre Arbeit fort, bis sie 1993 in die Hände von Hannelore Wurz überging. Ein Jahr später starb Frau Vorbeck im Alter von 94 Jahren. Aus ihrer Stiftung entstand 2014 das Charlotte-Vorbeck-Haus, heute Tagespflege- und Begegnungsstätte.
Streng und gütig
Für viele in Gengenbach bleibt sie unvergessen. Nach dem Krieg dolmetschte sie für die Stadt und verstand es, Situationen so zu übertragen, dass beide Seiten ihr Gesicht wahren konnten – „glattgebügelt“. Sie war streng und gütig zugleich, erließ Schülern in Not das Schulgeld, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Mit den Generationen von Absolventinnen und Absolventen wuchs in Gengenbach ein Netz an Unterkünften nach Internatsvorschrift, und der Name der Schule wanderte weit über die Stadtgrenzen hinaus – getragen von Menschen, die nach ihrer Ausbildung in Deutschland und vielen anderen Ländern arbeiteten.





